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Mietwagenkosten: Schwacke-Liste ist die geeignete Schätzgrundlage/ kein Abzug „neu für alt“ bei Kindersitzen

Das AG Norderstedt kommt in seinem Urteil vom 20.10.2020 – 47 C 28/17 – zu dem Ergebnis, dass der Schwacke-Mietpreisspiegel eine geeignete Schätzgrundlage ist. Die maßgebliche Fahrzeugklasse anhand derer der Normaltarif zu bestimmen ist, ist nach dem verunfallten Fahrzeug der beschädigten Partei zu bestimmen. Auf das Mietfahrzeug kommt es nicht an.

Da nur eine geringe Fahrleistung vorliegt, muss sich die Geschädigte keine Ersparnis hinsichtlich des Wertes der vorangegangenen Benutzung abrechnen lassen.

Auch Kosten für einen Zusatzfahrer sind im Rahmen der Ermittlung des Normaltarifs zu berücksichtigen, sofern sie tatsächlich in den streitgegenständlichen Mietverhältnissen angefallen sind. Die beschädigten Kindersitze sind zu ersetzen, ohne dass ein Abzug „neu für alt“ vorzunehmen ist. Für den Kläger ist es unzumutbar, den vor dem schädigenden Ereignis bestehenden Zustand durch die Anschaffung gebrauchter Kindersitze wieder herzustellen. Dadurch, dass an die Stelle des beschädigten gebrauchten Kindersitzes ein neuwertiger Kindersitz tritt, kommt eine Vermögensmehrung für den Geschädigten nicht zustande. Allein die Möglichkeit, dass der Geschädigte mit dem neu gekauften Kindersitz nach dem Ende der Nutzungsdauer durch seine Kinder einen höheren Wiederverkaufspreis erzielen könnte, als dies mit dem beim streitgegenständlichen Verkehrsunfall beschädigten Kindersitz möglich gewesen wäre, rechtfertigt die Annahme eines Vermögensvorteils für den Geschädigten jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Nähere Einzelheiten können dem ausführlich begründeten Urteil entnommen werden.

Mietwagenkosten: Schwacke-Liste ist die geeignete Schätzgrundlage

Das AG Norderstedt vertritt in seinem Urteil vom 19.10.2020 – 49 C 59/20 – die Auffassung, dass bei der Schadensschätzung die Schwacke-Liste zu Grunde gelegt werden kann. Hinsichtlich der Fahrzeugklasse ist auf den angemieteten Ersatzwagen nicht auf den beschädigten Unfallwagen abzustellen. Bei Anmietung eines klassentieferen Fahrzeugs ist kein Abschlag für ersparte Eigenaufwendungen vorzunehmen.

Die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste auf den vorliegenden Fall hat die Beklagte auch nicht durch Vorlage von drei Internetauszügen von Mietwagenfirmen erschüttert. Die Angebote stammen allesamt nicht aus dem in Rede stehenden Reparaturzeitraum und sind deswegen entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu berücksichtigen.

Ersatz der Nutzungsentschädigung, der Mietwagenkosten und der Kosten des Prozessbevollmächtigten für eine vergebliche Geltendmachung beim „falschen“ Versicherer

