Wer falsch parkt mit einem Carsharing-Auto, wird sich über die Kosten wundern: Denn es werden nicht nur die Gebühren für das Falschparken oder sogar Abschleppen an den Fahrer weitergereicht.

Vielmehr lassen sich die Carsharing-Unternehmen auch die Ermittlung der Fahrenden und die Weitergabe der Personalien an die Bußgeldstelle bezahlen. Mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Nutzungsvereinbarungen wird in der Regel eine entsprechende Strafzahlung oder Verwaltungspauschale vereinbart. So lassen sich die Unternehmen den Personalaufwand mit den Bearbeitungsgebühren bei Verkehrsvergehen oder Straftaten ausgleichen.

Da die staatliche Förderung von Carsharing sich auch in der Zahl der Parkplätze bzw. Ladestationen wiederfindet, sollten allmählich auch mehr Parkflächen zur Verfügung stehen. Auch sollte sich der neue Bußgeldkatalog für die Carsharing-Fahrzeuge positiv auswirken: Denn seit Inkrafttreten am 1.2. 2022 werden 55 € fällig, sofern jemand einen Carsharing-Parkplatz unberechtigt belegt.

Ansonsten gilt wie für alle anderen auch: Wer so parkt, dass andere behindert werden, muss – neben € 70 Bußgeld – sogar mit einem Punkt in Flensburg rechnen. Auch das Halten in „zweiter Reihe“ wird drastischer bestraft: Hierfür gibt es ein Bußgeld von 55 €, kommt eine Behinderung dazu, werden 70 € fällig und ein Punkt eingetragen. Das Knöllchen wird noch teurer mit Gefährdung (80 €) und Sachbeschädigung (100 €) – jeweils mit einem Punkt in Flensburg. So kann man durch Falschparken schnell viele Punkte sammeln – die schon bei Erreichen von 8 Punkten zum Fahrerlaubnisentzug führen!

Strafzettel kann man mit dem Carsharing-Auto auch bekommen, wenn man unberechtigt auf Schwerbehindertenparkplätzen oder auf einem Parkplatz für elektrisch betriebene Fahrzeuge parkt (jeweils 55 €!). Zudem muss damit gerechnet werden, dass beim Falschparken die Fahrzeuge unter Umständen auch abgeschleppt werden, die Kosten sind dann um ein Vielfaches höher! Für Benutzer von Carsharing-Fahrzeugen ist sicherlich die teuerste Variante, wenn das Carsharing-Unternehmen selbst tätig werden muss, um das Fahrzeug abzuholen.

Die vermeintlich günstige Fahrt mit einem Carsharing-Auto kann so ungeahnt zu einem teuren Vergnügen werden, wenn die Regeln des Parkens nicht eingehalten werden. Wer die kostengünstige Carsharing-Variante wählt, sollte sich besser an alle Parkverbote halten und nach einem geeigneten Parkplatz Ausschau halten!

Mitführen veralteter schriftlicher Weisungen bei Gefahrguttransport

Das OLG Oldenburg hat in seinem Beschluss vom 12.10.2020 – 2 Ss (OWi) 231/20 – eine Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des AG Wildeshausen zugelassen. Das AG Wildeshausen hatte den Führer eines LKW mit Anhänger, der Gefahrgut transportierte, deswegen zu einer Geldbuße verurteilt, weil er während der Beförderung die schriftliche Weisung nicht in der aktuellsten Fassung mitführte. Auf Verlangen konnte lediglich eine veraltete schriftliche Weisung vorgelegt werden. Der Fahrzeugführer hat nicht gegen die Verpflichtung, vollständige Weisungen mitzuführen und auszuhändigen, verstoßen. Das AG überspannt die Anforderungen an den Fahrzeugführer, indem es die Verurteilung lediglich darauf stützt, dass der Betroffene eine veraltete Version der Weisungen vorgelegt hat und dieses hätte auch erkennen können. Es ist nicht Aufgabe des Fahrzeugführers, die inhaltliche Richtigkeit der ihm übergebenen Beförderungspapiere zu prüfen. Zwar dürfte ein Fahrzeugführer fahrlässig handeln, wenn er schon ohne detaillierte Prüfung hätte feststellen können, dass die von ihm mitgeführten Weisungen nicht mehr der aktuellen Fassung entsprechen. Dies war aber im vorliegenden Fall ersichtlich nicht der Fall. Eine einfache Erkennbarkeit war nicht gegeben, vielmehr hätte es eines inhaltlichen Abgleichs bedurft. Es würde eine Überspannung der Anforderungen an die Sorgfaltspflicht darstellen, wollte man vom Fahrzeugführer verlangen, die ihm vom Verlader oder Beförderer zu Verfügung gestellten Unterlagen durch einen derartigen Abgleich auf ihre Aktualität zu überprüfen.

