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Das LG Hamburg führt in seinem Urteil vom 31.07.2015 – Az.: 331 O 258/14 – aus, dass dann, wenn sich ein Verkehrsunfall im unmittelbaren zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit einem Wendemanöver und Ausfahrmanöver ereignet hat, nach den Grundsätzen des Beweises des ersten Anscheins feststeht, dass der Wendende gegen § 9 Abs. 5 und § 10 StVO verstoßen hat. Er hat sich nicht so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer – hier des fließenden Verkehrs – ausgeschlossen war. Im vorliegenden Fall ist es nicht gelungen, den Anscheinsbeweis zu erschüttern. Es ist nicht gelungen, Umstände darzulegen, wonach es ernsthaft möglich erscheint, dass sich in dem Verkehrsunfall trotz des durchgeführten Wende- bzw. Einfahrmanövers die diesem Fahrmanöver typischerweise innewohnende erhöhte Verkehrsgefährdung gerade nicht verwirklicht hat. Das LG Hamburg hat auf dieser Grundlage eine Haftungsverteilung im Verhältnis 100:0 zu Lasten des Wendenden für angemessen erachtet.

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Das OLG Celle vertritt in seinem Urteil vom 10. Dezember 2014 – 14 U 139/14 – die Auffassung, dass derjenige, der sein Fahrzeug auf einer Straße wendet, sich so verhalten muss, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Kommt es im Rahmen eines Wendemanövers zu einem Verkehrsunfall, spricht gegen den Wendenden der erste Anschein, dass er diesen Anforderungen nicht genügt hat. Es ist insoweit unerheblich, dass sich die Kollision auf der Gegenfahrbahn ereignet und der Zusammenstoß vermieden worden wäre, wenn der Fahrer des nachfolgenden LKW auf seiner Spur geradeaus weitergefahren wäre. Durch die besonderen Sorgfaltsanforderungen gemäß § 9 Abs. 5 StVO bei Wendemanövern soll der nachfolgende Verkehr auch davor geschützt werden, dass er in Folge eines unerwarteten Wendens zu einer objektiv falschen Ausweichreaktion veranlasst wird. Dies soll durch das Gebot, das beabsichtigte Fahrmanöver ausreichend rechtzeitig anzukündigen, sodass sich der nachfolgende Verkehr darauf sachgerecht einstellen kann und dadurch objektiv ungeeignete Ausweichfahrbewegungen vermieden werden, gewährleistet werden. Die falsche Reaktion eines Verkehrsteilnehmers begründet dann kein Verschulden, wenn er in einer ohne sein Verschulden eingetretenen, für ihn nicht voraussehbaren Gefahrenlage keine Zeit zu ruhiger Überlegung hat und deshalb nicht das Richtige und Sachgemäße unternimmt, um den Unfall zu verhüten, sondern aus verständlicher Bestürzung objektiv falsch reagiert. Im vorliegenden Fall ging das OLG Celle von einem Mitverschulden des Fahrers des nachfolgenden LKW aus, da dieser sein Fahrzeug unter Verstoß gegen die Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 4 StVO nicht lediglich so schnell geführt hat, dass er innerhalb der überschaubaren Wegstrecke anhalten konnte. Das OLG Celle hat deswegen eine Mithaftung von 1/3 angenommen.

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