Das Amtsgericht Kerpen hat durch Urteil vom 30.10.2019 – Az.: 110 C83/18 – entschieden, dass der Geschädigte, der substantiiert die fühlbare Beeinträchtigung der Nutzung darlegt, auch dann einen Ersatzanspruch in Form einer Nutzungsentschädigung hat, wenn er kein Ersatzfahrzeug mietet. Das AG Kerpen legt bei der Ermittlung der Höhe der Mietwagenkosten das arithmetische Mittel der Schwacke-und der Fraunhofer-Liste zugrunde.
Aus Gründen der Vorhersehbarkeit gerichtlicher Entscheidungen bevorzugt das AG Kerpen weiterhin die seit der Entscheidung des OLG Köln vom 30.7.2013 eingenommene Linie der Schadensschätzung, die ausreichend Raum gibt, den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung zu tragen. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der ortsüblichen Mietwagenkosten erscheint grundsätzlich, wie auch im Streitfall, nicht geboten. Im Hinblick auf die von der Beklagten vorgelegten Internet-Angebote hat das AG Kerpen Bedenken hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Tarife. Das von der Beklagten vorgelegte Angebot bezieht sich nicht auf ein bestimmtes Fahrzeugmodell. Es wird lediglich ein Beispiel für eine bestimmte Fahrzeugklasse angeboten. Auch lassen sich dem Angebot nicht die Kosten entnehmen, die sich für die von der Geschädigten in Anspruch genommenen Zusatzleistungen, wie Zusatzfahrer, Zustellung/Abholung oder geringere Selbstbeteiligung, im Schadensfall ergeben. Der Abzug für ersparte Eigenaufwendungen kann regelmäßig auf 4 % geschätzt werden. Dieser ist nicht vorzunehmen, wenn ein klassentieferes Fahrzeug angemietet wurde. Soweit die Beklagte der Ansicht ist, dass die Mietdauer allenfalls mit 19 Tagen anzusetzen sei, teilt das Gericht diese Ansicht nicht. Denn die Klägerin hat substantiiert vorgetragen, dass ihr eine frühere Finanzierung nicht möglich war. Der Geschädigte ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen oder gar einen Kredit zur Schadensbehebung aufzunehmen. Eine solche Pflicht kann ausnahmsweise dann bejaht werden, wenn der Geschädigte sich den Kredit ohne Schwierigkeiten beschaffen kann und er durch die Rückzahlung nicht über seine wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet wird. Die Beklagte muss auch die Kosten für eine vergebliche Geltendmachung bei der „falschen“ Versicherung zahlen. Denn die Geschädigte macht mit der Klage nicht Kosten für ihre Tätigkeit gegenüber der Versicherung geltend, sondern für die Tätigkeit gegenüber der Beklagten. Im Übrigen hat die Beklagte unstreitig die Kosten, die der Klägerin für das Tätigwerden ihres Prozessbevollmächtigten gegenüber der Versicherung entstanden sind, bereits vollständig beglichen. Insofern ist in dem Verhalten der Beklagten ein Anerkenntnis zu sehen. Das Risiko, dass sich der Geschädigte nicht an die Versicherung des Schädigers wendet, sondern aufgrund ihm vom Fahrer des gegnerischen Unfallfahrzeuges mitgeteilter falscher Informationen eine falsche Versicherung kontaktiert, kann nicht dem Geschädigten zugerechnet werden. Auch die Beklagte hätte sich jederzeit bei der Klägerin zur Abwicklung der Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Unfallereignis melden und so frühzeitig solche Kosten vermeiden können.

Ersatz der Mietwagenkosten

Das Amtsgericht Hamburg-Bergedorf kommt in seinem Urteil vom 10.12.2019 – Az.: 410a C 73/18 – zu dem Ergebnis, dass ein Mietwagen dann erforderlich ist, wenn kein öffentlicher Personennahverkehr vorhanden ist. Der Geschädigte musste seine Tochter zur Arbeit fahren, da keine öffentlichen Verkehrsmittel vorhanden waren. Der Einwand im gerichtlichen Verfahren, man hätte ein Taxi nehmen können, ist verwirkt, da die Beklagte einen Teilbetrag auf die Mietwagenrechnung gezahlt und damit ein deklaratorisches Anerkenntnis abgegeben hat. Es ist irrelevant, ob ein 5-Tages-Tarif billiger gewesen wäre, denn zum Zeitpunkt der Anmietung war dem Geschädigten nicht bekannt, ob er das Mietfahrzeug länger als fünf Tage würde nützen müssen. Der Geschädigte hätte auch kein billigeres Ersatzfahrzeug anmieten können, da überhaupt nur das letztlich angemietete Fahrzeug zur Verfügung stand. Der Geschädigte muss sich 10 % Abzug als ersparte Aufwendungen anrechnen lassen.

Ersatz der Mietwagenkosten: Schwacke Liste minus 17 %, Ersatz der Sachverständigen- und Reparaturkosten

Das Amtsgericht Erlangen vertritt in seinem Urteil vom 17.6.2019 – Az.: SC 15/99 – die Auffassung, dass die Eignung und Anwendbarkeit der Schwacke-Liste zur Ermittlung des Normaltarifs der Mietwagenkosten nicht infrage steht. Dem Einwand, dass die in der Schwacke-Liste abgebildeten Mietwagentarife die tatsächliche Marktlage nur überhöht wiedergeben, wird durch Vornahme eines Abschlags von 17 % Rechnung getragen. Ein Abzug von 3 % Eigenersparnis ist ausreichend.

