PROBEZEIT
TATBESTAND:FOLGEN:
Verkehrsvergehen, das ein Bußgeld von mindestens 60 Euro nach sich zieht Verlängerung der Probezeit um 2 Jahre
A-Verstoß in der Probezeit (z.B. Unfallflucht, Nötigung, Trunkenheit, Rotlichtverstoß, Geschwindigkeitsüberschreitungen über 21 km/h, Überholen im Überholverbot, Abstandsvergehen)
Einmaliger A-Verstoß Verlängerung der Probezeit um 2 Jahre & Anordnung eines Aufbauseminars
A-Verstoß in der verlängerten Probezeit Verwarnung, Empfehlung der Teilnahme an verkehrspsychologischer Beratung
Zweiter A-Verstoß in der verlängerten Probezeit Entzug der Fahrerlaubnis
A-Verstoß mit Alkohol oder Drogen Veranlassung einer MPU
B-Verstoß in der Probezeit (z.B. abgefahrene Reifen, falsche Ladungssicherung, Parkvergehen auf Kraftfahrstraßen, Handy am Steuer)
Einmaliger B-Verstoß keine Verlängerung, kein Aufbauseminar
Zwei B-Verstöße Verlängerung der Probezeit um 2 Jahre & Anordnung eines Aufbauseminars
B-Verstoß und anschließend A-Verstoß Verlängerung der Probezeit um 2 Jahre & Anordnung eines Aufbauseminars
Zwei B-Verstöße in der verlängerten Probezeit Verwarnung, Empfehlung der Teilnahme an verkehrspsychologischer Beratung
Weitere zwei B-Verstöße in der verlängerten Probezeit Entzug der Fahrerlaubnis

Ratgeber: Fahrerlaubnis auf Probe (Probezeit)

Was sagt das StVG:§ 2a StVG – Fahrerlaubnis auf Probe

(1) Bei erstmaligem Erwerb einer Fahrerlaubnis wird diese auf Probe erteilt; die Probezeit dauert zwei Jahre vom Zeitpunkt der Erteilung an. Bei Erteilung einer Fahrerlaubnis an den Inhaber einer im Ausland erteilten Fahrerlaubnis ist die Zeit seit deren Erwerb auf die Probezeit anzurechnen. Die Regelungen über die Fahrerlaubnis auf Probe finden auch Anwendung auf Inhaber einer gültigen Fahrerlaubnis aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, die ihren ordentlichen Wohnsitz in das Inland verlegt haben. Die Zeit seit dem Erwerb der Fahrerlaubnis ist auf die Probezeit anzurechnen. Die Beschlagnahme, Sicherstellung oder Verwahrung von Führerscheinen nach § 94 der Strafprozessordnung, die vorläufige Entziehung nach § 111a der Strafprozessordnung und die sofort vollziehbare Entziehung durch die Fahrerlaubnisbehörde hemmen den Ablauf der Probezeit. Die Probezeit endet vorzeitig, wenn die Fahrerlaubnis entzogen wird oder der Inhaber auf sie verzichtet. In diesem Fall beginnt mit der Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis eine neue Probezeit, jedoch nur im Umfang der Restdauer der vorherigen Probezeit.

(2) Ist gegen den Inhaber einer Fahrerlaubnis wegen einer innerhalb der Probezeit begangenen Straftat oder Ordnungswidrigkeit eine rechtskräftige Entscheidung ergangen, die nach § 28 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 in das Verkehrszentralregister einzutragen ist, so hat, auch wenn die Probezeit zwischenzeitlich abgelaufen oder die Fahrerlaubnis nach § 6e Absatz 2 widerrufen worden ist, die Fahrerlaubnisbehörde

  1. seine Teilnahme an einem Aufbauseminar anzuordnen und hierfür eine Frist zu setzen, wenn er eine schwerwiegende oder zwei weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen begangen hat,
  2. ihn schriftlich zu verwarnen und ihm nahezulegen, innerhalb von zwei Monaten an einer verkehrspsychologischen Beratung teilzunehmen, wenn er nach Teilnahme an einem Aufbauseminar innerhalb der Probezeit eine weitere schwerwiegende oder zwei weitere weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen begangen hat,
  3. ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn er nach Ablauf der in Nummer 2 genannten Frist innerhalb der Probezeit eine weitere schwerwiegende oder zwei weitere weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen begangen hat.

