Das AG Niebüll hat in drei gleichlautenden Urteilen – 10a C 187/20 vom 09.01.2021, 10a C 76/20 vom 08.01.2021 und 10a C 188/20 vom 09.01.2021 – entschieden, dass den Geschädigten ein Anspruch auf Zahlung weiterer Verbringungskosten zusteht. Verbringungskosten fallen bei einer Reparatur in einer markengebunden Fachwerkstatt regelmäßig an, weil – allgemein bekannt – die wenigsten solcher Werkstätten über eine eigene Lackiererei verfügen. Die Tatsache, dass die Klägerin auf ihrer Internetseite mit einem „Lackservice“ wirbt, bedeutet nicht, dass die Klägerin über eine eigene Lackiererei verfügt. Dementsprechend hat die Beklagte vorgerichtlich auch einen Teil der von der Klägerin abgerechneten Lackierkosten erstattet. Im Übrigen entspricht es dem üblichen Werkstattrisiko, wenn ein Autohaus zu lange oder zu teuer oder außerhalb des Einflussbereichs der Auftraggeberin unwirtschaftlich reparieren sollte. Ein solches Risiko trägt jedenfalls nicht die Geschädigte als Auftraggeberin, sondern der Schädiger, mithin die eintrittspflichtige Haftpflichtversicherung. Es macht dabei keinen Unterschied, ob die Werkstatt dem Geschädigten unnötige Arbeiten in Rechnung stellt, überhöhte Preise oder Arbeitszeiten in Ansatz bringt oder Arbeiten berechnet, die in dieser Weise nicht ausgeführt worden sind. Der Anspruch erstreckt sich auf die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts war vorliegend zweckmäßig und erforderlich, um den Schadensersatzanspruch geltend zu machen und durchzusetzen.
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Das AG Langen hat durch Urteil vom 29.10.2020 – 55 C 89/20 (11) – entschieden, dass zu den erstattungsfähigen Kosten die zusätzlichen Covid-Schutzmaßnahmen gehören. Es handelt sich hierbei um einen kausalen Schaden, der dem Kläger nicht entstanden wäre, hätte er sich nicht aufgrund eines Unfalls in die Werkstatt begeben müssen. Zudem werden diese Zusatzmaßnahmen inzwischen von den meisten Werkstätten berechnet und auch von anderen Betrieben, wie u. a. Friseurläden etc.
Auch die geltend gemachten Verbringungskosten sind begründet. Sie wurden bereits im Sachverständigengutachten berücksichtigt und durch Vorlage einer Rechnung belegt.
Das Amtsgericht Coburg hat durch Urteil vom 28.10.2019 – Az.: 15 C1423/19 – entschieden, dass die Verbringungskosten in voller Höhe zu erstatten sind. Die beklagte Versicherung darf nicht ohne nähere Begründung und unabhängig von unterschiedlichen örtlichen Kostenstrukturen mit einem Nettobetrag von 80 € regulieren. Auch die Kosten für die Autowäsche sind zu ersetzen, da es sich erschließt, dass das Fahrzeug vor dem Lackiervorgang gewaschen werden muss. Die hilfsweise Aufrechnung mit etwaigen Vorschäden stellt sich nach Ansicht des Gerichts als widersprüchliches Verhalten und unzulässige Rechtsausübung nach dem Rechtsgrundsatz venire contra factum proprium dar. Die Hilfsaufrechnung ist zu unbestimmt. Die Beklagte erwähnt nicht, welche betragsmäßige Höhe ihr zustehen soll. Der bloße Umstand, in der Beschreibung im Gutachten „Gebrauchsspuren, vereinzelt Lackmängel“ zu lesen, genügt nicht, um von bezifferbaren und notwendigerweise zu behebenden Vorschäden ausgehen zu können.