Bei der Frage, ob das geltend gemachte Sachverständigenhonorar der Höhe nach der üblichen Vergütung eines Kraftfahrzeugsachverständigen entspricht, geht das AG Erlangen davon aus, dass die BVSK-Befragung eine taugliche Schätzgrundlage darstellt. Wobei das arithmetische Mittel des „HB V Korridors“ der BVSK-Honorarbefragung, hier des Jahres 2018, einen praktikablen Wert für die Üblichkeit liefert.

Der Anspruch des Klägers auf Ersatz der Reparaturkosten ist nicht auf den vom Sachverständigen zur Behebung des Schadens objektiv für erforderlich gehaltenen Betrag zu beschränken. Der Geschädigte hat mit der Begutachtung des beschädigten PKWs einen Sachverständigen beauftragt auf dessen Fachkunde er vertrauen durfte. Für ihn war nicht erkennbar, woraus die Erhöhung der Reparaturkosten resultierte. Das Werkstattrisiko geht zu Lasten des Schädigers.

Mietwagenkosten bei verzögerter Reparatur/Höhe der Reparaturkosten

Das Amtsgericht Rendsburg hat durch Urteil vom 11.7.2019 – 49 C 72/19 – entschieden, dass der Geschädigte sich keine Abzüge an den Mietwagenkosten entgegenhalten lassen muss, weil die tatsächliche Reparaturdauer über die in dem Gutachten prognostizierte Reparaturdauer hinausging. Der Geschädigte hat lediglich einen begrenzten Einfluss auf die Werkstatt, sodass die Versicherung das Abwicklungsrisiko zu tragen hat. Den Geschädigten trifft insbesondere auch keine Erkundigungspflicht bei Auftragserteilung, wie lange die Reparatur in Anspruch nehmen werde und ob bereits Verzögerungstatbestände abzusehen seien. Dies überspannt die Obliegenheiten, welche einem Geschädigten zugemutet werden können bei Weitem.

Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug reparieren, so sind die durch eine Reparaturrechnung der Werkstatt belegten Aufwendungen im Allgemeinen ein aussagekräftiges Indiz für die Erforderlichkeit der eingegangenen Reparaturkosten. Diese „tatsächlichen“ Reparaturkosten können regelmäßig auch für die Bemessung des „erforderlichen“ Herstellungsaufwands herangezogen werden, wenn diese Kosten ohne Schuld des Geschädigten – etwa wegen überhöhter Ansätze von Material oder Arbeitszeit, wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise im Vergleich zu dem, was für eine solche Reparatur sonst üblich ist – unangemessen sind.

Ersatz der Mietwagenkosten nach Schwacke-Liste/ Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren

Das Amtsgericht Fürstenfeldbruck kommt in seinem Urteil vom 26.07.2019 – 3 C 1415/18 – zu dem Ergebnis, dass die Schwacke-Liste zur Ermittlung des Normaltarifs der Mietwagenkosten herangezogen werden kann. Bei Mietwagenkosten, die sich innerhalb des Tarifs der Schwacke-Liste halten, besteht für Geschädigte aufgrund der Höhe des Mietwagenpreises keine Veranlassung, andere Angebote einzuholen bzw. zu überprüfen, ob noch günstigere Mietwagenangebote zu erzielen gewesen wären. Soweit sich die Beklagte gegen die Anwendung der Schwacke-Liste mit allgemein gehaltenen und deshalb nicht relevanten, vielfach in Rechtsprechung und Literatur bereits besprochenen Einwendungen wendet, sind diese nicht geeignet, die Ungeeignetheit der Schwacke-Liste zu begründen.

Auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren des Prozessbevollmächtigten des Klägers sind zu erstatten. Sie gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen.

