Ratgeber Unfall

Nach dem Verkehrsunfall:

Am häufigsten beginnt die Arbeit der Verkehrsanwälte direkt nach einem Unfall: Anstatt sich in widersprüchliche Aussagen zu verstricken, können Sie direkt auf Ihren Verkehrsanwalt verweisen. Das hilft Ihnen, fehlerhafte Schuldeingeständnisse zu vermeiden, denn ein Verkehrsanwalt beurteilt kompetent und mit Rechtssicherheit alle Haftungsfragen. Sie schätzen realistisch ein, welche Schadensersatzansprüche Ihnen zustehen und wie Sie diese gegenüber Ihrer Versicherung durchsetzen können.

Sicherheit geht vor: Sichern Sie sofort die Unfallstelle. Bitte schalten Sie die Warnblinkanlage an und stellen Sie das Warndreieck in 50 bis 150 Schrittlängen auf. Achten Sie immer auf die eigene Sicherheit – besonders auf Autobahnen.

110

Verständigen Sie die Polizei und fordern Sie – wenn nötig – auch einen Rettungswagen an.

ERSTE HILFE…

Behalten Sie den Überblick und einen kühlen Kopf! Leisten Sie, wenn es Verletzte gibt, erste Hilfe.

REDEN IST SILBER…

…Schweigen ist Gold: Geben Sie keine Unfall-Schuld zu.

HÄNDE WEG!

Bei hohem Sachschaden, Verletzten und fehlender Einigung verändern Sie nichts am Unfallort, bis die Polizei eintrifft. Bei Bagatellschäden empfiehlt es sich, Fotos zu machen oder eine Skizze anzufertigen. Beide Unfallteilnehmer müssen die Skizze unterschreiben. Dann können Sie den Unfallort räumen, falls sie den Verkehr massiv beeinträchtigen.

UNFALLBERICHT…

…vollständig ausfüllen. Besonders wichtig sind: Namen des Fahrers und des Halters, Kennzeichen, Versicherungsnummer und -gesellschaft!

DIE POLIZEI IST DA…

Bei Unklarheit machen Sie keine weiteren Angaben zum Unfallhergang. Prüfen Sie das polizeiliche Unfallprotokoll. Verweisen Sie auf Ihren Verkehrsanwalt.

VERSICHERUNG…

Verweisen Sie auch bei Fragen der gegnerischen Versicherung am Telefon etc. auf Ihren Verkehrsanwalt.

Nach dem Unfall bloß nicht:

  • Niemals vor Ort die Unfallschuld eingestehen
  • Die Abwicklung des Unfalls nicht von einem Dritten abnehmen lassen
  • keine „kostenlose“ Unfallhilfe annehmen, mir denen die Abtretung Ihrer Schadensersatzansprüche verbunden ist
  • keine Vereinbarungen mit der gegnerischen Versicherung über die Wahl der Werkstatt oder des Gutachters
  • Nicht vom Unfallgegner oder dessen Versicherung beeinflussen lassen

Verkehrsanwälte helfen Ihnen kompetent bei:

  • der Durchsetzung von Schadensersatzforderungen
  • der Sicherung der Beweise
  • der Feststellung des Schadensumfangs
  • Fragen der Wertminderung
  • Fragen der Reparaturkosten
  • der Auswahl eines Gutachters
  • Kosten für Gutachten.

Sie haben das Recht auf:

  • einen Anwalt Ihrer Wahl
  • die freie Wahl der Reparaturwerkstatt
  • die freie Entscheidung, ob und wie Sie den Schaden reparieren lassen
  • die freie Wahl eines Gutachters
  • einen Mietwagen während der Reparatur oder eine Entschädigung für den Nutzungsausfall
  • den zur Reparatur erforderlichen Geldbetrag
  • Reparatur, solange die Reparaturkosten die Kosten der Wiederbeschaffung eines gleichwertigen Fahrzeuges nicht um mehr als 30% übersteigen

Sie wurden verletzt?  Dann haben Sie Anspruch auf:

  • Schmerzensgeld
  • Ersatz Ihres Verdienstausfalls
  • Ersatz der Heilbehandlungskosten – falls die Krankenversicherung nicht eintritt
  • Ersatz Kosten der Kurbehandlung
  • Umschulungsmaßnahmen
  • Orthopädische Hilfsmittel
  • Ersatz des Haushaltsführungsschadens
  • Übernahme der Unterhaltsverpflichtungen.