Die Fahrerlaubnisbehörde ist bei den Maßnahmen nach den Nummern 1 bis 3 an die rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder Ordnungswidrigkeit gebunden. Für die verkehrspsychologische Beratung gilt § 4 Abs. 9 entsprechend.

(2a) Die Probezeit verlängert sich um zwei Jahre, wenn die Teilnahme an einem Aufbauseminar nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 angeordnet worden ist. Die Probezeit verlängert sich außerdem um zwei Jahre, wenn die Anordnung nur deshalb nicht erfolgt ist, weil die Fahrerlaubnis entzogen worden ist oder der Inhaber der Fahrerlaubnis auf sie verzichtet hat.

(3) Ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis einer vollziehbaren Anordnung der zuständigen Behörde nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 in der festgesetzten Frist nicht nachgekommen, so ist die Fahrerlaubnis zu entziehen.

(4) Die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 bleibt unberührt; die zuständige Behörde kann insbesondere auch die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anordnen, wenn der Inhaber einer Fahrerlaubnis innerhalb der Probezeit Zuwiderhandlungen begangen hat, die nach den Umständen des Einzelfalls bereits Anlass zu der Annahme geben, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Hält die Behörde auf Grund des Gutachtens seine Nichteignung nicht für erwiesen, so hat sie die Teilnahme an einem Aufbauseminar anzuordnen, wenn der Inhaber der Fahrerlaubnis an einem solchen Kurs nicht bereits teilgenommen hatte. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Ist eine Fahrerlaubnis entzogen worden

  1. nach § 3 oder nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 dieses Gesetzes, weil innerhalb der Probezeit Zuwiderhandlungen begangen wurden, oder nach § 69 oder § 69b des Strafgesetzbuches,
  2. nach Absatz 3 oder § 4 Abs. 7, weil einer Anordnung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar nicht nachgekommen wurde,

oder wurde die Fahrerlaubnis nach § 6e Absatz 2 widerrufen, so darf eine neue Fahrerlaubnis unbeschadet der übrigen Voraussetzungen nur erteilt werden, wenn der Antragsteller nachweist, dass er an einem Aufbauseminar teilgenommen hat. Das Gleiche gilt, wenn der Antragsteller nur deshalb nicht an einem angeordneten Aufbauseminar teilgenommen hat oder die Anordnung nur deshalb nicht erfolgt ist, weil die Fahrerlaubnis aus anderen Gründen entzogen worden ist oder er zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet hat. Ist die Fahrerlaubnis nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 entzogen worden, darf eine neue Fahrerlaubnis frühestens drei Monate nach Wirksamkeit der Entziehung erteilt werden; die Frist beginnt mit der Ablieferung des Führerscheins. Auf eine mit der Erteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung gemäß Absatz 1 Satz 7 beginnende neue Probezeit ist Absatz 2 nicht anzuwenden. Die zuständige Behörde hat in diesem Fall in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen, sobald der Inhaber einer Fahrerlaubnis innerhalb der neuen Probezeit erneut eine schwerwiegende oder zwei weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen begangen hat.

(6) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Anordnung des Aufbauseminars nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 und Absatz 4 Satz 2 sowie die Entziehung der Fahrerlaubnis nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 und Absatz 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

Die Fahrerlaubnis auf Probe ist als eine vollwertige Fahrerlaubnis zu betrachten. Sie wurde zum 01.11.1986 eingeführt und 1996 neu überarbeitet. Aufgrund der Tatsache, dass Fahranfänger als besondere Problemgruppe gelten, wurde das System der Fahrerlaubnis auf Probe eingeführt. Das System der Fahrerlaubnis auf Probe verstößt weder gegen den Gleichheitsgrundsatz noch ist das System unverhältnismäßig (OVG Koblenz, Urteil vom 12.03.2002, 7 A 11244/01).

