Das LG Frankfurt am Main hat durch Urteil vom 20.12.2018 – 2-01 S 212/17 – entschieden, dass für die Berechnung von Mietwagenkosten als Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall eine Schätzung nach § 287 ZPO auf Grundlage eines arithmetischen Mittels aus den Erhebungen der Schwacke-Liste und des Fraunhofer-Instituts (sog. „Fracke“) vorzugswürdig ist. In ihrem ausführlich begründeten Urteil gelangt die Berufungskammer des LG Frankfurt zu der Auffassung, dass weder eine Schätzung alleine auf Basis der Schwacke-Liste noch allein auf Basis der Fraunhofer Tabelle in Betracht kommt. Aufgrund der Mängel beider Erhebungen hält es die Kammer zwecks Ausgleichs der jeweiligen Schwächen für sachgerecht, beide Listen derart zu kombinieren, dass als Schätzungsgrundlage das aus der Summe der Mietpreise bei den Listen gebildete arithmetische Mittel („Fracke“) herangezogen wird. Nähere Einzelheiten können dem ausführlich begründeten Urteil entnommen werden. Alle allgemeinen Berufungskammern des LG Frankfurt haben ihre Rechtsprechung angepasst und in einer Reihe von Urteilen übereinstimmend entschieden, die „Frackemethode“ anzuwenden.
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Das AG Lübeck vertritt in seinem Urteil vom 03.02.2017 – Az.: 24 C 2626/06 – die Auffassung, dass die Schwacke-Liste ein geeigneter Maßstab ist, um die Angemessenheit des Mietwagenpreises gemäß § 287 ZPO zu bestimmen. Ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Haftungsreduzierung in der Kasko-Versicherung ist gegeben, da die Nutzung eines Mietwagens regelmäßig mit einem erhöhten wirtschaftlichen Risiko verbunden ist. Es wäre nicht gerechtfertigt, dass der Geschädigte das wirtschaftliche Risiko aus der Nutzung eines Mietwagens selber zu tragen hätte, zumal er auch bei seinem eigenen Fahrzeug eine Reduzierung der Selbstbeteiligung in der Kaskoversicherung vereinbart hat. Der Geschädigte kann auch Ersatz für den Aufschlag verlangen, der sich daraus ergibt, dass seine Ehefrau als weitere Fahrerin des Mietwagens angemeldet wird. Weil der Geschädigte auch sein eigenes Fahrzeug durch andere Personen nutzen lassen könnte, ist es nicht zumutbar, die Nutzungsmöglichkeit des Mietwagens allein auf den Geschädigten zu beschränken. Der Geschädigte hat Anspruch auf die geltend gemachte Pauschale in Höhe von 75 € für An- und Abmeldung. Ihm steht auch eine Kostenpauschale in Höhe von 30 € zu.
Das Amtsgericht Kiel kommt in seinem Urteil vom 28. Juni 2016 – Az.: 110 C 76/16 – zu dem Ergebnis, dass sich die Frage der Zuständigkeit einer Niederlassung maßgeblich danach beurteilt, ob nach außen der Schein der selbständigen Niederlassung erweckt wird. Dies war im vorliegenden Fall gegeben, da die Niederlassung im Schriftverkehr mit der Klägerseite selbständig aufgetreten ist und dabei vermittelt hat, sie entscheide selbst über die Schadenregulierung.
Die Frage, ob die geltend gemachten Mietwagenkosten dem ortsüblichen Normaltarif entsprechen, hat das Gericht anhand des Schwacke-Automietpreisspiegel beantwortet.
Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht liegt nicht vor. Ein pauschaler Hinweis auf bestimmte, von der Beklagten vermittelbare Tarife für Leihfahrzeuge reicht für den Nachweis, dass dem Geschädigten ein günstigeres Mietwagenangebot zum Anmietzeitpunkt ohne weiteres zugänglich gewesen wäre, nicht aus. Dies gilt insbesondere deswegen, weil die Beklagte nicht vorgetragen hat, welche Bedingungen für solche Fahrzeuge konkret gegolten hätten und ob die Tarife allgemein gegolten hätten.
