Das Sensations-Urteil des EuGH (Europäischer Gerichtshof) vom 26.03.2020:

Fast jeder Kreditvertrag ist widerrufbar!

Der EuGH hat mit seiner Entscheidung vom 26.03.2020, Az.: C-66/19 alle überrascht! Nun ist fast jeder Kreditvertrag widerrufbar!

 

  • Der EuGH erklärte sogenannte Widerrufsinformation in bestimmten Kreditverträgen für unvereinbar mit europäischem Recht.

  • Aus unserer Sicht sind potenziell fast 20 Millionen Autokredit- und Leasing-Verträge mit einem Volumen von 340 Milliarden Euro betroffen

 

Wer als Verbraucher sein Recht einklagt, braucht einen langen Atem. Andreas Poß weiß das. Vier Jahre schon streitet der 42-Jährige Diplomingenieur mit seiner Sparkasse um den Widerruf seines Immobilienvertrags. Dieser enthält nach Ansicht von Poß und dessen Anwalt rechtswidrige Klauseln. Die Sparkasse ist anderer Meinung. Der Fall ging vors Landgericht Saarbrücken. Das verwies ihn an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) – und dort bekam der Diplomingenieur aus dem saarländischen Eppelborn jetzt Recht. Der EuGH erklärte die sogenannte Widerrufsinformation in dem Vertrag für unvereinbar mit europäischem Recht.

Das Urteil hat „Signalwirkung“. Die Klausel findet sich in nahezu allen Verbraucherkreditverträgen, die seit Juni 2010 abgeschlossen wurden – und das dürften einige Millionen sein. Verbraucher können diese Verträge nun im Prinzip widerrufen und so tausende Euro sparen.

 

Widerrufsjoker

Mit diesem sogenannten „Widerrufsjoker“ sind etwa bei Autokredit- und Leasingverträgen die Rückgabe des Fahrzeugs gegen Erstattung aller bereits gezahlten Raten möglich. Interessant kann das bei Fahrzeugen sein, die vom

Dieselskandal

betroffen sind. Bei Immobiliendarlehen könnten Betroffene unter Umständen das Darlehen auf einen Vertrag mit günstigeren Zinsen umschulden oder ihn vorzeitig ablösen – ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung, also ohne die Strafgebühr, die Banken dann meist verlangen.

 

Die Klausel, um die es geht, findet sich in der Widerrufsinformation der Verträge. Dort wird für den Beginn der Widerrufsfrist auf „§ 492 Absatz 2“ des Bürgerlichen Gesetzbuches verwiesen. Der verweist seinerseits wieder auf etliche andere Paragraphen. Juristen nennen das einen „Kaskadenverweis“. Im vorliegenden Fall umfasst die Verweiskette sieben bis acht Seiten Gesetzestext! Da muss man Jurist sein, um das zu verstehen.

 

„Enorme Tragweite“

Die Europäischen Richter sahen es genauso: Wegen des Kaskadenverweises könne ein Verbraucher „weder den Umfang seiner vertraglichen Verpflichtung bestimmen, noch überprüfen, ob der von ihm abgeschlossene Vertrag alle erforderlichen Angaben enthält“. Dies widerspreche der europäischen Richtlinie für Verbraucherkreditverträge. Sie verlange, Verbraucher „in klarer und prägnanter Form“ über die Vertragsmodalitäten zu informieren.

Das Urteil hat eine enorme Tragweite. So sind potenziell fast 20 Millionen Autokredit- und Leasing-Verträge mit einem Volumen von 340 Milliarden Euro betroffen. Bei den Baukrediten für private Haushalte gehe es um eine Darlehenssumme von insgesamt 1,2 Billionen Euro.

Während sich jedoch bei Autokrediten die vom EuGH beanstandete Klausel noch heute in den Kreditverträgen findet, ist es bei Immobiliendarlehen komplizierter. Dort sind nur Verträge betroffen, die zwischen Juni 2010 und März 2016 abgeschlossen wurden.

 

Wir raten zum Widerruf

Sollten Sie vom Dieselskandal betroffen, die entsprechenden Fristen aber bereits abgelaufen sein, besteht nun die Möglichkeit den Kauf des Fahrzeuges durch Widerruf des Kreditvertrages rückgängig zu machen.

Wir beraten Sie gern.