Entsprechend § 2a Abs. 1 Satz 3 finden die Regelungen auf alle Inhaber einer erstmalig erworbenen Fahrerlaubnis – auch »Begleitetes Fahren ab 17 Jahren« (VG Göttingen, Urteil vom 03.04.2013 – 1 A 92/11) – Anwendung. Bei Inhabern einer EU-/EWR-Fahrerlaubnis findet die Regelung der Fahrerlaubnis auf Probe erst ab Wohnsitzbegründung, bei Inhabern von Drittstaaten-Fahrerlaubnissen erst nach Umschreibung in eine deutsche Fahrerlaubnis Anwendung, wenn noch Restprobezeit besteht. Entsprechend § 32 sind Inhaber der Fahrerlaubnisklassen AM, L und T von den Regelungen des § 2a ausgenommen.

Bei Fahrerlaubnisinhabern die nur im Besitz einer Dienstfahrerlaubnis sind, erfolgt die Umsetzung der Probezeitregelungen entsprechend§ 39 FeV durch die erteilende Dienststelle. Wird diese in eine allgemeine Fahrerlaubnis umgeschrieben, geht die Zuständigkeit auf die zuständige Fahrerlaubnisbehörde über.

Probezeit Dauer und Anrechnung

Deutsche Fahrerlaubnisinhaber

Die Probezeitdauer beträgt 2 Jahre und beginnt grundsätzlich mit der Aushändigung des Führerscheins (§ 22 FeV) bzw. beim Begleiteten Fahren mit Aushändigung der Prüfungsbescheinigung (§§ 6e und 48a FeV). Sie endet mit Ablauf des Tages, der mit seinem Datum dem Tag der Erteilung der Fahrerlaubnis entspricht (VG Augsburg, Beschl. v. 10.10.2012 – Au 7 S 12.1189).

Inhaber einer EU/EWR-Fahrerlaubnis

Die Regelungen der Fahrerlaubnis auf Probe finden mit der Verlegung des Wohnsitzes in die BRD Anwendung. Dabei wird die Zeit des Besitzes der Fahrerlaubnis vor Begründung des Wohnsitzes in der BRD auf die Gesamtprobezeit anerkannt. Dabei ist zu beachten, dass Verstöße die vor der Wohnsitzbegründung begangen wurden, nicht innerhalb des Maßnahmenkataloges berücksichtigt werden können.

Inhaber einer Drittstaaten-Fahrerlaubnis

Auf die Probezeit werden in diesen Fällen 2 Zeiträume anerkannt. Zum einen der Vorbesitz im Ausland bis zur Wohnsitzbegründung in der BRD und daran anschließend der Berechtigungszeitraum nach § 29 Abs. 1 FeV von 6 Monaten. Schließt sich die Umschreibung der Fahrerlaubnis nicht direkt an den Fahrberechtigungszeitraum an, wird der Zeitraum in der in der BRD nach Wohnsitzbegründung keine Fahrberechtigung mehr bestanden hat nicht bei der Restprobezeitberechnung berücksichtigt. Auch in diesen Fällen können nur Verstöße für die Einleitung von Maßnahmen nach dem Maßnahmenkatalog nach Abs. 2 berücksichtigt werden, die nach der Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis entsprechend § 31 FeV erfolgten.

Im Falle des Ersterwerbes einer dt. Fahrerlaubnis bei gleichzeitigem Besitz einer ausl. Fahrerlaubnis sind die Regelungen des Vorbesitzes einer ausl. Fahrerlaubnis zu berücksichtigen (VG Hamburg, Beschl. vom 10.01.2008, 5 E 3721/07).

