Ersatz der Mietwagenkosten nach Schwacke-Liste/ Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren

Das Amtsgericht Fürstenfeldbruck kommt in seinem Urteil vom 26.07.2019 – 3 C 1415/18 – zu dem Ergebnis, dass die Schwacke-Liste zur Ermittlung des Normaltarifs der Mietwagenkosten herangezogen werden kann. Bei Mietwagenkosten, die sich innerhalb des Tarifs der Schwacke-Liste halten, besteht für Geschädigte aufgrund der Höhe des Mietwagenpreises keine Veranlassung, andere Angebote einzuholen bzw. zu überprüfen, ob noch günstigere Mietwagenangebote zu erzielen gewesen wären. Soweit sich die Beklagte gegen die Anwendung der Schwacke-Liste mit allgemein gehaltenen und deshalb nicht relevanten, vielfach in Rechtsprechung und Literatur bereits besprochenen Einwendungen wendet, sind diese nicht geeignet, die Ungeeignetheit der Schwacke-Liste zu begründen.

Auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren des Prozessbevollmächtigten des Klägers sind zu erstatten. Sie gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen.

Unzulässige Hilfsaufrechnung mit etwaigen Vorschäden, Ersatz der Verbringungskosten und der Fahrzeugwäsche

Das Amtsgericht Coburg hat durch Urteil vom 28.10.2019 – Az.: 15 C1423/19 – entschieden, dass die Verbringungskosten in voller Höhe zu erstatten sind. Die beklagte Versicherung darf nicht ohne nähere Begründung und unabhängig von unterschiedlichen örtlichen Kostenstrukturen mit einem Nettobetrag von 80 € regulieren. Auch die Kosten für die Autowäsche sind zu ersetzen, da es sich erschließt, dass das Fahrzeug vor dem Lackiervorgang gewaschen werden muss. Die hilfsweise Aufrechnung mit etwaigen Vorschäden stellt sich nach Ansicht des Gerichts als widersprüchliches Verhalten und unzulässige Rechtsausübung nach dem Rechtsgrundsatz venire contra factum proprium dar. Die Hilfsaufrechnung ist zu unbestimmt. Die Beklagte erwähnt nicht, welche betragsmäßige Höhe ihr zustehen soll. Der bloße Umstand, in der Beschreibung im Gutachten „Gebrauchsspuren, vereinzelt Lackmängel“ zu lesen, genügt nicht, um von bezifferbaren und notwendigerweise zu behebenden Vorschäden ausgehen zu können.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung der Stundensätze/Ersatz der Kosten der Beilackierung/kein Ersatz der Kosten für Verbringung, Probefahrt und Fahrzeugreinigung

Das Landgericht Essen kommt in seinem Urteil vom 9.7.2019 – 15 S 441/18 – zu dem Ergebnis, dass die Stundensätze anzusetzen sind, die zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung galten. Es sind nicht die am Unfalltag gültigen Stundenverrechnungssätze zugrunde zu legen. Die für eine Beilackierung anfallenden Kosten sind, da sie erforderlich waren, um wahrnehmbare Farbtondifferenzen zu vermeiden, zu ersetzen. Die Kosten für die Fahrzeugreinigung konnte die Klägerin nicht beanspruchen, da nach Ausführung des Sachverständigen eine solche nicht erforderlich war. Außerdem wurde im vorliegenden Fall die Fahrzeugwäsche als Serviceleistung durch die Referenzwerkstatt nicht berechnet. Der Anspruch auf Erstattung der Kosten, die für eine Probefahrt anfallen, entfällt, da eine Probefahrt bei der Verweisungswerkstatt gegenüber Kunden nicht berechnet wird.

Ersatz von Mietwagen- und Verbringungskosten

Das Amtsgericht Hamburg-Altona vertritt in seinem Urteil vom 26.09.2019 – Az.: 318cC25/19 – die Auffassung, dass Verbringungskosten in voller Höhe von 120 EUR netto zu ersetzen sind. Der beklagten Versicherung ist es nicht möglich, die geltend gemachten Verbringungskosten mit einem pauschalen Betrag von 100 EUR netto zu begleichen. Mangels besserer Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten hat die Klagepartei die Verbringungskosten für erforderlich halten dürfen. Für die Abrechnung der Mietwagenkosten greift das Amtsgericht Hamburg-Altona als Schätzgrundlage auf den Schwacke-Mietpreisspiegel zurück, da die Frauenhofer-Liste für den Ort der Anmietung nicht auf repräsentative Werte gestützt ist. Es ist nicht ausreichend, dass die Beklagtenseite allgemein auf die Frauenhofer-Liste verweist, nicht aber darlegt, dass ein Mietwagen am Ort der Anmietung zur Zeit der Anmietung zu wesentlich günstigeren Konditionen hätte erfolgen können, dass also die Schwacke-Liste den Markt nicht abbildet und deshalb keine taugliche Schätzungsgrundlage darstellt. Auch die Kosten für den Einsatz der Hebebühne sind erstattungsfähig. Der Sachverständige, der über keine eigene Hebebühne verfügt, darf sich insoweit fremder Hilfe bedienen. Die der Werkstatt hierbei entstandenen Kosten darf diese dem Geschädigten in Rechnung stellen. Darauf, ob eine Begutachtung des Fahrzeugs von unten bzw. ein Einsatz der Hebebühne erforderlich war, kommt es nicht an.

