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Nach dem Urteil des Amtsgericht Hamburg-Wandsbek vom 02.12.2014 – Az: 716 bC 151/14 – ist der Geschädigte unmittelbar nach Erhalt des Sachverständigengutachtens berechtigt, das Fahrzeug zu dem dort ausgewiesenen Restpreis zu veräußern. Eine vorherige Abstimmung mit der Haftpflichtversicherung des Schädigers ist nicht erforderlich. Der Sachverständige ermittelte den Restwert im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung, denn er hatte im regionalen Markt drei Angebote eingeholt. Hätte der Geschädigte bis zu einer Überprüfung durch die gegnerische Haftpflichtversicherung warten müssen, würde die ihm nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zustehende Ersetzungsbefugnis unterlaufen. Die Aufforderung der gegnerischen Haftpflichtversicherung, der Geschädigte solle die Veräußerung des verunfallten Pkw zurückstellen, bis sie den Restwert überprüft habe, ging ins Leere.
Den Geschädigten trifft auch kein Mitverschulden i. S. d. § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB, da er das höhere Restwertangebot erst erhielt, nachdem er den Kaufvertrag bereits abgeschlossen hatte. Es kann offenbleiben, wann der Kaufpreis bezahlt und das Fahrzeug übergeben und übereignet wurde, da allein auf das Verpflichtungsgeschäft und nicht auf das Erfüllungsgeschäft abzustellen ist.

Volltext: AG Hamburg-Wandsbek.pdf

Das Landgericht Kaiserslautern (Urteil vom 15.10.2013 – 2 O 783/12) und das Amtsgericht Kaiserslautern (Urteil vom 27.06.2014 – 12 C 1759/13) halten in ihren Urteilen fest, dass der Geschädigte dem Gebot der Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen dann genüge tut und sich in den für die Schadensbehebung durch § 249 Satz 2 BGB gezogenen Grenzen bewegt, wenn er das Unfallfahrzeug auf der Grundlage eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens und des darin ausgewiesenen Restwerts verkauft oder in Zahlung gibt. Der Schädiger kann den Geschädigten grundsätzlich nicht auf einen höheren Restwerterlös verweisen, den dieser auf einem besonderen Markt durch spezialisierte Restwertkäufer hätte erzielen können. Der Geschädigte ist auch nicht verpflichtet, ein Restwertangebot des Schädigers abzuwarten oder die gegnerische Haftpflichtversicherung vor dem Verkauf über seine Verkaufsabsicht zu informieren, da er gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB „Herr der Schadensabwicklung“ ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn dem Geschädigten vor dem Verkauf konkrete annahmefähige Angebote von Händlern vorliegen, die mit zumutbarem Aufwand realisiert werden können.
Das LG Kaiserslautern hat in seinem Urteil auch entschieden, dass Nutzungsausfallschaden für die erforderliche Ausfallzeit, d. h. für die Dauer der notwendigen Reparatur bzw. Wiederbeschaffung zzgl. der Zeit für die Schadensfeststellung und einer eventuellen Überlegungszeit, besteht. Der Geschädigte darf nicht nur abwarten, bis das Gutachten vorliegt, sogenannter Schadensermittlungszeitraum, sondern darüber hinaus ist ihm unter Umständen auch eine angemessene Frist für weitere Dispositionen – bspw. die Einholung von Rechtsrat und die Abwägung Reparatur oder Ersatzbeschaffung – einzuräumen, sogenannter Überlegungszeitraum. Im vorliegenden Fall hat das LG Kaiserslautern einen Überlegungszeitraum von 14 Tagen (17.12.-30.12.) für angemessen erachtet, da es sich um einen Grenzfall zwischen Reparatur oder Totalschadenberechnung handelt und der Zeitraum in die Weihnachtsfeiertage fällt.
Nähere Einzelheiten können dem ausführlich begründeten Urteil des LG Kaiserslautern entnommen werden.

LG-Kaiserslautern.pdf

AG-Kaiserslautern.pdf