Probezeitverlängerung

Die Probezeit verlängert sich entsprechend Abs. 2a in den Fällen um weitere 2 Jahre in denen die Teilnahme an einem Aufbauseminar angeordnet wurde, die Fahrerlaubnis aufgrund eines Verstoßes in der Probezeit entzogen wurde oder wenn auf die Fahrerlaubnis verzichtet und im Neuerteilungsverfahren entsprechend Abs. 5 die Teilnahme an einem Aufbauseminar nachzuweisen ist. Diese Regelung gilt für alle Inhaber einer Fahrerlaubnis die den Probezeitregelungen unterliegen.

Probezeithemmung

Der Probezeithemmung entsprechend Abs. 1 S. 5 liegt der Gedanke zugrunde, dass sich Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe nur dann bewähren können, wenn sie legal am Straßenverkehr teilnehmen können. Diese Bewährung ist nicht möglich, wenn eine Beschlagnahme oder eine Sicherstellung des Führerscheins nach § 94 StPO, die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO. Die aufgeführten Zeiträume hemmen auch dann den Ablauf der Probezeit, wenn es in den betroffenen Verfahren nicht zu einer rechtskräftigen Entscheidung geführt hat. Werden die Maßnahmen aufgehoben und aus den Registern gelöscht, dann werden die Zeiträume trotzdem nicht auf die Probezeit angerechnet (Dauer, Straßenverkehrsrecht zu § 2a Rn. 6).

Eine Probezeithemmung ist dann nicht gegeben, wenn in den vorgenannten Verfahren eine Ausnahme für bestimmte Fahrzeuge angeordnet wurde. Dann besteht für den Fahrerlaubnisinhaber eine Bewährungsmöglichkeit (Kalus, Fahrerlaubnisrecht in der Praxis, Rn. 671).

Probezeitende-Restprobezeit

Die Probezeit endet regulär entweder durch Ablauf der regulären 2-Jahres- oder 4-Jahresfrist nach Verlängerung der Probezeit. § 2a Abs. 1 S. 6 regelt ebenso konsequent das Ende der Probezeit durch die Entziehung der Fahrerlaubnis oder durch den Verzicht. Durch einen Verzicht endet die Probezeit mit Ablauf des Tages, an dem die Verzichtserklärung der Verwaltungsbehörde zugeht.

Das vorzeitig vorzeitige Probezeitende führt nach Neuerteilung einer Fahrerlaubnis zur Erteilung einer Restprobezeit. Dabei wird die abgeleistete Probezeit von der 2- oder 4 Jahresfrist abgerechnet.

Auf die abgeleistete Probezeit werden sogenannte Ereignistage angerechnet. Damit soll vermieden werden, dass Bruchteile von Tagen für die Fristberechnung zu berücksichtigen sind (VG Osnabrück Beschl. vom 22.01.2003 – 2 B 75/02 – ausführliche Darlegung zur Berechnung der Probezeit). Entsprechend § 191 BGB wird bei der Berechnung der Restprobezeit ein Monat immer mit 30 Tagen gerechnet.

Das Stufensystem

Auslöser für das Ergreifen von Maßnahmen nach Abs. 2 ist eine schwerwiegende Tat (sog. A-Verstoß) oder zwei weniger schwerwiegende Taten (sog. B-Verstöße) in der Probezeit, unabhängig davon mit welchem Fahrzeug der Verkehrsverstoß begangen wurde (VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 29.11.2012 – 7 L 1359/12).

Katalog A: Was sind schwerwiegende Verkehrsverstöße?

In der StVO gibt es eine klare Regelung, welche Zuwiderhandlungen dem Katalog A zugehörig sind und von denen bereits ein Verstoß eines Fahranfängers zu Maßnahmen führt:

  • unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (Unfallflucht, unterlassene Hilfeleistung)
  • Nötigung (z.B. durch dichtes Auffahren auf der Autobahn mit Betätigen der Lichthupe)
  • gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr (z.B. durch illegale Autorennen)
  • Trunkenheit im Verkehr
  • Fahren unter Drogeneinfluss
  • fahrlässige Tötung oder Körperverletzung