Das Amtsgericht Hamburg-Altona vertritt in seinem Urteil vom 26.09.2019 – Az.: 318cC25/19 – die Auffassung, dass Verbringungskosten in voller Höhe von 120 EUR netto zu ersetzen sind. Der beklagten Versicherung ist es nicht möglich, die geltend gemachten Verbringungskosten mit einem pauschalen Betrag von 100 EUR netto zu begleichen. Mangels besserer Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten hat die Klagepartei die Verbringungskosten für erforderlich halten dürfen. Für die Abrechnung der Mietwagenkosten greift das Amtsgericht Hamburg-Altona als Schätzgrundlage auf den Schwacke-Mietpreisspiegel zurück, da die Frauenhofer-Liste für den Ort der Anmietung nicht auf repräsentative Werte gestützt ist. Es ist nicht ausreichend, dass die Beklagtenseite allgemein auf die Frauenhofer-Liste verweist, nicht aber darlegt, dass ein Mietwagen am Ort der Anmietung zur Zeit der Anmietung zu wesentlich günstigeren Konditionen hätte erfolgen können, dass also die Schwacke-Liste den Markt nicht abbildet und deshalb keine taugliche Schätzungsgrundlage darstellt. Auch die Kosten für den Einsatz der Hebebühne sind erstattungsfähig. Der Sachverständige, der über keine eigene Hebebühne verfügt, darf sich insoweit fremder Hilfe bedienen. Die der Werkstatt hierbei entstandenen Kosten darf diese dem Geschädigten in Rechnung stellen. Darauf, ob eine Begutachtung des Fahrzeugs von unten bzw. ein Einsatz der Hebebühne erforderlich war, kommt es nicht an.
Das Amtsgericht Coburg kommt in seinem Urteil vom 26.08.2019 – Az.: 11C1316/19 zu dem Ergebnis, dass das Werkstattrisiko zu Lasten des Schädigers geht. Der beklagten Versicherung ist es nicht erlaubt, ohne jegliche Einzelfallprüfung Verbringungskosten mit einem pauschalen Betrag von 80 EUR zu begleichen. Es würde dem Sinn und Zweck des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB widersprechen, wenn der Geschädigte bei Ausübung der Ersetzungsbefugnis im Verhältnis zum ersatzpflichtigen Schädiger mit Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung belastet bliebe, deren Entstehung seinem Einfluss entzogen sind und ihren Grund darin haben, dass die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht mehr kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss.
Es macht dabei keinen Unterschied, ob die Werkstatt dem Geschädigten unnötige Arbeiten in Rechnung stellt, überhöhte Preise oder Arbeitszeit in Ansatz bringt oder Arbeiten berechnet, die in dieser Weise nicht ausgeführt worden sind.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die Verbringungs- und Reinigungskosten sowie die Kosten für den Ein- und Ausbau der Dachreling ersatzfähig. Mangels besserer Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten hat der Kläger die Reparaturkosten insoweit für erforderlich halten dürfen. Damit sind insbesondere auch die Verbringungskosten zu erstatten, auch wenn die Beklagte die Verbringung als solche bestreitet. Nicht relevant ist in diesem Fall, ob der Kläger die Kosten bereits beglichen hat. Das Werkstatt- und Prognoserisiko greift besonders zum Schutz des Geschädigten. Dessen Schutz kann nicht davon abhängig gemacht werden, dass der Geschädigte die Rechnung vollständig bezahlt hat oder nicht. Die Beklagte kann jedoch verlangen, dass ihr Zug um Zug etwaige Erstattungsansprüche des Klägers gegen die Reparaturwerkstatt aus dem Reparaturvertrag abgetreten werden. Eine solche Abtretung schmälert die Rechtsposition des Klägers als Geschädigten nicht und ist nicht davon abhängig, dass etwaige Ansprüche gegen die Reparaturwerkstatt tatsächlich bestehen; vielmehr genügt es, dass es möglich erscheint, dass solche Ansprüche vorhanden sind.
Das Amtsgericht Buxtehude kommt in seinem Urteil vom 7.05.2019 – 31 C 92/19 – zu dem Ergebnis, dass bei umfangreichen Reparaturarbeiten eine Reinigung des Fahrzeuges erfor-derlich ist, deren Kosten der Schädiger zu tragen hat. Ein Verstoß gegen die Schadensminde-rungspflicht seitens des Geschädigten ist nicht ersichtlich. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Kosten für die durchgeführte Probefahrt angesichts des erheblichen Umfangs der durch-geführten Reparaturarbeiten. Überführungskosten in Höhe von netto 150,00 € hält das AG Buxtehude für deutlich überhöht, da das Fahrzeug für die Lackierung in eine Lackierwerkstatt in einen Postleitzahlenbereich verbracht wurde, der sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem Postleitzahlenbereich befindet, in dem sich die Reparaturwerkstatt befindet. Da der Transport des Fahrzeugs zum Lackierer wie auch der Rücktransport einschließlich Auf- und Abladen nur einige Minuten in Anspruch genommen haben kann, hält das AG Buxtehude die vorgerichtlich gezahlten 80,00 € für die Verbringungskosten als ausreichend. Zwar trägt der Beklagte grundsätzlich das Werkstattrisiko, allerdings wäre es angesichts des Bruttobetrags von 178,50 € Sache des Geschädigten gewesen, diesen erheblichen Betrag zu hinterfragen. Es hätte sich dem Geschädigten aufdrängen müssen, dass die vom Sachverständigen für erforderlich gehaltenen und von der Reparaturwerkstatt entsprechend in Rechnung gestellten Verbringungskosten erkennbar überhöht sind.