Ersatz von Mietwagen- und Verbringungskosten

Das Amtsgericht Hamburg-Altona vertritt in seinem Urteil vom 26.09.2019 – Az.: 318cC25/19 – die Auffassung, dass Verbringungskosten in voller Höhe von 120 EUR netto zu ersetzen sind. Der beklagten Versicherung ist es nicht möglich, die geltend gemachten Verbringungskosten mit einem pauschalen Betrag von 100 EUR netto zu begleichen. Mangels besserer Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten hat die Klagepartei die Verbringungskosten für erforderlich halten dürfen. Für die Abrechnung der Mietwagenkosten greift das Amtsgericht Hamburg-Altona als Schätzgrundlage auf den Schwacke-Mietpreisspiegel zurück, da die Frauenhofer-Liste für den Ort der Anmietung nicht auf repräsentative Werte gestützt ist. Es ist nicht ausreichend, dass die Beklagtenseite allgemein auf die Frauenhofer-Liste verweist, nicht aber darlegt, dass ein Mietwagen am Ort der Anmietung zur Zeit der Anmietung zu wesentlich günstigeren Konditionen hätte erfolgen können, dass also die Schwacke-Liste den Markt nicht abbildet und deshalb keine taugliche Schätzungsgrundlage darstellt. Auch die Kosten für den Einsatz der Hebebühne sind erstattungsfähig. Der Sachverständige, der über keine eigene Hebebühne verfügt, darf sich insoweit fremder Hilfe bedienen. Die der Werkstatt hierbei entstandenen Kosten darf diese dem Geschädigten in Rechnung stellen. Darauf, ob eine Begutachtung des Fahrzeugs von unten bzw. ein Einsatz der Hebebühne erforderlich war, kommt es nicht an.

Mietwagenkosten: Schwacke-Liste/ Kosten der Haftungsreduzierung/ Preisaufschlag für zweiten Fahrer/Kostenpauschale von 30 €

Das AG Lübeck vertritt in seinem Urteil vom 03.02.2017 – Az.: 24 C 2626/06 – die Auffassung, dass die Schwacke-Liste ein geeigneter Maßstab ist, um die Angemessenheit des Mietwagenpreises gemäß § 287 ZPO zu bestimmen. Ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Haftungsreduzierung in der Kasko-Versicherung ist gegeben, da die Nutzung eines Mietwagens regelmäßig mit einem erhöhten wirtschaftlichen Risiko verbunden ist. Es wäre nicht gerechtfertigt, dass der Geschädigte das wirtschaftliche Risiko aus der Nutzung eines Mietwagens selber zu tragen hätte, zumal er auch bei seinem eigenen Fahrzeug eine Reduzierung der Selbstbeteiligung in der Kaskoversicherung vereinbart hat. Der Geschädigte kann auch Ersatz für den Aufschlag verlangen, der sich daraus ergibt, dass seine Ehefrau als weitere Fahrerin des Mietwagens angemeldet wird. Weil der Geschädigte auch sein eigenes Fahrzeug durch andere Personen nutzen lassen könnte, ist es nicht zumutbar, die Nutzungsmöglichkeit des Mietwagens allein auf den Geschädigten zu beschränken. Der Geschädigte hat Anspruch auf die geltend gemachte Pauschale in Höhe von 75 € für An- und Abmeldung. Ihm steht auch eine Kostenpauschale in Höhe von 30 € zu.

Ersatz der Mietwagenkosten bei geringem Fahrbedarf (durchschnittlich 18,77 km täglich)

Das Amtsgericht Schwabach vertritt in seinem Urteil vom 09.11.2016 – Az.: 2 C 671/16 – die Auffassung, dass Mietwagenkosten auch dann zu ersetzen sind, wenn der Geschädigte lediglich durchschnittlich 18,77 km pro Tag zurücklegt. Der Geschädigte hat schlüssig dargelegt, dass er als Berufsfeuerwehrmann das Auto schon allein deshalb benötigt, weil er sich auch außerhalb der Dienstzeit in einer Rufbereitschaft befindet und dann innerhalb kürzester Zeit zur Feuerwache fahren muss. Zwar kann unter Umständen ein nur geringer Fahrbedarf des Geschädigten die Anmietung eines Mietwagens unzweckmäßig und deshalb gemäß § 249 BGB nicht erforderlich erscheinen lassen. Die Grenze für einen solchen geringen Fahrbedarf wird im Allgemeinen bei einer Tageskilometerleistung von 20 km gesehen. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine starre Grenze. Es kann im Einzelfall durchaus allein die Notwendigkeit der ständigen Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeugs die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges rechtfertigen, ohne dass es auf die gefahrene Kilometerleistung ankommt. Die Kosten des angemieteten Fahrzeugs waren auch nicht unverhältnismäßig hoch, so dass er Kläger ersatzweise auf ein Taxi hätte verwiesen werden müssen.