Ersatz der Mietwagenkosten, der gesonderten Kosten für einen Zusatzfahrer, der Kosten für die Miete eines Navigationsgeräts und der Extrakosten für Automatikfahrzeuge

Das Amtsgericht Köln hat durch Urteil vom 29.02.2016 – Az.: 270 C 146/15 – entschieden, dass erstattungsfähige Mietwagenkosten nach dem Schwacke-Automietpreisspiegel zu schätzen sind. Das AG Köln hält die von der Beklagten angeführten Vorzüge des von dem Fraunhofer-Instituts ermittelten Preisspiegels, etwa der Anonymität der Befragung, im Vergleich zu dem Schwacke-Preisspiegel nicht für überzeugend, da die Studie des Fraunhofer-Instituts auch Nachteile, wie das geringere Ausmaß der Datenerfassung sowie ein gewisse „Internetlastigkeit“, aufweist. Abzüge für ersparte Eigenaufwendungen des Geschädigten müssen im Wege der Vorteilsausgleichung angerechnet werden. Die ersparten Eigenaufwendungen sind mit 10 % der Mietwagenkosten anzusetzen. Erstattungsfähig sind die Nebenkosten (Zusatzfahrer, Navigationsgerät, Automatik-Getriebe). Die Kosten für den Zusatzfahrer sind dann als erforderlich im Sinne des § 249 BGB anzusehen, wenn auch das verunfallte Fahrzeug von mehreren Personen genutzt wurde. Denn in diesem Fall stellt nur die Anmietung eines Fahrzeugs mit Berechtigung zur Nutzung durch mehrere Personen den Zustand her, der ohne das schädigende Ereignis bestanden hätte. Unerheblich ist, ob der angegebene Zusatzfahrer das Fahrzeug tatsächlich genutzt hat. Es spielt auch keine Rolle, ob der Geschädigte auf den Zusatzfahrer angewiesen war. Die Kosten für die Miete eines Navigationsgeräts sind unabhängig davon ersatzfähig, ob der Geschädigte im Anmietzeitraum tatsächlich ein solches benötigte, wenn das beschädigte Fahrzeug über ein solches verfügte. Die Extrakosten für das Automatik-Fahrzeug sind ebenfalls zu ersetzen, da das Fahrzeug des Geschädigten ebenfalls über ein Automatikgetriebe verfügte.
Die Kosten für die abgeschlossene Haftungsreduzierung auf 300 € sind erstattungsfähig. Unabhängig davon, ob das bei dem Verkehrsunfall beschädigte Fahrzeug ebenfalls voll- oder teilkaskoversichert war, besteht jedenfalls grundsätzlich ein schutzwürdiges Interesse der Kunden, für die Kosten einer eventuellen Beschädigung des Mietwagenfahrzeugs nicht selber aufkommen zu müssen, zumal Mietwagen in der Regel neuer und damit höherwertiger sind als die beschädigten Fahrzeuge.

Nochmals: Ersatz der Sachverständigenkosten

Das Amtsgericht Hamburg-Bergedorf hat durch Urteil vom 18.02.2016 – Az.: 410 dC 146/15 – entschieden, dass ein Geschädigter nicht verpflichtet ist, im Rahmen einer Marktforschung einen möglichst günstigen Sachverständigen zu beauftragen. Wesentliches Indiz für die Erforderlichkeit der zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens zu bestimmenden Kosten bildet die von dem Sachverständigen nachträglich gestellte Rechnung. Seiner Darlegungslast genügt der Geschädigte mit Vorlage einer solchen Rechnung. Das bloße Überschreiten der üblichen Preise führt nicht dazu, dass die Rechnung keine geeignete Grundlage darstellt, den objektiv erforderlichen Betrag zu bestimmen. Für den Vergleich der Preise ist nicht auf Einzelpositionen der Rechnung, insbesondere nicht auf einzeln abgerechnete Nebenkosten, sondern auf den in Rechnung gestellten Gesamtbetrag abzustellen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichtet den Geschädigten nicht, einzelne Rechnungspositionen zu hinterfragen, sondern seinen Blick auf den Gesamtbetrag der Sachverständigenkosten zu richten. Bei einer Überschreitung des Mittelwerts der BVSK-Honorarbefragung 2015 um 16,43 % kann nicht davon ausgegangen werden, dass für den Geschädigten deutlich eine Überschreitung des marktüblichen Honorars erkennbar war.

