Das Landgericht Itzehoe kommt in seinem Urteil vom 22.01.2015 – 10 O 87/14 – zu dem Ergebnis, dass der Geschädigte, der von drei Restwertangeboten das höchste realisiert, dem Wirtschaftlichkeitspostulat genüge getan und somit nicht gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen hat. Er kann nicht auf einen spezialisierten Restwertmarkt verwiesen werden. Das Restwertangebot, auf das sich die gegnerische Haftpflichtversicherung stützt, stammt weder von einem örtlichen Anbieter, noch wurde es rechtzeitig dem Geschädigten übermittelt. Dass der Geschädigte Grund gehabt hätte, der Wertschätzung des Sachverständigenbüros zu misstrauen oder dass es sich gar um Gefälligkeitsangaben handelte, ist nicht ersichtlich. Dass der Geschädigte einen Preisnachlass beim Erwerb des Neufahrzeuges vom Ankäufer des Unfallautos erhalten hat, spricht per se nicht für diese Vermutung, zumal der Geschädigte den ihm gewährten Rabatt auch nachvollziehbar erläutern konnte. Der Umstand, dass der Geschädigte den Pkw beim Vertragshändler verkauft hat, bei dem er später sein neues Auto erwarb, ist nicht zu beanstanden und lässt nicht automatisch auf Absprachen oder ein falsches Gutachten schließen. Es ist nicht gerechtfertigt, einen Generalverdacht gegen solche Wettbewerber auszusprechen, die versuchen, ihre Kunden durch gute Angebote zu binden. Es kann dem Geschädigten auch nicht zugemutet werden, mit der Veräußerung so lange zu warten, bis sich die Haftpflichtversicherung des Schädigers mit einem passenden Angebot bei ihm meldet.
Bei dem Verkehrsunfall des vorsteuerabzugsberechtigten Geschädigten wurde auch eine Wildwanne beschädigt. Da die Wildwanne nicht der beruflichen und geschäftlichen Tätigkeit des Geschädigten zuzuordnen ist, ist dieser insoweit berechtigt, die Mehrwertsteuer erstattet zu bekommen.

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Das Amtsgericht Berlin-Mitte hat durch Urteil vom 26.01.2015 – Az.: 115 C 3092/14 – entschieden, dass der Geschädigte von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur Unfallgeschädigten – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann. Ausgangspunkt bildet dabei der marktübliche Normaltarif. Diesen Normaltarif schätzt das Amtsgericht Berlin-Mitte gemäß § 287 ZPO in Anlehnung an die Schwacke-Liste 2013. Das Gericht teilt die gegen die Anwendbarkeit des Schwacke-Automietpreisspiegels erhobenen Bedenken nicht. Der Mietpreisspiegel des Fraunhofer Instituts kann als Schätzgrundlage herangezogen werden, muss es aber keinesfalls. Die Winterreifen dürfen gesondert berechnet werden. Nach ständiger Rechtsprechung darf auch eine Vollkaskoversicherung ohne Selbstbeteiligung abgeschlossen werden. Kosten für eine Zusatzfahrerberechtigung sind grundsätzlich zu erstatten, soweit dargelegt ist, dass eine weitere Person das Fahrzeug nutzt, was sich im vorliegenden Fall aus dem Mietvertrag ergab. Ebenso ist die Zustellung/Abholung des Fahrzeugs vereinbart worden.
Auch ein Anspruch auf Ersatz des merkantilen Minderwerts war, obwohl das Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt 5,5 Jahre alt war und eine Laufleistung von 95.065 km aufwies, gegeben. Bei Schwacke werden Gebrauchtfahrzeuge bis zu 12 Jahren notiert. Aufgrund des technischen Fortschritts können heutzutage Fahrzeuge unproblematisch bis über 200.000 km gefahren werden. Ferner war zu berücksichtigen, dass der Sachverständige dem Fahrzeug einen guten Pflege- und Erhaltungszustand bescheinigt hat.

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Auch das Amtsgericht Erding kommt in seinem Urteil vom 20.01.2015 – Az.: 3 C 2394/14 – zu dem Ergebnis, dass die Sachverständigenkosten, die sich im Rahmen der für die Erstellung von solchen Gutachten üblichen Vergütung bewegen, zu erstatten sind. Die Üblichkeit kann sich dabei innerhalb einer bestimmten Bandbreite bewegen, wobei die BVSK-Honorartabelle im Rahmen von § 287 ZPO Maßstab der Üblichkeit sein kann. Im vorliegenden Fall lagen das geforderte Grundhonorar und die Nebenkosten innerhalb des Honorarkorridors HB V.

