Ratgeber: Kind und Fahrrad

Fahrrad-Verkehrssicherheit für Kinder

Die Kompetenz von Rad fahrenden Kindern kann durch frühes Üben verbessert werden. Sie wird behindert durch den Transport per Auto, durch Verbote, durch Überbehütung und die Vermeidung eigener Erfahrungen. Anderseits ist es wichtig, die Kinder nicht zu überfordern, sondern sich an den persönlichen und entwicklungsbedingten Möglichkeiten der Kinder zu orientieren. Um im Straßenverkehr gut zurechtzukommen, benötigen Kinder eine Reihe von Fähigkeiten und Fertigkeiten. Diese werden erst Schritt für Schritt ausgebildet.

Kinder sollten…

Gefahrensituationen erkennen und voraussehen können.

…wissen, wie sie Gefahren vermeiden können und wie sie sich in riskanten Situationen verhalten sollen.

Entfernungen und Geschwindigkeiten von Fahrzeugen einschätzen können.

aufmerksam sein und sich auf die für ihre Sicherheit wichtigen Aspekte des Straßenverkehrs konzentrieren.

…sich durch die vielfältigen Reize unserer Umwelt vom Straßenverkehr nicht ablenken lassen.

…das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer/innen einschätzen und voraussehen können.

…ihren Bewegungsapparat ausreichend beherrschen und koordinieren können.

Sondervorschriften für Kinder

Bis zum achten Geburtstag müssen Kinder auf dem Gehweg fahren, nicht auf der Straße oder auf dem Radweg.

Kinder bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr dürfen den Gehweg benutzen, können aber auch auf dem Radweg bzw. auf der Fahrbahn fahren. Der Gesetzgeber begründet dies damit, dass Kinder unter zehn Jahren im Verkehr besonders gefährdet sind, weil sie sich noch nicht die nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten angeeignet haben. Unter anderem legen sie erst in der vierten Klasse, also mit etwa zehn Jahren, die Radfahrprüfung ab. Den Wert dieser Radfahr- prüfung in der Schule darf man allerdings nicht überschätzen. In erster Linie sind die Eltern gefor- dert, ihren Kindern verkehrsgerechtes Verhalten beizubringen. Dazu gehört zum Beispiel, dass Kinder auf dem Gehweg absteigen und ihr Rad schieben müssen, wenn sie an eine Einmündung kommen und die Straße überqueren wollen.

Kinder tun oft nicht das, was die Eltern ihnen sagen, sondern das, was sie ihnen vorleben. Deshalb sind gemeinsame Fahrten wichtig, um einen sicheren Weg zur Schule zu finden und um das richtige Verhalten an gefährlichen Stellen zu üben. Dafür, dass ihr Kind sein Fahrrad beherrscht und die Verkehrsregeln kennt und befolgt, sind die Eltern verantwortlich. Bei solchen Übungsfahrten und beim Familienausflug mit dem Fahrrad gibt es allerdings ein Problem, auf das im Folgenden eingegangen wird.

Familienausflug

Kinder bis acht Jahre müssen den Gehweg benutzen, erwachsene Radfahrer die Fahrbahn oder den Radweg. Doch wo fahren Eltern mit ihren Kindern, wenn sie gemeinsam unterwegs sind? Getrennt zu fahren entspricht dem Wortlaut der StVO, ist aber nicht die richtige Lösung, entschied ein Amtsgericht im Fall eines sechsjährigen Mädchens. Die Mutter hatte das auf dem Bürgersteig fahrende Kind am Fahrbahnrand begleitet. Damit verletzte sie ihre Aufsichtspflicht. Nach Auffassung des Gerichts hätte sie mit ihrer Tochter auf dem Gehsteig oder am Fahrbahnrand fahren sollen (AG Traunstein, 311 C 734/04).

Einige Verkehrsrechtler sprechen sich dafür aus, dass Kinder in Begleitung von Erwachsenen auf der Fahrbahn fahren dürfen. Die Polizei würde dann wohl davon absehen, ein Bußgeld gegen die Erziehungsberechtigten zu verhängen. Ein Landgericht lehnt das gemeinsame Radeln auf der Fahrbahn aber ausdrücklich ab (LG Mönchengladbach 5 S 75/03).

Der Bundesgerichtshof sagt zwar deutlich, dass Eltern auch zur Begleitung eines Kindes nicht auf dem Gehweg fahren dürfen, sieht in der Urteilsbegründung aber auch das so entstehende Dilem- ma. Man könne der Mutter nicht vorwerfen, ihre Tochter zu wenig beaufsichtigt zu haben, und ihr gleichzeitig zur Last legen, überhaupt auf dem Gehweg mitgefahren zu sein (BGH, VI ZR 176/86).

Ob ein erwachsener Begleiter besser vor oder hinter dem Kind fährt, ist nicht gesetzlich geregelt. Als Vorteil des Vorausfahrens wird angeführt, dass das Kind „aufläuft“, wenn der Begleiter wegen einer kritischen Situation bremsen muss. Es ist auch zulässig, das Kind um einige Meter vorausfahren zu lassen. Je nach Situation kann das eine oder das andere besser sein, oder das Fahren zu zweit nebeneinander. Eltern werden auch nach dem Temperament ihres Kindes (Hört es auf Zurufe?) entscheiden müssen, was die sicherste Verhaltensweise ist. Die Rechtsprechung gibt leider keine brauchbare Anleitung für den Familienausflug.

Um diese Gesetzeslücke zu schließen bzw. zu umgehen, spricht der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) eine Empfehlung aus. Demnach sollten Eltern ihre Kinder auf der Straße fahren lassen. Aber immer nur dann, wenn die Kinder die Grundregeln im Straßenverkehr sicher beherrschen und selbstverständlich auch absolut sicher auf dem Fahrrad sitzen. Es wird geraten, dass die Eltern am besten ein paar Meter versetzt hinter dem Kind herfahren, um das Kind vor dem von hinten kommenden Autoverkehr schützen zu können. Nach Aussage des ADFC haben die Erwachsenen die gemeinsame Fahrt auf der Straße im Blick. Sollten zwei Erwachsenen mitfahren, kann das Kind in den „Kasten“ genommen werden: ein Erwachsener fährt hinterher, ein Erwachsener fährt voraus.

Eltern sollten sich daher auf ihren gesunden Menschenverstand verlassen und in ruhigen Straßen gemeinsam am rechten Fahrbahnrand fahren, bei stärkerem Verkehr auch auf dem Gehweg.

Ab dem zehnten Geburtstag gelten laut StVO für Kinder die gleichen Regeln wie für Erwachsene.

Verkehrsrecht Kinder: Wer haftet bei einem Unfall?

  • Bis zum siebten Lebensjahr sind Kinder für Schäden, die sie anderen zufügen, nicht verantwortlich.
  • Zwischen dem siebten und zehnten Lebensjahr sind Kinder für Schäden, die sie bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug verursachen, nicht verantwortlich. Es sei denn, sie verursachen den Schaden vorsätzlich.
  • Ab dem zehnten Lebensjahr haften Minderjährige für verursachte Schäden nur dann nicht, wenn sie nicht über die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht verfügen.
  • Eltern haften für die von ihren Kindern verursachten Schäden nur dann nicht, wenn sie ihrer Aufsichtspflicht genügt haben oder der Schaden auch bei Aufsichtsführung entstanden wäre.