Darüber hinaus handelt es sich auch bei den meisten Ordnungswidrigkeiten um A-Delikte, wie folgende Beispiele aus dem Bußgeldkatalog aufzeigen:

  • Gefährdung anderer durch Vorfahrtmissachtung oder Fehler beim Abbiegen
  • Missachtung des Rotlicht an einer Ampel
  • Geschwindigkeitsübertretungen von mehr als 20 km/h mit dem PKW oder um mehr als 15 km/h mit einem LKW
  • Überholen im Überholverbot,
  • zu geringer Sicherheitsabstand bei mehr als 80 km/h (weniger als halber Tachowert)
  • Verstöße gegen das Rechtsfahrgebot
  • Missachtung von Haltezeichen der Polizei
  • Falschverhalten an Zebrastreifen
  • Falschverhalten an Schulbussen

Katalog B: Was sind weniger schwerwiegende Verkehrsverstöße?

Zu den weniger schwerwiegenden Verkehrsverstößen, zu denen erst noch ein weiteres Delikt zu Maßnahmen der Probezeit führen, zählen u.a.:

  • Fahren mit abgefahrenen Reifen
  • ungesicherte Ladung
  • Gefährdung durch ein nicht vorschriftsmäßig abgesichertes liegengebliebenes Fahrzeug
  • Gefährdung oder Behinderung von Fußgängern/Radfahrern beim Abbiegen.
  • Mitnahme von Kinder ohne die vorgeschriebene Rückhalteeinrichtung (Kindersitz)
  • Parken auf Kraftstraßen und Autobahnen, wo keine Parkerlaubnis besteht
  • Termin zur HU (Hauptuntersuchung) überziehen um mehr als acht Monate
  • Telefonieren mit einem Handy ohne das Nutzen einer Freisprechanlage
  • Behinderung von Polizeibeamten, Feuerwehr und Notarztwagen

Im System der Fahrerlaubnis auf Probe wird eindeutig auf den Tattag abgehoben. Die Maßnahmen sind somit auch dann zu ergreifen, wenn die Rechtskraft erst nach Ablauf der Probezeit eintritt. Eintragungen einer Verkehrszuwiderhandlung n der Probezeit dürfen allerdings nur bis zur Tilgungsreife herangezogen werden (VGH Mannheim, Beschl. v. 05.02.2013 – 10 S 2292/12).

Die entsprechende Einstufung von Verkehrszuwiderhandlungen wurde in der Anlage 12 zu § 34 FeV vorgenommen. Zuwiderhandlungen vor der Erteilung der Fahrerlaubnis auf Probe dürfen nicht in das Punktesystem einbezogen werden. Nicht entscheidend ist die Eintragung im Verkehrszentralregister, wenn die Zuwiderhandlung der Verwaltungsbehörde auf anderem Wege bekannt wurde (Kalus, Fahrerlaubnisrecht in der Praxis, Rn. 689).

Grundsätzlich ist die Verwaltungsbehörde entsprechend Abs. 2 S. 2 an die rechtskräftigen und eintragungspflichtigen Entscheidungen gebunden (VG Köln Beschl. vom 08.07.2010 – 11 L 805/10). Das schließt allerdings nicht aus, dass in begründeten Einzelfällen Einlassungen zu berücksichtigen sind (OVG Münster, Beschl. vom 13.02.2007 – 16 B 2692/06), bzw. schwerwiegende, offenkundige Bedenken gegen einen Bußgeldbescheid bestehen (VG Neustadt, Beschl. v. 28.09.2012 – 1 L 738/12; VGH München Beschl. v. 27.04.2012 – 11 CE 12.583). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass ein schwerwiegender Verstoß nur dann als Anordnungsgrundlag dienen kann, wenn er isoliert für sich und nicht nur wegen tateinheitlichem Hinzutreten eines weiteren Verstoßes eintragungspflichtig wird (VG Karlsruhe, Beschl. v. 23.11.2011 – 9 K 2511/11).