Im Streitfall

Die Erfahrung zeigt: Mögliche Ansprüche können erst mit einer kompetenten Rechtsvertretung durchgesetzt werden. Auch wenn Sie unschuldig in einen Unfall geraten sind, hat die gegnerische Versicherung immer handfeste eigene Interessen, gegen die Sie allein kaum ankommen – Recht haben und Recht bekommen sind dann schnell zwei sehr unterschiedliche Dinge.

Unfallgeschädigte, die durch einen Verkehrsanwalt vertreten werden, erzielen regelmäßig einen deutlich höheren Schadensersatz als Geschädigte, die die Regulierung selbst in die Hand nehmen.

Hinweis

Mögliche Ansprüche werden erst durch kompetente Rechtsvertretung sichtbar. Oder hätten Sie gewusst, dass Ihnen nach einem nicht verschuldeten Unfall mit Personenschaden zum Beispiel Haushaltsführungskosten zustehen?

Im Falle eines Unfalls sind Sie meist auf sich allein gestellt. Hier ein paar Tipps, damit Sie Ihrem Recht später nicht hinterherlaufen müssen:

  • Unfallstelle sichern, sofort die Polizei und wenn nötig Rettungswagen rufen.
  • Kühlen Kopf bewahren! Nicht vom Unfallgegner einschüchtern lassen.
  • Keine spontanen Schuldanerkenntnisse abgeben!
  • Nichts verändern, bevor die Polizei eintrifft. Wird doch etwas bewegt, Skizze anfertigen oder fotografieren.
  • Unfallbericht ausfüllen. Am besten Ausdrucken und immer im Handschuhfach mitführen. Falls Sie den Unfallbericht nicht zur Hand haben, notieren Sie den Namen des Fahrers (Führerschein) und den des Kfz-Halters (Fahrzeugschein), das amtliche Kennzeichen sowie die Versicherungsgesellschaft und Versicherungsnummer des Unfallgegners. Gehen Sie mit diesen Daten sofort zum Verkehrsanwalt!
  • Überprüfen Sie das Protokoll der Polizei, korrigieren Sie Unstimmigkeiten und falsche Sachverhalte.
  • Lassen Sie sich vor Ort nicht durch unseriöse »Unfallhelfer« beeinflussen. Nehmen Sie keine vermeintlich kostenlosen, in Wahrheit aber überteuerten Dienstleistungen in Anspruch, welche der Versicherer des Schädigers nicht ersetzen muss. Fragen Sie im Zweifel zuerst Ihren Verkehrsanwalt, damit Sie nicht aus Unerfahrenheit Dritte beauftragen, die zu Ihren Lasten am Schaden verdienen wollen.
  • Wenn Sie über die Notrufsäule oder den Zentralruf der Haftpflichtversicherer mit der Versicherung Ihres Unfallgegners verbunden werden, lassen Sie sich auch von dieser nicht beeinflussen! Treffen Sie keine Vereinbarungen mit der Versicherung zum Beispiel über die Wahl der Werkstatt, die Einschaltung eines Sachverständigen oder anderes. Die Versicherung des Gegners verspricht nur auf den ersten Blick schnelle Hilfe. Letztendlich ist sie nur daran interessiert, Ihnen so wenig wie möglich zu zahlen.
  • Wenn die Versicherung bei Ihnen anruft oder sonst Kontakt mit Ihnen aufnimmt: Treffen Sie auch hier keine Vereinbarungen mit der Versicherung. Verweisen Sie die Versicherung einfach an Ihren Verkehrsanwalt!

Ihre Rechte

Sie haben das Recht, mit der Durchsetzung Ihrer Ansprüche einen Verkehrsanwalt Ihres Vertrauens zu beauftragen. Die Kosten des Verkehrsanwalts zahlt – bis auf extreme Ausnahmefälle – immer die Versicherung des schuldigen Unfallgegners.

Sie haben das Recht, einen unabhängigen Sachverständigen Ihrer Wahl mit der Sicherung der Beweise und der Feststellung des Schadensumfangs, der Wertminderung, des Rest- und Wiederbeschaffungswerts sowie der Reparaturkosten zu beauftragen. Auch die Kosten für dieses Gutachten muss die Versicherung des Gegners übernehmen. Nur dann, wenn erkennbar war, dass es sich allein um einen Bagatellschaden gehandelt hat, werden die Kosten des Gutachtens nicht ersetzt. In diesem Fall können Sie den Schaden mit einem Reparaturkostenvoranschlag Ihrer Fachwerkstatt abrechnen. Dies geht auch dann, wenn Sie Ihr Fahrzeug nicht reparieren lassen, sondern den Schadensersatzbetrag zum Beispiel in ein anderes Fahrzeug investieren wollen.