Standardisiertes Messverfahren: Anspruch auf Übersendung der vollständigen Falldatei des Messgeräts samt Token und Passwort

Das Amtsgericht Buxtehude hat durch Beschluss vom 11.5.2020 – 21 OWi 53/20 – entschieden, dass der Verteidigung in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren die vollständige Falldatei des Messgeräts samt Token und Passwort zur Verfügung zu stellen ist. Die Verweigerung der Herausgabe dieser Dateien würde das Recht des Betroffenen auf rechtliches Gehör verletzen. Bei der vorliegenden Messung handelt es sich um ein standardisiertes Messverfahren, sodass der Betroffene zur Verteidigung konkrete Einwendungen gegen die Messung vorzubringen hat. Gerade im Fall eines sog. standardisierten Messverfahrens ergibt sich aus dem Recht auf ein faires Verfahren ein Anspruch des Betroffenen auf Einsicht in vorhandene, sich nicht bei den Akten befindliche Messdaten und zwar unabhängig davon, ob konkrete Anhaltspunkte für einen Messfehler vorliegen oder vorgetragen worden sind. Einer solchen Datenherausgabe stehen bei der Herausgabe an die Verteidigung auch eventuelle datenschutzrechtliche Bedenken nicht entgegen. Es ist nicht ersichtlich, welche unzulässigen Informationen oder Schlussfolgerungen aus den Daten gezogen werden sollten. Die Verteidigerin ist zudem selbst Organ der Rechtspflege und damit zu einem sachgemäßen Umgang standesrechtlich verpflichtet.

Ansatz der Mittelgebühr bei einem Bußgeld von 135 € samt Eintragung eines Punkts

Das Amtsgericht München kommt in seinem Urteil vom 02.12.2019 – Az.: 213 C 16136/19 zu dem Ergebnis, dass bei straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren grundsätzlich der Ansatz der Mittelgebühr als Ausgangspunkt gerechtfertigt ist. Dies gilt auch dann, wenn lediglich ein Bußgeld von 135 € (samt Eintrag eines Punktes) Gegenstand des Bußgeldbescheides war. Die drohende Rechtsfolge entspricht durchaus dem Durchschnitt bei Verkehrsordnungswidrigkeiten.

Völliges Übersehen der Ampel: kein Augenblicksversagen, keine leichte Fahrlässigkeit

Das Kammergericht Berlin kommt in seinem Beschluss vom 20. Juni 2019 – 3 Ws (B) 208/19 zu dem Ergebnis, dass es sich jedem Verkehrsteilnehmer erschließt, dass die Verkehrssituation an einer komplexen und gefährlichen Kreuzung an der sich zwei Magistralen mit teilweise vier Fahrstreifen pro Richtung treffen, die volle Aufmerksamkeit erfordert. Ein vollständiges Übersehen der gesamten für den Linksabbiegerverkehr geltenden Ampelanlage ist vor diesem Hintergrund mit einfacher Fahrlässigkeit oder einem Augenblicksversagen nicht in Einklang zu bringen, zumal eine über alle Fahrstreifen verlaufende Haltlinie den Betroffenen zusätzlich auf das Vorhandensein des Ampelregisters hinwies. Dass der Betroffene bei grünem Ampellicht zuvor in einen Kreuzungsabschnitt berechtigt eingefahren war, gibt zu keiner anderen Bewertung Anlass.

Anforderungen an eine Nachfahrmessung zur Nachtzeit

Das OLG Oldenburg hat durch Beschluss vom 20.03.2019 – 2 Ss (OWi) 70/19 entschieden, dass es bei einer Nachfahrmessung zur Nachtzeit aufgrund der in der Regel schlechten Sichtverhältnisse grundsätzlich näherer Feststellungen dazu bedarf, wie die Beleuchtungsverhältnisse waren, ob der Abstand zu dem vorausfahrenden Fahrzeug durch Scheinwerfer des nachfahrenden Fahrzeugs oder durch andere Lichtquellen aufgehellt war und damit ausreichend sicher erfasst und geschätzt werden konnte, ob für die Schätzung des gleichbleibenden Abstands zum vorausfahrenden Fahrzeug ausreichende und trotz Dunkelheit zu erkennende Orientierungspunkte vorhanden waren.

