Es gehört zu den weit verbreiteten Rechtsirrtümern, dass schriftliche Erklärungen am Unfallort wieder kassiert werden können. Dies trifft vorwiegend auf Schuldeingeständnisse zu, jedoch nicht auf Schilderungen von Tatsachen zum Unfallhergang.
Einer schriftlichen Erklärung am Unfallort kommt besondere Bedeutung zu – insbesondere dann, wenn sie besonders detailliert ist. Wenn der Betroffene später davon abrückt, muss er nachweisen, warum er falsche Angaben gemacht hat. Je konkreter die Erklärung war, wird dies immer schwerer. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgericht Nürnberg vom 29. März 2022 (AZ: 3 U 4188/21).
Vorsicht bei schriftlichen Angaben zum Unfall vor Ort
In dem Fall wollte der spätere Beklagte den links abbiegenden Kläger noch weiter links überholen. Es kam zum Crash und vor Ort unterschrieb der Beklagte einen Unfallbericht. Darin bestätigte er auch das wichtige Detail, dass der Blinker des Klägers eingeschaltet war. Er habe ihn nur nicht richtig sehen können, da er vom Sonnenlicht geblendet war.
Für das Gericht war damit der Fall eindeutig, es legte seiner Entscheidung diesen Unfallbericht zu Grunde. Auch die sonstigen Umstände sprachen für die Schuld des Beklagten.
Erklärung am Unfallort beeinflusst Entscheidung
Dabei berücksichtigte das Gericht, dass die Erklärung besonders detailliert war. Besonders bemerkenswert aus Sicht der Richter war die Angabe, dass der Kläger geblinkt hatte. Entkräften konnte der Beklagte seine Angaben nicht. Das Gericht betonte ferner, dass durch den Unfallbericht auch die Beweise des Klägers eingeschränkt waren. Der geschädigte Linksabbieger hatte nach dem Schuldeingeständnis darauf verzichtet, die Polizei zu holen.