Ein Autofahrer war in der Stadt im Fließverkehr unterwegs und wollte links abbiegen. Verkehrsbedingt kam er auf einem Radüberweg zum Stehen. Von rechts näherte sich ein Radfahrer, der mit einem Schlenker ausweichen musste und nach Wahrnehmung des Autofahrers erbost gegen das Fahrzeug trat. Daraufhin nahm der Autofahrer die Verfolgung auf, stellte den Radfahrer und holte ihm vom Rad. Der genaue Hergang konnte nicht geklärt werden, jedenfalls rangelten beide am Boden und wurden verletzt. Der Autofahrer forderte von dem Radler Schmerzensgeld. Er verwies auf sein Verfolgungsrecht aus § 127 StPO. Der Radfahrer weigerte sich, zu zahlen. Er stellte sich auf den Standpunkt, weder das Fahrzeug berührt noch eine andere Tat begangen zu haben, so dass der Übergriff des Autofahrers rechtswidrig war. Die Sache ging vor Gericht. Dieses (AG Bremen, Urt. v. 17.04.2014, Az.: 10 C 212/13) wies Schmerzensgeldansprüche des Autofahrers zurück und sprach dem Radfahrer 200 € Schmerzensgeld zu. Es argumentierte, dass es bei einem „Beinaheunfall“ mit einem Radler kein Verfolgungsrecht bestehe, da dieses die Begehung einer Straftat voraussetze. Außerdem gäbe es ein erhebliches Mitverschulden des Autofahrers, wenn dieser sich dam Radfahrer in den Weg stellt und es anschließend zu einer körperlichen Auseinandersetzung kommt. Andrerseits habe auch der Radler ein erhebliches Mitverschulden, weil er nicht deeskalierend gehandelt habe.
AG Bremen vom 17.04.2014

Das Amtsgericht Kassel hat durch Urteil vom 03.07.2014 entschieden, dass dann, wenn es zu einer Kollision kommt zwischen einem Fahrzeug, dessen Fahrer die Vorfahrt zu beachten hat, und einem Fahrzeug, dessen Fahrer bei stockendem Verkehr die Einmündung nicht freigehalten hat, eine hälftige Haftung angemessen erscheint. Derjenige, der die Vorfahrt zu beachten hat, darf nur dann auf einen etwaigen Vorfahrtsverzicht vertrauen, wenn eine entsprechende Verständigung (§ 11 Abs. 3 StVO) vorliegt. Der Fahrer auf der vorfahrtsberechtigten Straße muss in Ansehung des stockenden Verkehrs die Einmündung freihalten (§ 11 Abs. 1 StVO). Diese Regelung schützt zwar vorrangig den geradeausfahrenden Verkehr oder den nach links abbiegenden Verkehr der kreuzenden Straße. Ob auch der nach rechts abbiegende Verkehr vom Schutzbereich der Norm erfasst ist, kann dahingestellt bleiben, denn jedenfalls liegt ein Verstoß gegen das allgemeine Rücksichtsnahmegebot des § 1 StVO vor.

Ein Restwertangebot genügt den Anforderungen an ein bindendes Restwertangebot dann nicht, wenn es sich erkennbar um ein Angebot über ein Internetportal handelt. Eine Bindungswirkung hat ein Restwertangebot nur dann, wenn der Geschädigte sich auf keinerlei Verhandlungen mehr einlassen muss, ihm also hinreichend klar erkennbar ist, dass er lediglich noch eine angegebene Telefonnummer oder eine sonstige Kontaktmöglichkeit wählen muss, um die Sache unmittelbar perfekt machen zu können.