Werkstattrisiko: Verbringungskosten, technische Kürzungen sowie Reinigungskosten

Das Amtsgericht Coburg kommt in seinem Urteil vom 26.08.2019 – Az.: 11C1316/19 zu dem Ergebnis, dass das Werkstattrisiko zu Lasten des Schädigers geht. Der beklagten Versicherung ist es nicht erlaubt, ohne jegliche Einzelfallprüfung Verbringungskosten mit einem pauschalen Betrag von 80 EUR zu begleichen. Es würde dem Sinn und Zweck des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB widersprechen, wenn der Geschädigte bei Ausübung der Ersetzungsbefugnis im Verhältnis zum ersatzpflichtigen Schädiger mit Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung belastet bliebe, deren Entstehung seinem Einfluss entzogen sind und ihren Grund darin haben, dass die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht mehr kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss.

Es macht dabei keinen Unterschied, ob die Werkstatt dem Geschädigten unnötige Arbeiten in Rechnung stellt, überhöhte Preise oder Arbeitszeit in Ansatz bringt oder Arbeiten berechnet, die in dieser Weise nicht ausgeführt worden sind.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die Verbringungs- und Reinigungskosten sowie die Kosten für den Ein- und Ausbau der Dachreling ersatzfähig. Mangels besserer Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten hat der Kläger die Reparaturkosten insoweit für erforderlich halten dürfen. Damit sind insbesondere auch die Verbringungskosten zu erstatten, auch wenn die Beklagte die Verbringung als solche bestreitet. Nicht relevant ist in diesem Fall, ob der Kläger die Kosten bereits beglichen hat. Das Werkstatt- und Prognoserisiko greift besonders zum Schutz des Geschädigten. Dessen Schutz kann nicht davon abhängig gemacht werden, dass der Geschädigte die Rechnung vollständig bezahlt hat oder nicht. Die Beklagte kann jedoch verlangen, dass ihr Zug um Zug etwaige Erstattungsansprüche des Klägers gegen die Reparaturwerkstatt aus dem Reparaturvertrag abgetreten werden. Eine solche Abtretung schmälert die Rechtsposition des Klägers als Geschädigten nicht und ist nicht davon abhängig, dass etwaige Ansprüche gegen die Reparaturwerkstatt tatsächlich bestehen; vielmehr genügt es, dass es möglich erscheint, dass solche Ansprüche vorhanden sind.

Rechtskräftiges Urteil schließt Wahlrecht des Geschädigten zwischen fiktiver und konkreter Schadensberechnung nicht aus

Das LG Hamburg kommt in seinem Urteil vom 15. April 2019 – Az.: 331 S 65/17 – zu dem Ergebnis, dass ein rechtskräftiges Urteil dem Wahlrecht des Klägers gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht entgegensteht. Der Geschädigte hat sein Wahlrecht, entweder Wiederherstellung oder den dazu erforderlichen Geldbetrag zu verlangen, nicht bindend ausgeübt, wenn er zunächst auf der Basis einer fiktiven Schadensberechnung Ersatz begehrt, ohne damit eine Reparatur oder Ersatzbeschaffung auszuschließen. Soweit nach anschließender Durchführung der Reparatur die tatsächlichen Reparaturkosten höher als die „fiktiven“ sind, kann er auch noch den Differenzbetrag zwischen diesen und den tatsächlich angefallenen Kosten verlangen. Der Geschädigte kann die Verbringungskosten, welche nach Durchführung der Reparatur des Fahrzeugs entstanden sind, beanspruchen.

Ersatz für Kosten der Reinigung und Probefahrt/Kürzung der Verbringungskosten

Das Amtsgericht Buxtehude kommt in seinem Urteil vom 7.05.2019 – 31 C 92/19 – zu dem Ergebnis, dass bei umfangreichen Reparaturarbeiten eine Reinigung des Fahrzeuges erfor-derlich ist, deren Kosten der Schädiger zu tragen hat. Ein Verstoß gegen die Schadensminde-rungspflicht seitens des Geschädigten ist nicht ersichtlich. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Kosten für die durchgeführte Probefahrt angesichts des erheblichen Umfangs der durch-geführten Reparaturarbeiten. Überführungskosten in Höhe von netto 150,00 € hält das AG Buxtehude für deutlich überhöht, da das Fahrzeug für die Lackierung in eine Lackierwerkstatt in einen Postleitzahlenbereich verbracht wurde, der sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem Postleitzahlenbereich befindet, in dem sich die Reparaturwerkstatt befindet. Da der Transport des Fahrzeugs zum Lackierer wie auch der Rücktransport einschließlich Auf- und Abladen nur einige Minuten in Anspruch genommen haben kann, hält das AG Buxtehude die vorgerichtlich gezahlten 80,00 € für die Verbringungskosten als ausreichend. Zwar trägt der Beklagte grundsätzlich das Werkstattrisiko, allerdings wäre es angesichts des Bruttobetrags von 178,50 € Sache des Geschädigten gewesen, diesen erheblichen Betrag zu hinterfragen. Es hätte sich dem Geschädigten aufdrängen müssen, dass die vom Sachverständigen für erforderlich gehaltenen und von der Reparaturwerkstatt entsprechend in Rechnung gestellten Verbringungskosten erkennbar überhöht sind.