Ersatz der Sachverständigenkosten/Sachverständige müssen nicht nach RVG abrechnen

Das Amtsgericht Bad Neustadt a.d. Saale kommt in seinem Urteil vom 07.03.2016 – Az.: 1 C 568/15 – zu dem Ergebnis, dass der Geschädigte sich bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen damit begnügen darf, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrags zur Schadensbehebung reicht dann grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Es ist unerheblich, ob der Geschädigte den Rechnungsbetrag bezahlt oder – wie im vorliegenden Fall – unwiderruflich erfüllungshalber seine Schadensersatzansprüche auf Erstattung des Rechnungsbetrages an den Sachverständigen abgetreten hat. Die Abtretung ändert die Rechtsnatur des Anspruchs und dessen Voraussetzungen nicht, sondern beinhaltet lediglich einen Wechsel der Gläubigerstellung, so dass bei der Beurteilung der Erforderlichkeit und der Schadensminderungspflicht stets auf die Sicht des Geschädigten abzustellen ist. Die Beklagte hat weder substantiiert vorgetragen noch unter Beweis gestellt, inwiefern die Geschädigte oder die von ihr beauftragte Reparaturwerkstatt angesichts der dargelegten Vielfalt an Abrechnungsmaßstäben hätte erkennen müssen, dass die Klägerin zu überhöhten Preisen abrechnet. Die schlichte Behauptung, dass die Reparaturwerkstatt über der Klägerin zurechenbares Sonderwissen verfügt habe und deshalb die Sachverständigenkosten als überhöht hätte erkennen müssen, reicht angesichts des äußerst detaillierten Klägervortrags zu den verschiedenen praktizierten Abrechnungsmaßstäben nicht aus. Darauf, ob nach Ansicht des Beklagtenvertreters Sachverständige nach dem RVG abzurechnen hätten, kommt es nicht an. Denn tauglicher Vergleichsmaßstab für die angemessenen Sachverständigenkosten können nur die ortsüblichen Sachverständigenkosten sein. Die ortsüblichen Sachverständigen rechnen aber eben nicht nach dem RVG ab. Gleichermaßen kommt es auch nicht darauf an, ob etwa der dm-Markt oder Aldi Fotos zu günstigeren Tarifen entwickeln. Es bleibt der Beklagtenseite unbenommen, darzulegen und unter Beweis zu stellen, dass sich bei dem Sachverständigen ähnlich wie im Bereich der Mietfahrzeuge eine Art „Sondermarkt“ herausgebildet hat, dass sich also ein besonderer Tarif entwickelt hat, der nicht mehr maßgeblich von Angebot und Nachfrage bestimmt wird, sondern insbesondere durch gleichförmiges Verhalten der Anbieter. In diesem Falle wäre eine strengere Erforderlichkeitskontrolle vorzunehmen.

Unfallschäden, die erst nach Verkauf des reparierten Unfallfahrzeuges auftreten, sind zu ersetzen

Nach dem Urteil des Amtsgericht Hamburg-Barmbek vom 19. Februar 2016 – Az.: 821 C 228/13 – sind auch Schäden am Unfallfahrzeug, die erst nach einem Weiterverkauf auftreten, vom Schädiger zu ersetzen. Im vorliegenden Fall sind die Beschädigungen der Antriebswelle mit hoher Wahrscheinlichkeit bei dem Unfall eingetreten, so dass es sich um eine sog. Schadenserweiterung handelt. Eine Weiterveräußerung respektive die Inzahlunggabe des beschädigten oder instandgesetzten Fahrzeuges ist unerheblich, denn auch wenn der ehemalige Eigentümer das Fahrzeug weitergenutzt hätte, stünde ihm der erweiterte Schadenersatz zu. Er ist auch nach der Weiterveräußerung nicht anders zu stellen, als hätte er das Fahrzeug selbst genutzt. Einen Materialfehler oder einen Unfall nach Verkauf des Wagens konnte der Sachverständige mit dem notwendigen Grad an Wahrscheinlichkeit als Schadensursache ausschließen.