Das Amtsgericht Frankfurt hat sich in mehreren Urteilen (Urteil vom 08.04.2014, Az.: 385 C 1842/13(70), Urteil vom 17.06.2014, Az.: 31 C 2132/13(10), Urteil vom 15.07.2014, Az.: 31 C 3202/13(83) Urteil vom 15.08.2014, Az.: 31 C 779/14(16)) der Entscheidung des BGH angeschlossen, eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen (BGH-Urteil vom 11. Februar 2014, Az.: VI ZR 225/13). Der Schädiger schuldet zunächst nur den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten. Bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung vernünftig in Grenzen gehalten hat, ist auf eine subjektbezogene Schadensbetrachtung abzustellen, also Rücksicht auf die individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten zu nehmen. Der Geschädigte darf sich grundsätzlich damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne Weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages durch den Schädiger reicht grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Allein das Überschreiten der aus der BVSK-Honorarbefragung ersichtlichen Höchstsätze reicht nicht aus, um zu beweisen, dass der Geschädigte gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen hat, indem er bei der Schadensbeseitigung Maßnahmen unterlassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensminderung ergriffen hätte.
Das LG Frankfurt/Main geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Honorar, das bei Reparaturbeträgen bis 3.000 € das BVSK-Honorartableau um nicht mehr als 25% überschreitet, nicht den Rahmen dessen verlässt, welcher für die Berechnung von Sachverständigenhonoraren angemessen ist (vgl. hierzu das Urteil des AG Bad Homburg v.d.H. vom 01.07.2014, Az.: 2 C 109/14(28)).

Das Landgericht Hamburg schätzt in seinem Urteil vom 20.06.2014 – Az.: 306 O 265/11 – aufgrund seiner langjährigen Erfahrung auf der Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen den Umfang der weiteren Beeinträchtigungen nach einem Verkehrsunfall hinsichtlich des Prozentsatzes der Einschränkungen der Haushaltsführung. Es war festgestellt worden, dass die Klägerin eine Distorsion der Halswirbelsäule erlitten hatte, die dazu führte, dass sie im 1. Monat nach dem Unfall zu 100 % nicht in der Lage war, ihren Haushalt zu führen, und Hilfe bei der persönlichen Pflege benötigte.
Das LG Hamburg hat für die beiden Folgemonate den Umfang der weiteren Beeinträchtigungen auf Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen auf 50% bzw. 20 % geschätzt.
Das LG Hamburg hält einen täglichen Aufwand von 3,66 Stunden bei einem Hund und weiteren Haustieren im Haushalt für ohne Weiteres nachvollziehbar. Der von der Klägerin angenommene Stundensatz von 10 € wird ebenfalls nicht beanstandet.

Das Amtsgericht Hamburg-Harburg hat durch Urteil vom 30.04.2014 – Az.: 648 C 422/13 – entschieden, dass der Geschädigte, der der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung des Unfallverursachers mitgeteilt hat, dass er Reparaturkosten nicht vorstrecken könne, abwarten darf, dass diese eine Entscheidung über die Regulierung des Unfallschadens mitteilt. Grundsätzlich ist der Nutzungsausfall nur für den Zeitraum zu ersetzen, der benötigt wird, um das beschädigte Fahrzeug zu reparieren oder zu ersetzen. Da nicht ersichtlich war, dass der Geschädigte seine vorliegende Mittellosigkeit bloß vorgeschoben hat, durfte er aber im vorliegenden Fall auf die Regulierungsentscheidung der Beklagten warten. Zwar war er als Unfallbeteiligter in voller Kenntnis des Unfallhergangs, seine Anwälte konnten auf der Grundlage seiner Sachverhaltskenntnisse auch zutreffend die Rechtslage beurteilen. Jedoch legte die verzögerte Bearbeitung des Falls durch die Kfz-Haftpflichtversicherung nahe, dass es zu Schwierigkeiten bei der Durchsetzung der Ansprüche kommen könnte.

