Bei Geschwindigkeitsmessungen werden im Regelfall Fotos vom Fahrzeugführer gemacht, die oft von schlechter Qualität sind. Wenn der Fahrer dann keine Angaben zur Fahrerperson macht, stellt sich die Frage, welche Maßnahmen Behörde oder Gericht ergreifen dürfen, um den Fahrer zu identifizieren. So war es auch im vorliegenden Fall. Der Betroffene wurde geblitzt. Ihm wurde eine vorsätzliche Übertretung der zulässigen Geschwindigkeit innerorts vorgeworfen, die mit 200 € Geldbuße und einem Monat Fahrverbot geahndet wurde. Der Betroffenen legte Einspruch ein und bestritt, gefahren zu sein. Das Messfoto war von relativ schlechter Qualität. Die Behörde hielt den Bescheid aufrecht. Die Sache ging vor Gericht. Das Amtsgericht ordnete die Aufnahme eines Vergleichsfotos an. Dieses wurde außergerichtlich von der örtlich zuständigen Polizeibehörde gefertigt, da der Sachverständige das Foto zur Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung benötigte. Auch in zweiter Instanz wurde der Betroffene verurteilt. Er hatte sich darauf berufen, dass das angefertigte Foto rechtswidrig angeordnet war und deshalb nicht hätte verwertet werden dürfen. Das sah das Gericht anders. Es sei zwar richtig, dass ein solches Foto nur angeordnet werden darf, wenn sonst eine erhebliche Prozessverzögerung droht und dies hier nicht der Fall war. Insoweit war die Anordnung rechtswidrig. Dennoch dürfe das Foto verwertet werden, weil die Polizei das Bild auf Wunsch des Sachverständigen gemacht hatte, der das Bild zur Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung benötige. Die Polizei habe daher nicht willkürlich unter Verkennung der Rechtslage gehandelt. Damit besteht kein Verwertungsverbot. Der Betroffene musste zahlen und das Fahrverbot antreten.

Auswirkungen des Rahmenbeschlusses zur Geldsanktionsvollstreckung von 2005 und des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen

Die Vollstreckung von rechtskräftigen italienischen straf- oder bußgeldrechtlichen Entscheidungen setzt voraus, dass für den Betroffenen ein Rechtsmittel zur Verfügung gestanden hat, § 87 Abs. 2 Nr. 1-4 IRG. Insbesondere bei dem italienischen Vorhaltungsprotokoll, welches dem deutschen Bußgeldbescheid entspricht, besteht die Möglichkeit der fristgebundenen Anfechtung. Die Einzelheiten des Verfahrens sowie die einzuhaltenden Fristen werden von dem Verfasser ausgeführt. Da der Widerspruch jedoch nur bei einem italienischen zivilen Friedensgericht und nicht beim Strafgericht eingelegt werden kann, muss Deutschland nach den Ausführungen des Verfassers aufgrund Art. Ia ii-iv Rahmenbeschluss-Geld und § 87 Abs. 2 Nr. 1-4 IRG die Vollstreckung ablehnen.

Die Vollstreckung eines österreichischen Bußgeldbescheides wegen Geschwindigkeitsüberschreitung ist aufgrund des bilateralen Amts- und Rechthilfeabkommens von 1988 ab einem Bußgeld von 25 € möglich. Allerdings kann die Vollstreckung in Deutschland verweigert werden, wenn die österreichischen Behörden den Fahrer nicht ermitteln konnten und deshalb von der in Deutschland diesbzgl. nicht vorgesehenen Halterhaftung Gebrauch gemacht haben. Die österreichischen Behörden können nach der Darstellung des Autors bei einer Einreise des Betroffenen nach Österreich jedoch noch innerhalb von 3 Jahren selbst vollstrecken. Die Vollstreckung eines Geschwindigkeitsverstoßes in den Niederlanden müssen die deutschen Behörden nach seiner Ansicht ablehnen, da in den Niederlanden eine dem deutschen Recht fremde, ausschließliche Halterhaftung gilt.

Das OLG Bamberg hat den“ Freispruch eines Taxifahrers aufgehoben.

Einen Bußgeldbescheid über 440 Euro und zwei Monate Fahrverbot erhielt ein Taxifahrer, weil er die dem Lärmschutz geschuldete nächtliche Geschwindigkeitsbeschränkung auf einer Autobahn um 64 km/h überschritten hatte. Als Grund für die Raserei zur Oktoberfestzeit gab er an, er habe schnellstmöglich die nächste Ausfahrt erreichen wollen, um zu verhindern, dass sich ein betrunkener Fahrgast im Taxi übergibt. Der Amtsrichter, der nach Einspruch des Verkehrssünders über den Fall zu befinden hatte, zeigte Verständnis und sprach den Fahrer wegen eines „rechtfertigenden Notstands“ frei.