Angesichts der geringen Kilometerleistung von 195 km im Mietzeitraum muss keine weitere Vorteilsausgleichung bezüglich der ersparten Abnutzung am geschädigten Fahrzeug erfolgen. Ferner sind auch die Versicherungskosten für den Abschluss einer Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung in Höhe von 300 € in vollem Umfang in Höhe von 20 € – allerdings nur in Höhe von 17,61 € pro Tag entsprechend der Schwacke-Liste täglich – erstattungsfähig.
Das Amtsgericht Olpe vertritt in seinem Urteil vom 20.08.2015 – 25 C 639/14 – die Auffassung, dass die Bemessung der Mietwagenkosten anhand des arithmetischen Mittels aus dem Mietpreis der Schwacke-Liste und des Fraunhofer Marktpreisspiegels für Mietwagen am ehesten geeignet ist, die den beiden Listen innewohnenden Mängel auszugleichen und so zu einem verlässlichen, den tatsächlichen Gegebenheiten vergleichbaren Ergebnis zu kommen. Es verweist hierbei auf eine Entscheidung des OLG Köln und des LG Siegen.
Nach ständiger Rechtsprechung des LG Siegen kann der Geschädigte grundsätzlich Erstattung der tatsächlich angefallenen Kosten beanspruchen, auch wenn der abgerechnete Tarif über dem Durchschnitt liegt, solange die Abweichung vom Normaltarif weniger als 50% beträgt. Der Geschädigte muss bei geringeren Preisabweichungen nicht zwangsläufig erkennen, dass der ihm angebotene Mietwagentarif einen unverhältnismäßigen Kostenaufwand auslöst.
Volltext: AG Olpe.pdf
Das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek kommt in seinem Urteil vom 02.04.2015 – Az.: 713 C 8/15 – zu dem Ergebnis, dass die in der Schwacke-Liste angegebenen Tarife als angemessene Grundlage für die Bestimmung des Normaltarifs heranzuziehen sind. Gegen die Fraunhofer-Liste wird zurecht eingewandt, dass die zugrundeliegenden Erhebungen auf Internetangeboten basieren, die auf dem maßgeblichen örtlichen Markt nicht ohne weiteres zugänglich sind und ein Internetanschluss in der konkreten Unfallsituation nicht immer zeitnah für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs zur Verfügung stehen wird. Zudem sind die vom Fraunhofer-Institut eingeholten Angebote von einer Bestellung mit Vorlaufzeit von etwa einer Woche abhängig gemacht, welche in der Unfallsituation dem Interesse der Geschädigten nicht gerecht wird. Letztlich ist das Raster der Fraunhofer-Liste auch gröber, da – anders als bei der Schwacke-Liste – nur zweistellige Postleitzahlengebiete abgebildet werden.
Nach Auffassung des AG Hamburg-Wandsbek war bei der Bestimmung des Grundmietpreises nach der Schwacke-Liste zu berücksichtigen, dass die Geschädigte sich im Rahmen des § 249 BGB im Wege des Vorteilsausgleichs ersparte Eigenaufwendungen anrechnen lassen muss, die mit 5 % der Mietwagenkosten zu beziffern sind.
Die Zusatzkosten für Winterreifen im November sind erstattungsfähig, da die Geschädigte einen Anspruch auf einen Mietwagen hat, der entsprechend den Vorgaben der StVO ausgestattet ist. Auch die zusätzlichen Kosten der Haftungsbeschränkung sind zu erstatten, da es dem Geschädigten nicht zumutbar ist, bei der – notwendigen – Nutzung eines fremden Fahrzeugs einem Schadensrisiko ausgesetzt zu sein.