Hinweis

Auf Sachverständigenorganisationen, die mit Versicherern zusammenarbeiten, wie zum Beispiel DEKRA oder CARExpert, müssen Sie sich nicht verweisen lassen. Bitte wenden Sie sich an Ihren örtlichen Verkehrsanwalt. Dieser kann Ihnen einen Sachverständigen benennen.

Es steht Ihnen zu, Ihr Fahrzeug in der von Ihnen gewählten Fachwerkstatt Ihres Vertrauens reparieren zu lassen. Hier wird Ihnen eine einwandfreie Reparatur garantiert. Die Versicherung kann nicht verlangen, dass Sie in eine andere Werkstatt, insbesondere eine Partnerwerkstatt der Versicherung, gehen. Wenn die Versicherung Druck auf Sie ausübt, verweisen Sie einfach auf Ihren Verkehrsanwalt.

Während der Zeit der Reparatur können Sie grundsätzlich einen Mietwagen in Anspruch nehmen. Dazu sollten Sie ein klassenniedrigeres Fahrzeug anmieten, weil die Versicherung sonst einen Abzug wegen Eigenersparnis machen kann. Wenn Sie keinen Mietwagen brauchen, können Sie für die Dauer des unfallbedingten Ausfalls Ihres Fahrzeuges eine pauschale Nutzungsausfallentschädigung geltend machen.

Hinweis

Die Versicherung hat kein Recht Ihnen vorzuschreiben, was Sie mit Ihrem beschädigten Fahrzeug machen und kann grundsätzlich auch keine Nachweise darüber verlangen, ob Sie repariert haben oder nicht.

Sie haben ein Wahlrecht und können selbst entscheiden, ob Sie reparieren oder nicht. Den Schadensersatz können Sie auch ohne Rechnung allein auf Grundlage des Sachverständigengutachtens geltend machen. Die Verkehrsanwälte sprechen von »fiktiver Schadensberechnung«. Gründe, den Schaden fiktiv auf Gutachtenbasis abzurechnen, wären zum Beispiel Ihr Wunsch, ein neues Fahrzeug anzuschaffen, den Schaden gar nicht zu reparieren, sondern den Wagen beschädigt weiter zu benutzen oder auch das Fahrzeug selbst wiederherzustellen. Der Schädiger und dessen Versicherung werden hierdurch nicht benachteiligt. Nach dem Gesetz (§ 249 Absatz 2. BGB) haben Sie Anspruch auf den zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag. Das sind die Kosten, die eine Fachwerkstatt für die Reparatur berechnen würde. Von einer Pflicht zur sachgebundenen Verwendung des Betrages ist im Gesetz keine Rede. Man hat also das Recht zu wählen, was für einen selbst in der konkreten Situation wirtschaftlich günstig ist. Allein die Mehrwertsteuer bekommen Sie nur erstattet, wenn Sie eine entsprechende Rechnung vorlegen.

Wenn diese Grenze überschritten wird oder falls Sie das Fahrzeug im Falle des Totalschadens nicht mehr nutzen wollen, haben Sie Anspruch auf Ersatz des Wiederbeschaffungswertes abzüglich des Restwertes des beschädigten Fahrzeugs. Bei der Bemessung des Restwertes des Unfallfahrzeuges sind nur Angebote des allgemeinen örtlichen Kfz-Marktes zu berücksichtigen. Ein überörtlicher Sondermarkt und sogenannte Internetrestwertbörsen haben bei der Bestimmung des Restwertes nichts zu suchen. Restwertangebote der Versicherung müssen nur dann berücksichtigt werden, wenn ein konkretes Angebot vorliegt, bevor das Fahrzeug verkauft wurde und der Käufer das Fahrzeug kostenfrei am Standort abholt und bar bezahlt.

Ihre Ansprüche bei Verletzungen

Bei einer Verletzung durch den Verkehrsunfall haben Sie Anspruch auf Schmerzensgeld, Ersatz Ihres Verdienstausfalls bzw. des Erwerbsschadens und Ersatz der Heilbehandlungskosten, soweit die Krankenversicherung nicht eintritt. Auch vermehrte Bedürfnisse, wie die Kosten einer Kurbehandlung, Umschulungsmaßnahmen, orthopädische Hilfsmittel oder ein »Haushaltsführungsschaden« sind zu ersetzen. Im Fall der Tötung eines nahen Angehörigen haben die Hinterbliebenen neben dem Ersatz der Beerdigungskosten Anspruch auf Übernahme der Unterhaltsverpflichtungen des Getöteten. Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch der Schock, der durch den Unfalltod des Angehörigen herbeigeführt wird, Ansprüche begründen.