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Das Amtsgericht Oldenburg vertritt in seinem Urteil vom 30. Dezember 2014 – Az: 7 C 7205/13 (x) – die Auffassung, dass Sachverständigenkosten vollumfänglich zu erstatten sind, sofern der Schädiger nicht konkrete Umstände darlegt, aus denen sich für den Geschädigten hätte ergeben können, dass das Sachverständigenhonorar erkennbar die in der Branche üblichen Preise übersteigt. Anhaltspunkte für ein Auswahlverschulden des Geschädigten oder eine Mangelhaftigkeit des Gutachtens sind nicht allein aufgrund der Abweichung der in dem Gutachten kalkulierten Reparaturkosten von denjenigen Reparaturkosten, die der beauftragte Sachverständige des Schädigers kalkuliert hat, gegeben. Im Rahmen der Schadenskalkulation ist zu berücksichtigen, dass es häufig mehrere vertretbare Wege zur Instandsetzung gibt.
Das AG Oldenburg folgt in seinem Urteil der Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf (Urteil vom 29.05.2008 – Az.: 21 S 142/07), wonach der Haftpflichtversicherung ein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Sachverständigen nach §§ 634 Nr. 4, 280 BGB in Verbindung mit den Grundsätzen über den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zustehen kann. Der zum Zweck der Regulierung eines Schadens mit einem Sachverständigen geschlossene Vertrag ist nach gefestigter Rechtsprechung und einhelliger Meinung in der Literatur ein Werkvertrag mit Schutzwirkung zugunsten der regulierenden Haftpflichtversicherung.
Der Klageforderung steht nicht entgegen, dass der Geschädigte zugleich an dem Kfz-Meisterbetrieb beteiligt ist, in dem die Reparaturkosten berechnet wurden, denn die Regulierung erfolgte auf fiktiver Basis und nicht anhand der in dieser Werkstatt berechneten Reparaturkosten.

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Das Amtsgericht Hamburg-Bergedorf hat durch Urteil vom 6. Januar 2015 – Az: 410 d C 86/13 – entschieden, dass Sachverständigenkosten dann zu erstatten sind, wenn sie nicht für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegen. Das AG Hamburg-Bergedorf hält den HB V-Korridor der BVSK-Honorarbefragung insoweit für eine geeignete Vergleichsgrundlage. Unter Heranziehung dieses Korridors erweist sich im vorliegenden Fall die Sachverständigenrechnung bei Vornahme einer Gesamtbetrachtung nicht als erkennbar überhöht. So liegt zwar das Grundhonorar über dem maximalen Korridorwert. Jedoch liegen weitere Positionen, wie die Pauschale für Nebenkosten/Porto/Telefon, die Kosten für ein Foto, die Fahrtkosten und die Schreibgebühr unter den Korridorwerten. Eine erkennbare Überhöhung kann deswegen nicht angenommen werden, die geringeren Nebenkosten gleichen (bei Vornahme einer Vergleichsberechnung) das über den Korridorwerten liegende Grundhonorar aus.

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Das Amtsgericht Hannover kommt in seinem Urteil vom 09.01.2015 – 556 C 12061/14 – zu dem Ergebnis, dass in Verkehrsunfallsachen regelmäßig auch die Kosten, die durch die Anforderung der Bußgeldakte entstehen, zu erstatten sind. Die Einsichtnahme in die Bußgeldakte ist regelmäßig Voraussetzung für eine umfassende rechtliche Bewertung des Verkehrsunfallgeschehens durch den Rechtsanwalt mit dem Ziel, Schadensersatzansprüche des Geschädigten zügig geltend machen zu können. Die Kosten für die Anforderung der polizeilichen Ermittlungsakte gehören zu den Kosten der Rechtverfolgung. Die Kosten zur Einholung einer Ermittlungsakte sind auch dann zu ersetzen, wenn die Haftung des Schädigers dem Grunde nach bereits am Unfalltag eindeutig gewesen ist und aus Sicht der beklagten gegnerischen Haftpflichtversicherung auch zu keinem Zeitpunkt im Streit gestanden hat, jedoch dem Schädiger gegenüber keine ausdrückliche Haftungsbestätigung abgegeben wurde.