1,8-Geschäftsgebühr/Gegenstandswert der Einigungsgebühr

Das Amtsgericht Tettnang kommt in seinem Urteil vom 31.01.2019 – 8 C 853/18 – zu dem Ergebnis, dass der Klägervertreter eine 1,8-Geschäftsgebühr gemäß §§ 2,13 RVG in Verbindung mit Nummer 2300 VV geltend machen konnte. Die über einen langen Zeitraum zu führende Korrespondenz des Klägervertreters hat einen Raum eingenommen, der – selbst bei Berücksichtigung des Umstandes, dass die Haftung des Unfallverursachers dem Grunde nach unstreitig blieb – das bei einem gewöhnlichen Verkehrsunfall Übliche übersteigt. Das AG Tettnang hält daher zumindest den Ansatz einer 1,5-Geschäftsgebühr für angemessen. Vor diesem Hintergrund hält sich der angesetzte 1,8-Gebührensatz noch im Rahmen des dem Rechtsanwalt zuzubilligenden Ermessensspielraums von 20 %.

Maßgebend für den Gegenstandswert der Einigungsgebühr ist nicht der Betrag oder die Leistung, auf die sich die Parteien geeinigt oder verglichen haben, sondern der Ausgangswert derjenigen Gegenstände, über die eine Einigung erzielt worden ist.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Bagatellschadensgrenze/Sachverständigenkosten/Nebenkosten

Das AG Bad Segeberg hat durch Urteil vom 28.5.2018 – 17 C 247/16 – entschieden, dass die Bagatellschadengrenze bei 700 € liegt. Tragfähiger Anknüpfungspunkt für die Feststellung des üblichen Grundhonorars des Kfz-Sachverständigen ist der Honorarkorridor HB V der BVSK-Honorarbefragung 2015. Auch eine Vergütung aus dem oberen Ende des Honorarkorridors HB V ist noch als üblich anzusehen; auf einen Mittelwert ist nicht abzustellen. Für die Nebenkosten kann die Plausibilitätskontrolle nicht anhand der BVSK- Honorarbefragung 2015 erfolgen. Denn diese weist die Nebenkosten nicht mehr als Befragungsergebnis aus. Es bedarf im Streitfall für die Schätzung der objektiv erforderlichen Nebenkosten nicht zwingend einer Grundlage, die sich allein auf Angaben aus dem Bereich der Kfz-Sachverständigen stützt. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit der Fotos reicht dann grundsätzlich nicht aus, wenn eine Sachverständigenrechnung vorgelegt wird, die bezahlt wurde. Hieraus ergibt sich eine Indizwirkung für die Erforderlichkeit der Fotos.

Allgemeine Berufungskammern des LG Frankfurt/Main: Mietwagenkosten sind auf Grundlage eines arithmetischen Mittels aus den Erhebungen der Schwacke-Liste und des Fraunhofer-Instituts (sog. „Fracke“) zu ermitteln

Das LG Frankfurt am Main hat durch Urteil vom 20.12.2018 – 2-01 S 212/17 – entschieden, dass für die Berechnung von Mietwagenkosten als Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall eine Schätzung nach § 287 ZPO auf Grundlage eines arithmetischen Mittels aus den Erhebungen der Schwacke-Liste und des Fraunhofer-Instituts (sog. „Fracke“) vorzugswürdig ist. In ihrem ausführlich begründeten Urteil gelangt die Berufungskammer des LG Frankfurt zu der Auffassung, dass weder eine Schätzung alleine auf Basis der Schwacke-Liste noch allein auf Basis der Fraunhofer Tabelle in Betracht kommt. Aufgrund der Mängel beider Erhebungen hält es die Kammer zwecks Ausgleichs der jeweiligen Schwächen für sachgerecht, beide Listen derart zu kombinieren, dass als Schätzungsgrundlage das aus der Summe der Mietpreise bei den Listen gebildete arithmetische Mittel („Fracke“) herangezogen wird. Nähere Einzelheiten können dem ausführlich begründeten Urteil entnommen werden. Alle allgemeinen Berufungskammern des LG Frankfurt haben ihre Rechtsprechung angepasst und in einer Reihe von Urteilen übereinstimmend entschieden, die „Frackemethode“ anzuwenden.