Eine Straftat im Ausland kann keine Maßnahme auslösen, da diese entsprechend § 28 Abs. 2 Nr. 10 ins Verkehrszentralregister eingetragen wird. Abs. 2 hebt aber nur auf Eintragungen nach § 28 Abs. 3 Nr. 1–3 ab (Kalus, Fahrerlaubnisrecht in der Praxis Rn. 713).

Das Ergreifen der Maßnahmen ist zwingend und sollte per Postzustellungsurkunde erfolgt sein, da alle Maßnahmen Rechtsfolgen nach sich ziehen.

Um die entsprechenden Maßnahmen ergreifen zu können, teilt das Kraftfahrt-Bundesamt den Fahrerlaubnisbehörden entsprechende Eintragungen im Verkehrszentralregister mit (siehe hierzu Erl. zu § 2c StVG).

Die Maßnahmen im Stufensystem:

ANORDNUNG AUFBAUSEMINAR

Im Falle des ersten Verstoßes in der Probezeit ist im Regelfall ein allg. Aufbauseminar schriftlich anzuordnen. Dies gilt auch bei »Begleiteten Fahren ab 17 Jahre«, da es sich um eine vollwertige Fahrerlaubnis auf Probe handelt (VG Göttingen, Urteil vom 03.04.2013 – 1 A 92/11). Die Anordnungsgrundlage entfällt auch nicht, wenn zwischen dem Delikt und der Anordnung ein längerer Zeitraum verstrichen ist (VG Würzburg, Beschl. vom 22. November 2012 – W 6 S 12.924). Die Anordnung ist dem Kursleiter entsprechend § 34 Abs. 2 S. 2 FeV vorzulegen, damit dieser entscheiden kann ob sich der Betroffene bei ihm für das richtige Seminar anmelden will.

Handelt es sich bei dem ersten Verstoß um einen Fahrt unter Alkohol oder Drogen, ist ein besonderes Aufbauseminar anzuordnen (siehe hierzu Erl. zu §§ 35 und 36 FeV). Führte der Verstoß zeitgleich zu einem Entzug der Fahrerlaubnis, ist die Teilnahme an diesen Aufbauseminaren entsprechend Abs. 5 Satz 1 innerhalb des Neuerteilungsverfahrens nachzuweisen, auch dann wenn zwischenzeitlich ein Eignungsnachweis durch eine med.-psych. Begutachtung stattgefunden hat.

Wird das Aufbauseminar nicht in der zu setzenden Frist absolviert, ist die Fahrerlaubnis entsprechend Abs. 3 zu entziehen. Widerspruch und Anfechtungsklage haben in diesem Fällen entsprechend Abs. 6 keine aufschiebende Wirkung.

VERWARNUNG

Erfolgt ein weiterer A- oder 2 weitere B-Verstöße nach dem Besuch des Aufbauseminars ist der Fahrerlaubnisinhaber schriftlich zu verwarnen und ihm nahe zu legen innerhalb von 2 Monaten an einer verkehrspsychologischen Beratung (siehe hierzu Erl. zu § 38 FeV) teilzunehmen. Entscheidend ist die Tatsache, dass die neue(n) Tat(en) nach dem Aufbauseminar erfolgt sein müssen. Die Änderung der ursprünglichen Regelung durch das Änderungsgesetz vom 24.04.1998 die erneute Befähigungsprüfung durch eine Beratungsempfehlung zu ersetzen trägt der Erkenntnis Rechnung, dass es sich bei den Defiziten der Fahrerlaubnisinhaber nicht um Befähigungs- sondern um Einstellungsmängel handelt (Dauer, Straßenverkehrsrecht zu § 2a Rn. 13).

In der 2-Monatsfrist ist der Fahrerlaubnisinhaber von den Regelungen der Fahrerlaubnis auf Probe ausgenommen. Die 2-Monatsfrist beginnt mit Zustellung der Verwarnung bei dem Betroffenen.