Volltext: AG Hamburg-Wandsbek.pdf
Das AG Düsseldorf kommt in seinem noch nicht rechtskräftigen Urteil vom 21. November 2014 – 31 C 11789/11 – zu dem Ergebnis, dass dem Geschädigten die Mehrkosten zu ersetzen sind, die ohne seine Schuld durch unsachgemäße Maßnahmen der Reparaturwerkstatt entstehen. Der Schädiger trägt das sogenannte Werkstatt- und Prognoserisiko, falls den Geschädigten nicht ausnahmsweise hinsichtlich der gewählten Fachwerkstatt ein Auswahlverschulden trifft. Sobald der Geschädigte das verunfallte Fahrzeug der Reparaturwerkstatt zwecks Reparatur übergeben hat, hat er letztlich keinen Einfluss mehr darauf, ob und inwieweit sodann unnötige oder überteuerte Maßnahmen vorgenommen werden. Dies darf nicht zu seinen Lasten gehen, da er ansonsten einen Teil seiner aufgewendeten Kosten nicht ersetzt bekommen würde. Zu den in den Verantwortungsbereich des Schädigers fallenden Mehrkosten gehören auch Kosten für unnötige Zusatzarbeiten, welche durch die Werkstatt ausgeführt wurden. Die Ersatzfähigkeit von unnötigen Mehraufwendungen ist nur ausnahmsweise dann ausgeschlossen, wenn dem Dritten ein äußerst grobes Verschulden zur Last fällt, sodass die Mehraufwendungen dem Schädiger nicht mehr zuzurechnen sind. Dem Schädiger entsteht hierdurch kein Nachteil, da er nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung die Abtretung etwaiger Schadensersatzansprüche gegen die Werkstatt verlangen kann.
Bei der Bestimmung der erforderlichen Mietwagenkosten geht das AG Düsseldorf im Rahmen der Schätzung des ersatzfähigen Normaltarifs von der Schwacke-Liste aus.
Von der Erhebung der Kosten für zwei schriftliche Sachverständigengutachten hat das AG Düsseldorf gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG abgesehen, da eine unrichtige Sachbehandlung seitens des Gerichts vorliegt. Eine solche liegt insbesondere dann vor, wenn eine Beweisaufnahme durchgeführt wird, auf die es für die Entscheidung nicht ankommt. Dies war im vorliegenden Fall gegeben, da aufgrund der Rechtsprechung des BGH zum sogenannten Werkstatt- und Prognoserisiko der Klage hinsichtlich der Reparaturkosten ohne Durchführung einer Beweisaufnahme zur Frage der Notwendigkeit einzelner Reparaturmaßnahmen stattzugeben war. Die Kosten für die Einholung der beiden Sachverständigengutachten waren somit objektiv nicht notwendig. Eine andere Betrachtung ist auch nicht deshalb angezeigt, weil zwischen Erlass und Ausführung des Beweisbeschlusses einerseits und Urteilsfällung andererseits ein Abteilungsrichterwechsel stattgefunden hat. Denn der vorherige Abteilungsrichter hatte sich mit der Rechtsprechung des BGH zum Werkstattrisiko, soweit ersichtlich, nicht auseinandergesetzt.
Das LG Zweibrücken hat in seinem Berufungsurteil vom 29.04.2014 – Az.: 3 S 26/13 – die Angemessenheit der Mietwagenkosten anhand des Schwacke-Mietpreisspiegels 2011 ermittelt. Es ist insoweit nicht der Rechtsauffassung des Pfälzischen OLG Zweibrücken, wonach die Angemessenheit von Mietwagenkosten durch die Anwendung des arithmetischen Mittels der nach der Schwacke-Liste und Fraunhofer-Liste ermittelten Werte beurteilt werden muss, gefolgt. Es hat ausführlich begründet, warum keine Zweifel an der Zuverlässigkeit der Schwacke-Liste bestehen. Die Vorlage günstigerer (aktuell über das Internet ermittelter) Angebote stellt nach Auffassung des LG Zweibrücken grundsätzlich keinen konkreten, auf den Einzelfall bezogenen Vortrag dar, der geeignet ist, die Schwacke-Liste als Schätzungsgrundlage zu erschüttern. Auch den vom BGH zugelassenen Weg, ein Sachverständigengutachtens einzuholen, hat das LG Zweibrücken verworfen. Die pauschale Behauptung, vergleichbare Tarife hätten auch im zu beurteilenden Anmietzeitraum zur Verfügung gestanden, genügen den Anforderungen eines konkreten Vortrags nicht. Die Klärung dieser pauschalen Behauptung durch Einholung eines beantragten Sachverständigengutachtens würde vielmehr zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis führen.