Im angefochtenen Urteil sind Feststellungen zu den Beleuchtungsverhältnissen nicht getroffen worden. Der Senat hält zumindest bei einem Abstand von 150 Metern weitergehende Darlegungen dazu für erforderlich, wie es den Polizeibeamten möglich gewesen ist festzustellen, dass der Abstand gleich geblieben ist.

Der Senat konnte aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 27.10.2015 nicht – wie in der Vergangenheit – von der Zulassung der Rechtsbeschwerde absehen und es mit einem Hinweis auf die entgegenstehende Rechtsprechung bewenden lassen. Er hat das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Parallelvollstreckung von zwei Fahrverboten ohne Schonfrist

Das Amtsgericht Vechta kommt in seinem Beschluss vom 14.09.2017 – Az.: 93 OWi 515/17 – zu dem Ergebnis, dass dann, wenn zwei Fahrverbote ohne Schonfrist im Sinne des § 25 Abs. 2 a StVG ergehen, eine Parallelvollstreckung beider Fahrverboten möglich ist. Grundsätzlich gilt, dass die Vollstreckung mehrerer Fahrverbote, d. h. die Berechnung ihrer jeweiligen Dauer, angesichts der Regelung des § 25 Abs. 2 getrennt nebeneinander erfolgt, jeweils ab Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung. Etwas anderes gilt nach § 25 Abs. 2 a Satz 2 StVG nur für den Fall, dass ein oder beide Fahrverbote mit Schonfrist angeordnet waren. Nur für den Fall, dass ein Hinausschieben der Wirksamkeit eines oder beider Fahrverbote überhaupt möglich ist, ist die additive Vollstreckung gesetzlich vorgesehen. Dies gilt auch, wenn der Betroffene durch seine geschickte zeitgleiche Einspruchsrücknahme beide Fahrverbote parallel rechtskräftig werden lässt.

Standardisiertes Messverfahren (ESO 3.0): Welche Unterlagen müssen übermittelt werden?

Das LG Trier hat in seinem Beschluss vom 14. September 2017 – Az.: 1 Qs 46/17 – entschieden, dass der Verteidigerin die digitalen Falldatensätze inklusive unverschlüsselter Rohmessdaten der gesamten Messserie, die Statistikdatei zur Messserie, die Wartungs- und Instandsetzungsnachweise des Messgeräts seit der letzten Eichung sowie die Eichnachweise seit der ersten Inbetriebnahme auf einem von ihr bereitgestellten Speichermedium zur Verfügung zu stellen sind. Auch der bereits auf CD vorliegende „Public Key“ des Messgeräts ist der Verteidigerin im Wege der Akteneinsicht zur Verfügung zu stellen. Nach Auffassung des LG Trier ist den Betroffenen zur Vermeidung eines später nicht mehr zu beseitigenden rechtswidrigen Zustands die Überprüfung im Wege des Beschwerdeverfahrens zu ermöglichen. Die Beschwerde ist auch begründet, da der Grundsatz der Verfahrensfairness und das hieraus folgende Gebot der Waffengleichheit erfordern, dass sowohl die Verfolgungsbehörde wie auch die Verteidigung in gleicher Weise Teilnahme-, Informations- und Äußerungsrechte wahrnehmen kann. An der dadurch garantierten „Parität des Wissens“ fehlt es jedoch, wenn die Bußgeldbehörde, nicht aber der Betroffene, Zugang zu den für die Beurteilung des Messwerts relevanten Unterlagen hat. Zutreffend ist, dass die Verwaltungsbehörde nicht verpflichtet ist, eine sog. Lebensakte für das hier zum Einsatz gekommene Messgerät zu führen. Die Verwaltungsbehörde hat jedoch Nachweise über erfolgte Wartungen, Reparaturen und sonstige Eingriffe am Messgerät aufzubewahren. Werden dem Betroffenen solche Unterlagen nicht zugänglich gemacht, hat er keine Möglichkeit, konkrete Anhaltspunkte für eine der Gültigkeit der Eichung entgegenstehende Reparatur oder einen sonstigen Eingriff in das Messgerät aufzufinden.