ENTZUG DER FAHRERLAUBNIS

Die Fahrerlaubnis ist zu entziehen, wenn der Fahrerlaubnisinhaber auf Probe in der Probezeit einen weiteren Verstoß nach Ablauf der 2-Monatsfrist begeht. Hiervon kann die Verwaltungsbehörde auch dann nicht abweichen, wenn ein Betroffener beruflich auf seine Fahrerlaubnis angewiesen ist, oder seine Existenz bedroht ist (VG Gelsenkirchen, Beschl. vom 14.03.2013 – 7 L 228/13).

Eine Neuerteilung ist entsprechend Abs. 5 S. 3 erst nach 3 Monaten (Sperrfrist) gerechnet ab Abgabe des Führerscheins möglich. Im Falle eines Führerschein-Verlustes ist das Abgabetermin einer Versicherung an Eides statt zugrunde zu legen.

Neuerteilungsverfahren

Die grundlegende Aussage gemäß Abs. 5 im Zusammenhang mit einem Entzug der Fahrerlaubnis in der Probezeit ist die Nichtanwendbarkeit des Maßnahmenkataloges nach Abs. 2. Ausnahme hierbei der Entzug wegen einem nicht oder nicht fristgemäß absolvierten Aufbauseminar. In allen anderen Fällen soll im Regelfall die Anordnung einer med.-psych. Begutachtung erfolgen, sobald erneut ein schwerwiegender oder zwei weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen begangen wurde (Zur Regelfalldefinition siehe VG Cottbus, Beschl. v. 06.10.2009 – 3 L 342/08).

Hierbei ist darauf zu achten, dass § 3 Abs. 3 auch Entzüge aufgrund körperlicher oder geistiger Mängel bzw. aufgrund mangelnder Befähigung abdeckt. Darunter fallen ggf. auch Entzüge aufgrund von Drogenkonsum. Diese Entzüge finden hier jedoch keine Anwendung, da es sich in der Formulierung des Abs. 5 eindeutig um erneute Zuwiderhandlungen handelt.

Strittig auch die Frage ob jede erneute Zuwiderhandlung nach einem Entzug, der eine Eignungsüberprüfung durch ein med.-psych. Gutachten nach sich gezogen hat, zu einer weiteren Eignungsüberprüfung führen soll. Dem muss vom Sinn der Regelung widersprochen werden. Wenn die Entziehung der Fahrerlaubnis z. B. auf einem Drogen oder Alkoholdelikt beruhte, dann stellt sich die Frage ob ein Verstoß z. B. gegen eine Geschwindigkeitsbestimmung automatisch zu einer weiteren Eignungsüberprüfung führen muss (ausführlich Kalus, Fahrerlaubnisrecht in der Praxis Rn. 713 ff.).

Eignungsüberprüfung

Die Eignungsüberprüfung in der Probezeit entsprechend Abs. 4 setzt entweder bereits verfestigte ungünstige Gewohnheiten im Zusammenhang mit der Befolgung von Regeln voraus oder es besteht eine generelle oft jugendtypische Ablehnung der Einschränkung von persönlichen Freiräumen durch allgemein gültige Regeln und die damit fehlende Bereitschaft zu verantwortlichem Verhalten voraus.

Grundsätzlich sind die Regelungen der Fahrerlaubnis auf Probe, das Punktesystem und die Eignungsüberprüfung nach §§ 11–14nebeneinander anwendbar (VG München, Beschl. v. 06.02.2013 – M 6a S 12.6162). Sieht die Verwaltungsbehörde die Notwendigkeit neben den allgemeingültigen Regelungen der Eignungsüberprüfung nach den § 11–14 FeV bzw. des Punktesystems eine Eignungsüberprüfung einzuleiten, muss sie dies eindeutig in der Anordnung mit Angabe der spezifischen Fragestellung darlegen. Dies kann zum Beispiel eine Häufung von erheblichen Geschwindigkeitsverstößen sein (VGH München, Beschl. vom 14.02.2006 – 11 CS 05.1504) (ausführlich Kalus, Fahrerlaubnisrecht in der Praxis Rn. 728 ff.).