Das Landgericht Gera vertritt in seinem Urteil vom 26.02.2014 – Az.: 1 S 166/13 – die Auffassung, dass das Amtsgericht Rudolstadt Saalfeld den Antrag auf Einholung eines unfallanalytischen Sachverständigengutachtens zum Unfallhergang nicht rechtsfehlerhaft abgelehnt hat, weil das angebotene Beweismittel ungeeignet war, zum Beweisthema sachdienstliche Ergebnisse zu erbringen. Der sachverständige Schluss von Fahrzeugschäden auf den Unfallhergang setzt im Fall eines behaupteten Fahrstreifenwechsels voraus, dass als Anknüpfungstatsache jedenfalls die Position eines der beteiligten Fahrzeuge auf der Fahrbahn zum Unfallzeitpunkt feststeht. Nur so lassen sich aus den Beschädigungen Schlüsse auf die Position anderer Unfallbeteiligter ziehen. Anderenfalls kann die Begutachtung möglicherweise Aufschluss geben über den Anstoßwinkel, nicht jedoch zu der bei einem Fahrspurwechsel entscheidungserheblichen Positionierung der Fahrzeuge zu den Fahrstreifen. Ein solcher sicherer Ausgangspunkt fehlte im vorliegenden Fall.

Das Amtsgericht Norderstedt kommt in seinem Urteil vom 23.06.2014 – Az: 42 C 419/12 – zu dem Ergebnis, dass beim Rückwärtsfahren der Anscheinsbeweis für einen Sorgfaltsverstoß des Zurücksetzenden spricht. Dem Eingreifen dieses Anscheinsbeweises steht nicht entgegen, dass der Rückwärtsfahrende angegeben hat, sein Fahrzeug sei vor der Kollision zum Stehen gekommen. Das AG Norderstedt schließt sich – entgegen einer anderslautenden Ansicht des LG Saarbrücken (zfs 2011, 494) – der Ansicht des OLG Hamm (NZV 2013, 123) an, dass im Falle einer Kollision der Anschein auch dann gegen den Zurücksetzenden streitet, wenn dieser zum Kollisionszeitpunkt bereits zum Stehen gekommen ist, gleichwohl aber ein enger zeitlicher und räumlicher Zusammenhang mit dem Zurücksetzen gegeben ist. Dafür spricht, dass die mit der Rückwärtsfahrt typischerweise verbundenen Gefahren, die den Fahrzeugführer gemäß § 9 Abs. 5 StVO dazu verpflichten, eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen, nicht zugleich mit dem Stillstand des Fahrzeugs enden. Anderenfalls hinge die Haftung von der Frage ab, ob es dem Rückwärtsfahrenden zufällig noch gelingt, sein Fahrzeug vor dem Zusammenstoß zum Stehen zu bringen.

Das AG Ahlen setzt sich in seinem Urteil vom 07.05.2013 – Az.: 30 C 130/12 – mit der Anrechnung des Restwerts bei der Bestimmung des Gegenstandswerts auseinander. Rechtsanwalt Jens Dötsch aus Andernach, Regionalbeauftragter der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht, hat hierzu folgende Anmerkung verfasst:

Die Entscheidung des AG Ahlen ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert und richtig:

Zum einen bestätigt das AG Ahlen, dass im Falle eines wirtschaftlichen Totalschadens der Wiederbeschaffungswert und nicht der Wiederbeschaffungsaufwand Bemessungsgrundlage für die Anwaltsgebühren ist (so auch: Mayer/Kroiß, RVG, 6. Auflage 2013, S. 1721, Rdnr. 29 Janeczek). Das Amtsgericht schließt sich der insoweit herrschenden Meinung an, auch wenn teilweise zu Unrecht – meist auch ohne jede Begründung – der Wiederbeschaffungsaufwand zugrundegelegt wird.

Zum anderen geht das AG Ahlen zutreffend davon aus, dass für den Fall einer Kombination von KH- und Kaskoabwicklung auch die Anwaltsgebühren für die Kaskoabwicklung vom Schädiger zu erstatten sind. Auch dies wird oftmals unter Bezugnahme auf BGH, Urteil vom 8. Mai 2012, VI ZR 196/11, zu Unrecht mit dem Argument verneint, der BGH habe sich grundsätzlich gegen die Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten für die Kaskoabwicklung ausgesprochen. Dies ist indes nicht der Fall. Der BGH verneint die Erstattungsfähigkeit nur in einfach gelagerten Fällen (im dortigen Fall hatte der Geschädigte sogar die KH-Abwicklung zunächst selbst betrieben). Ist jedoch, wie im Fall des Amtsgerichts, auch das Quotenvorrecht zu berücksichtigen, so kann von einem einfach gelagerten Fall nicht mehr gesprochen werden, weshalb auch die Anwaltskosten für die Kaskoabwicklung richtigerweise erstattungsfähig sind.

Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall gab der Geschädigte ein Sachverständigengutachten in Auftrag. Aufgrund dieses Gutachtens bezifferte der Geschädigte seinen Schaden. Im Gutachten hatte der beauftragte Sachverständige die Preise einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde gelegt. Die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung regulierte jedoch nur zu Preisen einer nicht markengebundenen Alternativwerkstatt. Damit war der Geschädigte nicht einverstanden und klagte bei dem Amtsgericht Hamburg die gekürzten Stundensätze ein. Die Klage vor dem AG Hamburg hatte mit Urteil vom 24.10.2013 – 55 C 33/13 – Erfolg. Die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung legte Berufung ein. Die Berufungskammer des LG Hamburg beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kammer beabsichtigt die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Soweit die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung Einwendungen zur Schadenshöhe aufgrund der Benennung von Verweisungswerkstätten erhoben hat, hat das Amtsgericht Hamburg diese Einwendungen zutreffend als rechtlich unerheblich angesehen, weil es an einem konkreten Tatsachenvortrag zu der (streitigen) Gleichwertigkeit der Reparaturleistungen in den angegebenen Verweisungswerkstätten fehlt. Die Ansicht der Beklagten, dass der Nachweis einer lückenlosen Wartung in einer markengebundenen Fachwerkstatt zwingende Voraussetzung sei, um die Verrechnungssätze in einer markengebundenen Fachwerkstatt auch im Rahmen einer fiktiven Abrechnung beanspruchen zu können, ist rechtsirrig. Vielmehr genügt der Geschädigte nach der Rechtsprechung des BGH dem Wirtschaftlichkeitsgebot, wenn er – wie hier – der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm beauftragter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt entwickelt hat.

Es obliegt dem Schädiger die Darlegung und der Beweis, dass es eine anderweitige günstigere Reparaturmöglichkeit gibt, die nicht nur mühelos und ohne weiteres zugänglich ist, sondern gegenüber einer markengebundenen Fachwerkstatt auch technisch gleichwertig repariert. Genau dieses hat die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung jedoch nicht getan, weil sich ihr Vortrag zu den Verweisungswerkstätten überhaupt nicht mit dem hier zugrunde liegenden Schadensbild an dem Fahrzeug des Klägers, sowie der Ausstattung der Verweisungswerkstätten und deren Erfahrungen mit entsprechenden Schäden beschäftigt.

Die bloße Behauptung, dass die Verweisungsstätten sehr wohl in der Lage sind, den behaupteten klägerischen Schaden sach- und fachgerecht wie eine markengebundene Fachwerkstatt zu reparieren enthält insoweit keinerlei Substanz. Sie ersetzt einen konkreten Vortrag zu den Erfahrungen, der Ausstattung und den Fähigkeiten der Verweisungswerkstätten nicht, worauf bereits das Amtsgericht zutreffend hingewiesen hat. Wenn der Schädiger den Geschädigten auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit verweisen will, muss er darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass die von ihm benannte Alternativwerkstatt qualitativ gleichwertig repariert. Die Beweislast liegt beim Schädiger.

Fazit und Praxishinweis: Will der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 II BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen Alternativwerkstatt verweisen, so muss der Schädiger darlegen und gegebenenfalls beweisen, wenn dies vom Geschädigten bestritten wird, dass die Reparatur in der Alternativwerkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in der Markenfachwerkstatt entspricht (BGH VersR 2010, 225). Die Darlegungs- und Beweislast für die qualitative und technisch gleichwertige Reparatur in der Alternativwerkstatt im Vergleich zu der Markenfachwerkstatt trägt der Schädiger.