Datenschutzrechtliche Bedenken bestehen insoweit nicht. Zwar sind bei Zurverfügungstellung der gesamten Messreihe auch die Persönlichkeitsrechte anderer Verkehrsteilnehmer betroffen. Dieser Eingriff ist jedoch hinzunehmen. Der Anspruch auf ein faires Verfahren ist insoweit höherrangig, zumal es sich um einen relativ geringfügigen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte Dritter handelt. Ein Anspruch auf Übermittlung des aktuellen Eichscheins sowie der früheren Eichscheine seit der ersten Inbetriebnahme besteht deswegen, weil sich aus der Häufigkeit der Eichung, insbesondere vor Ablauf der Eichfrist, möglicherweise Rückschlüsse auf die Zuverlässigkeit des Messgeräts ergeben können. Auch der sog. Public Key des Messgeräts muss zur Verfügung gestellt werden, denn durch einen Vergleich des von dem Messgerät genutzten Public Key mit dem in der Messdatei abgespeicherten Public Key lässt sich überprüfen, ob die Messdatei tatsächlich von dem Messgerät hergestellt und nicht manipuliert wurde. Auch die Statistikdatei zur Messserie ist der Betroffenen zur Verfügung zu stellen. Nur wenn alle Messdateien der kompletten Messserie zur Auswertung vorliegen, kann die Messbeständigkeit des Messgeräts bzw. der Messanlage und damit die Gültigkeit der Eichung nachgewiesen werden.

Abweichungen oberhalb der Verkehrsfehlergrenze bei Messung mit dem Lasergerät PoliScan Speed PS

Das AG Mannheim kommt in seinem Beschluss vom 29.11.2016 – Aktenzeichen: 21 OWi 509 JS 35740/15 – aufgrund einer Beweisaufnahme zu dem Ergebnis, dass es bei Durchführung der Messung mit dem Lasergerät PoliScan Speed PS Abweichungen oberhalb der Verkehrsfehlergrenze geben kann, ohne dass dies auf die Richtigkeit oder Fehlerhaftigkeit der Messwertbildung Einfluss nehmen müsste. Sowohl der Betroffene als auch der Richter sehen sich bei einem standardisierten Verfahren einer Situation gegenüber, die eine Beweisführung faktisch unmöglich macht. Nach Ansicht des OLG Karlsruhe ist eine nähere Überprüfung nur geboten, wenn im konkreten Fall Anhaltspunkte für eine Fehlmessung gegeben sind. Um derartige Umstände zu finden, braucht es aber der Sachkunde, über die weder das Gericht noch in der Regel der Betroffene und sein Verteidiger verfügen. Das bedeutet im Ergebnis, die Bauartzulassung der PTB ersetzt die gerichtliche Prüfung in einer dem Prozessrecht unterliegenden Beweisaufnahme. Dies verschärft sich noch, folgt man dem OLG Frankfurt darin, dass der einzelne Betroffene aus datenschutzrechtlichen Gründen keinen Anspruch auf die Beiziehung der kompletten Messreihe hat. Denn es gibt Fehlerquellen, die sich erst bei der Auswertung dieser zeigen, wie die Abweichungen hinsichtlich der Verkehrsfehlergrenze. Eine weitere mögliche Fehlerquelle erfordert ebenfalls die Beurteilung mehrerer Messungen über die Einzelmessung hinaus. Das AG Mannheim kommt im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass das Messgerät in wesentlichen Teilen nicht der Bauartzulassung, nämlich der Messwertermittlung, entspricht. Oder umgekehrt, das Gerät misst anders als in der Bauartzulassung beschrieben. Daraus folgert es, dass bei jeder einzelnen Messung zu prüfen ist, ob die zur konkreten Messwertbildung beitragenden Rohdaten die Bedingungen der Bauartzulassung einhalten oder nicht.

Verhältnis der gesetzlichen Fiktion einer Zustellungsvollmacht (§ 51 Abs. 3 Satz 1 OWiG) zu der rechtsgeschäftlich erteilten Zustellungsvollmacht/Heilung einer fehlerhaften Zustellung kann nicht mit Hinweis auf eine papierlose Bearbeitung von Bußgeldsachen vereitelt werden