Ermittlung der Sachverständigenkosten unter Hinzuziehung der BVSK-Honorarbefragung/Keine Erstattung der Kosten für die Reparaturbestätigung

Das Amtsgericht Ahrensburg vertritt in seinem Urteil vom 17.02.2016 – Az.: 49 C 857/15 – die Auffassung, dass dann, wenn mit dem Sachverständigen keine Vereinbarung über die Höhe der Vergütung getroffen wurde, die übliche Vergütung geschuldet ist. Diese Vergütung schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO unter Hinzuziehung der BVSK-Honorarbefragung 2013, da sich gerichtsbekanntermaßen die örtlichen Kfz-Sachverständige mehrheitlich an den dort angegebenen Honorarumfängen orientieren. Da der Sachverständige mit den von ihm abgerechneten Beträgen für Grundhonorar und „Restwertermittlung“ den Honorarkorridor nicht überschritten hat, waren seine Kosten in voller Höhe zu ersetzen.

Die Kosten für einen Reparaturnachweis müssen nicht ersetzt werden, denn der Geschädigte hat insoweit gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung verstoßen. Er hat die Nachbesichtigung des Fahrzeuges durch den Sachverständigen veranlasst, ohne dass die beklagte Versicherung die Vorlage einer entsprechenden Bestätigung verlangt hatte. Erfahrungsgemäß wird von den Kfz-Versicherungen die Übersendung eines Fotos des instandgesetzten Fahrzeugs, auf dem eine aktuelle Tageszeitung abgebildet ist, als ausreichend akzeptiert.

Nochmals: Annahme des Restwertangebots

Das Amtsgericht Schweinfurt kommt in seinem Urteil vom 01.08.2014 – Az.: 1 C 324/14 – zu dem Ergebnis, dass der Geschädigte den Restwert zugrunde legen kann, den ein von ihm beauftragter Sachverständiger durch Einholung von drei lokalen Ankaufsangeboten ermittelt hat. Er muss sich nicht den von der Versicherung behaupteten höheren Restwert in Rechnung stellen lassen, auch wenn diese ein konkretes Angebot zum Ankauf des Pkw vorlegt und die Abholung des klägerischen Fahrzeugs kostenlos für den Kläger erfolgt wäre. Der Kläger würde sonst, wenn er seine berechtigten Schadensersatzinteressen weiter vollumfänglich verfolgen wollte, gezwungen, sein Fahrzeug zu veräußern. Dadurch wäre er nicht mehr Herr des Restitutionsgeschehens. Zudem stammt das Restwertangebot der Beklagten nicht vom lokalen Markt. Der Geschädigte war vor allem auch deshalb nicht gezwungen das Restwertangebot der Beklagten anzunehmen, weil er sich auch für eine für die Beklagte als Schadensersatzpflichtige deutlich stärker belastende konkrete Reparatur des Fahrzeugs hätte entscheiden können.

Geschädigter muss Restwertangebot des Versicherers nicht annehmen

Das Landgericht Gießen hat durch Urteil vom 28.01.2016 – Az.: 5 O 212/15 – entschieden, dass der Geschädigte dann, wenn er den Restwert entsprechend den Anforderungen, die der BGH hierzu stellt, durch Einholung von drei Restwertangeboten des regionalen Marktes ermittelt hat, das Fahrzeug zu dem von dem Gutachter ermittelten Restwert veräußern kann und sich nur diesen anrechnen lassen muss. Der Geschädigte kann vom Schädiger nicht auf einen höheren Restwerterlös verwiesen werden, der auf einem Sondermarkt für spezialisierte Restwertaufkäufe erzielt werden könnte. Eine Verpflichtung des Geschädigten, vor dem Verkauf seines Fahrzeugs dem Haftpflichtversicherer das von ihm beauftragte Schadensgutachten zugänglich zu machen und ihm einen gewissen Zeitraum zum Nachweis höherer Restwertangebote einzuräumen, sieht das LG Gießen, im Gegensatz zum OLG Köln (NJW-RR 2013, 224) nicht.