Der bei Verkehrsunfällen am häufigsten vorkommende Personenschaden ist das sogenannte »Halswirbelsäulen-Syndrom«, auch »Schleudertrauma« genannt. Ursache dieses mit erheblichen Nacken- und Kopfschmerzen verbundenen Krankheitsbildes ist eine Überdehnung der Halswirbelsäule als Folge eines Zusammenstoßes mit einem anderen Fahrzeug. Das Besondere an dieser Verletzung ist, dass die Schmerzen nicht sofort nach dem Unfall, sondern erst bis zu 24 Stunden später auftreten. Unterschieden werden Verletzungen 1. bis 3. Grades. Bei einem einfachen HWS-Syndrom mit einer Arbeitsunfähigkeit von etwa 2 Wochen bewegt sich ein angemessenes Schmerzensgeld zwischen 300 und 500 Euro.

Hilfe im Kaskoschadensfall

Durch eine Kaskoversicherung verpflichtet sich der Versicherer dazu, Schäden unabhängig davon zu ersetzen, ob der Schaden durch einen anderen, zufällig oder selbstverschuldet verursacht wurde. Wenn die Kaskoversicherung nicht zahlen will, muss zunächst überprüft werden, warum dies so ist. Wenn sie nur deshalb nicht zahlt, weil sie den Schaden noch untersucht, sollte vorerst kein Verkehrsanwalt eingeschaltet werden, sonst muss man die Kosten des Verkehrsanwalts selbst zahlen.

Wenn der Unfall teilweise selbst- und fremdverschuldet war, kommt für vollkaskoversicherte Geschädigte das sogenannte »Quotenvorrecht« ins Spiel. Dadurch können Forderungen sowohl gegen die Kaskoversicherung als auch gegenüber dem Unfallgegner geltend gemacht werden. Bei dieser Kombination der Ansprüche erhält man deutlich höheren Ersatz, als wenn man nur die Kaskoversicherung oder nur die gegnerische Haftpflichtversicherung in Anspruch nimmt. Die Berechnung ist sehr kompliziert. Wenn es aber nicht beachtet wird, kann es dazu führen, dass der Unfallgeschädigte auf einem Teil der Kosten, wie zum Beipsiel dem Schaden durch die Rückstufung in der Vollkaskoversicherung, sitzen bleibt. Es empfiehlt sich, hier in jedem Fall einen Verkehrsanwalt zu Hilfe zu nehmen.

Verhalten bei einem Unfall im Ausland

Seit Januar 2003 haben sich in Europa bei der Regulierung von Auslandsunfällen deutliche Erleichterungen für die Geschädigten ergeben. Geschädigte können ihre Schadensersatzansprüche seither im Heimatland bei einem dort ansässigen Schadensregulierungsbeauftragten des ausländischen Haftpflichtversicherers geltend machen. Wird zum Beispiel ein deutscher Tourist mit seinem deutschen Fahrzeug in Rom in einen Unfall verwickelt, den der italienische Fahrer eines in Italien zugelassenen Fahrzeuges verschuldet hat, sind die Ansprüche des deutschen Touristen von einem Regulierungsbeauftragten der italienischen Kfz-Haftpflichtversicherung in Deutschland zu regulieren.

Der Zentralruf der Autoversicherer benennt anhand des ausländischen Kennzeichens den Versicherer und dessen Regulierungsbeauftragten. Die Verkehrsopferhilfe e. V. in Hamburg übernimmt die Funktion einer Entschädigungsstelle, die in die Regulierung eintritt, wenn ein Repräsentant nicht benannt oder die Regulierung über bestimmte Fristen hinaus verzögert wird. Im Falle des Scheiterns der außergerichtlichen Regulierung kann eine Klage nach dem Urteil des EuGH vom 13.12.2007 dann gegen den Versicherer vom Geschädigten an seinem Wohnort erhoben werden, wenn sich der Unfall im EU-Ausland ereignet hat, der Geschädigte seinen Wohnsitz in einem Mitgliedsstaat hat und der Versicherer im Hoheitsgebiet des Mitgliedsstaates ansässig ist. Falls zwei deutsche Touristen mit ihren in Deutschland versicherten Fahrzeugen im EU-Ausland zusammenstoßen, so kann der Geschädigte an seinem Wohnsitz in Deutschland klagen. In diesem Fall findet sogar deutsches Recht Anwendung.