Das Kammergericht Berlin vertritt in seinem Beschluss vom 17. Juni 2016 – Geschäftsnummer: 3 Ws (B) 217/16 – 162 Ss 55/16 – die Auffassung, dass der Wirksamkeit der Zustellung nicht entgegensteht, dass sich zum Zeitpunkt der Zustellung nur eine sog. Blankovollmacht, die u.a. den bevollmächtigten Rechtsanwalt nicht erkennen lässt, bei den Akten befand. § 51 Abs. 3 Satz 1 OWiG enthält eine Sonderregelung für die Zustellung der Verwaltungsbehörde und bestimmt den gewählten Verteidiger kraft Gesetzes zum ermächtigten Zustellungsbevollmächtigen des Betroffenen und zwar unabhängig davon, ob der Betroffene ihm eine solche Zustellungsvollmacht rechtsgeschäftlich erteilt hat. Diese gesetzliche Fiktion stellt eine ordnungsgemäße Zustellung von Entscheidungen unabhängig und damit in der Wirkung auch gegen den Willen des Betroffenen sicher, weil der Verteidiger in diesem Fall nicht der Beistand des Betroffenen, sondern dessen gesetzlich bestimmter Vertreter ist. Eine wirksame Zustellung an den Wahlverteidiger ist auch aufgrund einer diesem vor der Zustellung erteilten rechtsgeschäftlichen Zustellungsvollmacht möglich und zulässig. Ob eine solche rechtsgeschäftliche Vollmacht vorlag, deren Nachweis nachgereicht werden kann und die nicht an eine besondere Form gebunden ist, ist im Einzelfall aus der Gesamtheit der erkennbaren Umstände sowie dem Auftreten des Rechtsanwalts im Verfahren zu schließen. Dabei kommt es nur darauf an, ob die Vollmacht tatsächlich zum Zeitpunkt der Zustellung bestand, d.h., ob sie vom Vollmachtgeber tatsächlich erteilt worden ist.
Im vorliegenden Fall ergab sich aus den aus den Akten ersichtlichen Gesamtumständen, dass der Betroffene dem Rechtsanwalt eine rechtsgeschäftliche Zustellungsvollmacht erteilt hatte. Der Anwalt hatte seinem Schriftsatz eine schriftliche Vollmacht, die am Ende handschriftlich einen Schriftzug als Unterschrift des Vollmachtgebers enthielt, beigefügt.
Er hat sich mit Schriftsatz ausdrücklich bei der Verwaltungsbehörde als Verteidiger des Betroffenen unter Hinweis auf seine Beauftragung durch den Betroffenen in dieser Sache gemeldet, unter Verweis auf das Schweigerecht seines Mandanten die Einstellung des Verfahrens beantragt, um Akteneinsicht ersucht und diese erhalten, Einspruch eingelegt, vielfach um Verlegung bereits festgesetzter Hauptverhandlungstermine beim Gericht nachgesucht, an den Hauptverhandlungsterminen als Verteidiger teilgenommen und ist zusätzlich für den auf seinen Antrag vom persönlichen Erscheinen entbundenen Betroffenen als dessen Vertreter aufgetreten.
Vor diesem Hintergrund ist es unschädlich, dass die mit dem Schriftsatz übersandte Vollmacht, die ausdrücklich auch die Zustellung an den Beauftragten umfasst, weder die konkrete Angelegenheit noch den Namen des Betroffenen in Druckbuchstaben und den des Bevollmächtigten ausdrücklich benennt.
Der Wirksamkeit der Zustellung des Bußgeldbescheides an den Rechtsanwalt steht auch nicht die fehlerhafte Ersatzzustellung nach § 180 ZPO entgegen, denn der Verteidiger war zustellungsbevollmächtigt und der Bußgeldbescheid war an ihn adressiert. Zwar war die Ersatzzustellung durch Einlegen in den zur Kanzlei gehörenden Briefkasten unwirksam, weil nicht festzustellen ist, dass die Zustellung an Mitarbeiter der Kanzlei an einem Werktag nicht ausführbar war (§ 180 ZPO), jedoch ist dieser Mangel nach § 189 ZPO geheilt worden. Dass der Bußgeldbescheid dem bevollmächtigten Rechtsanwalt tatsächlich zugegangen ist, ist unzweifelhaft, weil er noch am Tag der Zustellung ausweislich der Faxleiste für den Betroffenen bei der zuständigen Stelle Einspruch eingelegt hat. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Bußgeldakten in der Kanzlei papierlos geführt werden. Denn für den tatsächlichen Zugang reicht es aus, dass sich der Bußgeldbescheid in der Kanzlei befindet und der Rechtsanwalt jederzeit Zugriff auf das – hier wohl – eingescannnte Dokument hat; der Nachweis, dass er es körperlich vorgelegt bekommen hat, ist nicht erforderlich. Andernfalls hätte der Verteidiger durch eine solche Kanzleiorganisation die Möglichkeit, den Zugang der Urkunden zu vereiteln.