Das AG Gütersloh hat durch Urteil vom 02.11.2017 – Az.: 10 C 8/16 – entschieden, dass UPE-Aufschläge und die Kosten für eine Fahrzeugverbringung auch im Rahmen einer fiktiven Schadensabrechnung in Folge eines Verkehrsunfalls dann erstattungsfähig sind, wenn sie regional üblich sind. Im vorliegenden Fall fielen sowohl bei markengebundenen Vertragswerkstätten als auch bei freien Werkstätten in der Region üblicherweise, sofern eine eigene Lackiererei nicht vorhanden war, Verbringungskosten an. Auch bei den UPE-Aufschlägen war von einer Ortsüblichkeit auszugehen.
Nach dem Urteil des AG Rheda-Wiedenbrück vom 24.04.2017 – Az.: 3 C 219/16 – sind die Verbringungskosten fiktiv erstattungsfähig, soweit sie in einem Gutachten eines anerkannten Sachverständigen Berücksichtigung gefunden haben und wenn sie nach den örtlichen Gepflogenheiten auch bei einer Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt angefallen wären. Nach dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen erheben die Kfz-Betriebe in der Region Gütersloh, die nicht über eine eigene Lackiererei verfügen, in der Regel Verbringungskosten.
Auch ein Anspruch auf Freistellung von weiteren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten steht dem Kläger zu. Aufgrund der seitens der Beklagten zu Unrecht um die Verbringungskosten gekürzten Schadensersatzpositionen des Klägers kann dieser vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten unter Berücksichtigung einer 1,3-fachen Gebühr verlangen.
Das AG Coburg kommt in seinem Urteil vom 17.07.2017 – Az.: 15 C 466/17 – zu dem Ergebnis, dass auch die Verbringungskosten zu ersetzen sind. Nach Klageeinreichung war die Passivlegitimation der HUK-Coburg bestritten worden, da die HUK-Coburg im Auftrag und in Vertretung der HUK24 AG die außergerichtliche Regulierung vorgenommen hatte, so dass die HUK24 AG die richtige Beklagte war. Das AG Coburg hat nach Hinweis auf die Entscheidung des BGH Az.: VII ZR 128/12 das Passivrubrum geändert.
Das Amtsgericht Coburg hat durch Urteil vom 29.06.2017 – Az.: 12 C 560/17 – entschieden, dass die Verbringungskosten in voller Höhe erstattungsfähig sind. Hierbei handelt es sich um den erforderlichen Herstellungsaufwand. Es würde dem Sinn und Zweck des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB widersprechen, wenn der Geschädigte bei Ausübung der Ersetzungsbefugnis im Verhältnis zum ersatzpflichtigen Schädiger mit Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung belastet bliebe, deren Entstehung seinem Einfluss entzogen und ihren Grund darin haben, dass die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht mehr kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss. Das Werkstattrisiko geht insofern zu Lasten des Schädigers. Der Geschädigte darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass die in dem von ihm eingeholten Sachverständigengutachten kalkulierten Arbeitsschritte und das hierfür benötigte Material zur Schadensbeseitigung erforderlich sind und darf demgemäß – wie im vorliegenden Fall – einer Werkstatt den Auftrag erteilen, gemäß Gutachten zu reparieren. Im vorliegenden Fall fand eine Verbringung des Fahrzeuges statt und die Werkstatt hat die Kosten dem Kläger in Rechnung gestellt. Der Kläger hat das Fahrzeug reparieren lassen. Die durch die Werkstatt in der Reparaturrechnung belegten Aufwendungen sind im Allgemeinen ein aussagekräftiges Indiz für die Erforderlichkeit der Reparaturkosten. Dies gilt insbesondere dann, wenn wie hier gleichartige Aufwendungen sich bereits aus dem eingeholten Sachverständigengutachten ergeben.