Umfang der Schadensersatzansprüche bei Abweichen von den Herstellervorgaben

Das AG Altötting vertritt in seinem Urteil vom 10.12.2015 – Az.: 1 C 589/15 – die Auffassung, dass im Rahmen des Schätzungsermessens des Gerichts gemäß § 287 Abs. 1 ZPO die Reparaturrechnung aufgrund ihres tatsächlichen Charakters und der tatsächlichen Durchführung der dort aufgelisteten Arbeiten und Aufwände ein genaueres Indiz für den tatsächlich zu entschädigenden Schaden darstellt, als das privatgutachterliche Sachverständigengutachten. Dieses enthält immer eine gewisse Prognose über den zu behebenden Schaden. Erst bei tatsächlich durchzuführender Reparatur ergeben sich oft andere Notwendigkeiten, als vorab prognostiziert. Soweit sich die Schädigerin auf Herstellervorgaben bezieht, kann nicht verlangt werden, dass der Geschädigte hiervon Kenntnis hat. Gleiches gilt für den Kleinteilezuschlag und die angeblich zu hoch angesetzten Arbeitswerte. Der Einwand des Schädigers, die Werkstatt würde mehr Kosten in Rechnung stellen, weil sie mit überhöhten Sätzen abrechne, unsachgemäß oder unwirtschaftlich gearbeitet habe, muss sich der Geschädigte nicht entgegenhalten lassen, solche Mehrkosten treffen den Schädiger. Zu den in den Verantwortungsbereich des Schädigers fallenden Mehrkosten gehören Kosten für unnötige Zusatzarbeiten, die durch die Werkstatt durchgeführt werden.

Abrechnung der Rechtsanwaltsvergütung bei der Vertretung mehrerer Geschädigter eines Unfallereignisses

Das Amtsgericht Aichach vertritt in seinem Urteil vom 05.01.2016 – Az.: 102 C 908/15 – die Auffassung, dass allein die Tatsache, dass Ansprüche aus demselben Unfallereignis herrühren, nicht dazu führt, dass es sich um eine Angelegenheit handelt und die Rechtsanwaltsgebühren aus dem Gesamtgegenstandswert zu berechnen sind. Von einer einheitlichen Angelegenheit kann nur dann ausgegangen werden, wenn es sich um einen Auftrag sowie einen Tätigkeitsrahmen mit einem inneren Zusammenhang handelt. Dies war im vorliegenden Fall schon deswegen nicht gegeben, weil die Kläger den Klägervertreter getrennt voneinander beauftragt haben. Außerdem bezogen sich die geltend gemachten Ansprüche nicht nur auf vollkommen unterschiedliche Schadenspositionen, sondern waren darüber hinaus auch durch unterschiedliche Kollisionen im Rahmen des Unfallereignisses entstanden.

Vollständiges Zurücktreten der Betriebsgefahr eines Kfz hinter dem erheblichen Verschulden eines Radfahrers

Das Amtsgericht Wiesbaden kommt in seinem Urteil vom 01.10.2015 – Az.: 91 C 133/15 (28) – zu dem Ergebnis, dass die Betriebsgefahr eines langsam auf den Einmündungsbereich zurollenden Fahrzeuges hinter dem erheblichen Verschulden eines Radfahrers zurücktritt, der trotz versperrter Sicht von einem Fußgängerweg aus die Straßeneinmündung überquert und eine Kollision mit dem Kraftfahrzeug verursacht. Im vorliegenden Fall befuhr der Radfahrer verkehrswidrig den Gehweg, dies zudem in entgegengesetzter Fahrtrichtung, obwohl es Erwachsenen gemäß § 2 Abs. 1 und 5 StVO nicht gestattet ist, mit dem Fahrrad den Gehweg zu benutzen. Ohne abzusteigen oder anzuhalten überquerte er sodann verkehrswidrig entgegen der Fahrtrichtung eine Straßeneinmündung, obwohl nach seinem eigenen Vortrag seine Sicht nach links durch einen dort parkenden Pkw versperrt war. Ein Mitverschulden des Kfz-Fahrers ist nicht ersichtlich, da dieser langsam auf den Einmündungsbereich zurollte, so dass kein Sorgfaltspflichtverstoß vorliegt.