Zu Unrecht, entschied das Oberlandesgericht Bamberg und gab damit einer Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft statt. Dem Urteil des Amtsrichters sei bereits nicht zu entnehmen, ob durch schnelles Fahren überhaupt hätte verhindert werden können, dass der Fahrgast sich übergibt – bekanntlich ein Reflex, der sich einer willentlichen Beeinflussung entziehe und nicht verzögert werden könne. Auch sei nicht ersichtlich, ob nicht andere Mittel vorhanden gewesen seien, um eine Verunreinigung des Taxis abzuwehren, etwa vorhandene Brechtüten, wie sie in Flugzeugen üblich seien. Schließlich sei es fehlerhaft, wenn das Amtsgericht bei der Interessenabwägung der Sicherheit der Fahrgäste den Vorzug vor dem Lärmschutz eingeräumt habe, denn die Sicherheit der Fahrgäste sei gar nicht tangiert gewesen. Vielmehr hätte zwischen einer zu befürchtenden Verunreinigung des Taxis einerseits und dem Interesse der Allgemeinheit an der Einhaltung der Verkehrsregeln sowie dem Schutz der Anwohner vor nächtlicher Lärmbelästigung andererseits abgewogen werden müssen. Und hier sah das Oberlandesgericht keinen Grund, dem Interesse des Taxifahrers an einem sauberen Fahrzeug ein wesentliches Überwiegen zuzubilligen. Beförderungspflicht hin oder her: Ein Taxifahrer handele gegen seine eigenen Interessen, wenn er zur Oktoberfestzeit erkennbar betrunkene Gäste aufnehme, ohne Vorsorge für den „Notfall“ etwa durch Bereithalten von Brechtüten getroffen zu haben. Ein Verkehrsverstoß sei unter diesen Umständen nicht gerechtfertigt, befanden die Bamberger Richter und hoben das Urteil des Amtsgerichts auf. Dieses muss nun neu entscheiden.

Wer trotz eines herannahenden Fahrzeugs mit seinem Fahrzeug aus einer Grundstücksausfahrt auf die Fahrbahn einbiegt, um unmittelbar danach links abzubiegen, vollzieht ein besonders gefährliches Fahrmanöver. Auch nach Beendigung der Grundstücksauffahrt kann er für einen Zusammenstoß mit dem herannahenden und zum Überholen ansetzenden Fahrzeug allein verantwortlich sein. Das hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Arnsberg teilweise abgeändert.

Ende März 2012 bog die Beklagte aus Arnsberg mit ihrem Pkw Renault aus einer Grundstücksausfahrt nach links (stadteinwärts) auf die Rönkhauser Straße in Arnsberg ab, um nach etwa 14m erneut nach links in die Straße „Am Wehr“ abzubiegen. Zu diesem Zeitpunkt näherte sich, ebenfalls stadteinwärts fahrend, der Pkw BMW des Klägers aus Lüdenscheid auf der bevorrechtigten Rönkhauser Straße. Beide Fahrzeuge kollidierten im Einmündungsbereich der Straße „Am Wehr“, nachdem das klägerische Fahrzeug zum Überholen des Fahrzeugs der Beklagten angesetzt hatte. Unter Hinweis auf den aus seiner Sicht allein von der Beklagten verursachten Unfall hat der Kläger seinen Gesamtschaden von ca. 6.500 Euro ersetzt verlangt.

Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat eine alleinige Haftung der Beklagten für den Verkehrsunfall bejaht. Ein Verschulden des Fahrers des klägerischen Fahrzeugs an dem Zusammenstoß sei nicht festzustellen. Demgegenüber liege ein schwerwiegendes Verschulden der Beklagten vor, das ihre alleinige Haftung für den Verkehrsunfall begründe. Die Beklagte habe die beim Einfahren aus einer Grundstücksausfahrt auf die Fahrbahn gem. § 10 Straßenverkehrsordnung (StVO) geltenden erhöhten Sorgfaltsanforderungen verletzt. Diese wirkten bei dem von ihr vollzogenen Fahrmanöver über den eigentlichen Vorgang des Einbiegens auf die Fahrbahn hinaus fort. Ihr Fahrmanöver sei anhaltend gefährlich gewesen, weil die Beklagte – obwohl sie den herannahenden Pkw des Klägers bemerkt habe – mit geringer Geschwindigkeit in die Fahrbahn eingebogen sei, um unmittelbar danach nach links abzubiegen. Dabei sei ihre Abbiegeabsicht für den nachfolgenden Verkehr nicht ohne weiteres zu erkennen gewesen. Ihre verlangsamte Fahrweise habe auch auf eine gemächliche Einordnung in den fließenden Verkehr hinweisen können, das für den nachfolgenden Verkehr rechtzeitig erkennbare Setzen des linken Fahrtrichtungsanzeigers habe sie nicht dargetan. Deswegen habe sie ihre Einfahrt auf die Fahrbahn bis zum Passieren des klägerischen Fahrzeugs zurückstellen oder sich besonders darüber vergewissern müssen, dass ihre Absicht links abzubiegen erkannt werde. Das habe sie versäumt und es zudem unterlassen, durch die zweite Rückschau unmittelbar vor Beginn des Abbiegevorganges noch einmal auf den rückwärtigen Verkehr zu achten. Ihr erhebliches Verschulden begründe die alleinige Verantwortlichkeit für den Unfall.

Urteil des OLG Hamm vom 07.03.2014, Az.: 9 U 210/13