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Das OLG Celle vertritt in seinem Urteil vom 10. Dezember 2014 – 14 U 139/14 – die Auffassung, dass derjenige, der sein Fahrzeug auf einer Straße wendet, sich so verhalten muss, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Kommt es im Rahmen eines Wendemanövers zu einem Verkehrsunfall, spricht gegen den Wendenden der erste Anschein, dass er diesen Anforderungen nicht genügt hat. Es ist insoweit unerheblich, dass sich die Kollision auf der Gegenfahrbahn ereignet und der Zusammenstoß vermieden worden wäre, wenn der Fahrer des nachfolgenden LKW auf seiner Spur geradeaus weitergefahren wäre. Durch die besonderen Sorgfaltsanforderungen gemäß § 9 Abs. 5 StVO bei Wendemanövern soll der nachfolgende Verkehr auch davor geschützt werden, dass er in Folge eines unerwarteten Wendens zu einer objektiv falschen Ausweichreaktion veranlasst wird. Dies soll durch das Gebot, das beabsichtigte Fahrmanöver ausreichend rechtzeitig anzukündigen, sodass sich der nachfolgende Verkehr darauf sachgerecht einstellen kann und dadurch objektiv ungeeignete Ausweichfahrbewegungen vermieden werden, gewährleistet werden. Die falsche Reaktion eines Verkehrsteilnehmers begründet dann kein Verschulden, wenn er in einer ohne sein Verschulden eingetretenen, für ihn nicht voraussehbaren Gefahrenlage keine Zeit zu ruhiger Überlegung hat und deshalb nicht das Richtige und Sachgemäße unternimmt, um den Unfall zu verhüten, sondern aus verständlicher Bestürzung objektiv falsch reagiert. Im vorliegenden Fall ging das OLG Celle von einem Mitverschulden des Fahrers des nachfolgenden LKW aus, da dieser sein Fahrzeug unter Verstoß gegen die Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 4 StVO nicht lediglich so schnell geführt hat, dass er innerhalb der überschaubaren Wegstrecke anhalten konnte. Das OLG Celle hat deswegen eine Mithaftung von 1/3 angenommen.

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Nach dem Urteil des Amtsgericht Hamburg-Wandsbek vom 02.12.2014 – Az: 716 bC 151/14 – ist der Geschädigte unmittelbar nach Erhalt des Sachverständigengutachtens berechtigt, das Fahrzeug zu dem dort ausgewiesenen Restpreis zu veräußern. Eine vorherige Abstimmung mit der Haftpflichtversicherung des Schädigers ist nicht erforderlich. Der Sachverständige ermittelte den Restwert im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung, denn er hatte im regionalen Markt drei Angebote eingeholt. Hätte der Geschädigte bis zu einer Überprüfung durch die gegnerische Haftpflichtversicherung warten müssen, würde die ihm nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zustehende Ersetzungsbefugnis unterlaufen. Die Aufforderung der gegnerischen Haftpflichtversicherung, der Geschädigte solle die Veräußerung des verunfallten Pkw zurückstellen, bis sie den Restwert überprüft habe, ging ins Leere.
Den Geschädigten trifft auch kein Mitverschulden i. S. d. § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB, da er das höhere Restwertangebot erst erhielt, nachdem er den Kaufvertrag bereits abgeschlossen hatte. Es kann offenbleiben, wann der Kaufpreis bezahlt und das Fahrzeug übergeben und übereignet wurde, da allein auf das Verpflichtungsgeschäft und nicht auf das Erfüllungsgeschäft abzustellen ist.

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Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht, RAuN Jörg Elsner, hat in einem Schreiben an die R+V Versicherung deutlich gemacht, dass die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht den von der R+V Versicherung an Mandanten verschickten Fragebogen für nicht akzeptabel hält. Die R+V Versicherung hat nunmehr geantwortet, dass sie ihren Fragebogen zu den Umständen der Anwaltsbeauftragung nicht mehr verwenden wird, da dieser in seiner bisherigen Form zu Missverständnissen führen könne. Sie hat angekündigt, ihren Fragebogen zu überarbeiten. Das Schreiben der R+V Versicherung vom 9. Januar 2015 finden Sie hier:

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Das AG Hamburg vertritt in seinem Urteil vom 20.11.2014 – Az: 50 aC 220/12 – die Auffassung, dass sich der Geschädigte im Falle einer fiktiven Reparatur dann nicht auf die günstigeren Stundenverrechnungssätze einer Werkstatt verweisen lassen muss, wenn die Werkstatt nahezu ausschließlich für Versicherungen tätig wird, oder – abhängig von der konkreten vertraglichen Ausgestaltung – eine dauerhafte vertragliche Verbindung besteht. Die Ersetzungsbefugnis des Geschädigten soll diesen davon befreien, die Schadensbeseitigung dem Schädiger zu überlassen. Er soll sich nicht faktisch in die Hände des Schädigers begeben müssen. Bei einer dauerhaften vertraglichen Verbindung zwischen Werkstatt und Versicherung ist die konkrete Ausgestaltung der Kooperation entscheidend, insbesondere ob und in welchem Umfang die Preiskalkulation der Werkstatt beeinflusst ist und ob durch den Umfang der Zusammenarbeit eine Interessenkollision zu befürchten ist. Diese Beurteilung ist wiederum abhängig von der Kenntnis eines etwaigen versicherungsseits zugesagten Auftragsvolumens im Verhältnis zu der Anzahl der übrigen Aufträge der Werkstatt. Ob die Werkstatt nur im Bereich der Abwicklung von Kaskoschadensfällen mit der Versicherung kooperiert, ist demgegenüber nicht allein entscheidend.

Das AG Hamburg schließt sich mit diesen Ausführungen der Auffassung des LG Hamburg und des Hanseatischen Oberlandesgerichts an.

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