Das LG Frankfurt am Main hat durch Urteil vom 20.12.2018 – 2-01 S 212/17 – entschieden, dass für die Berechnung von Mietwagenkosten als Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall eine Schätzung nach § 287 ZPO auf Grundlage eines arithmetischen Mittels aus den Erhebungen der Schwacke-Liste und des Fraunhofer-Instituts (sog. „Fracke“) vorzugswürdig ist. In ihrem ausführlich begründeten Urteil gelangt die Berufungskammer des LG Frankfurt zu der Auffassung, dass weder eine Schätzung alleine auf Basis der Schwacke-Liste noch allein auf Basis der Fraunhofer Tabelle in Betracht kommt. Aufgrund der Mängel beider Erhebungen hält es die Kammer zwecks Ausgleichs der jeweiligen Schwächen für sachgerecht, beide Listen derart zu kombinieren, dass als Schätzungsgrundlage das aus der Summe der Mietpreise bei den Listen gebildete arithmetische Mittel („Fracke“) herangezogen wird. Nähere Einzelheiten können dem ausführlich begründeten Urteil entnommen werden. Alle allgemeinen Berufungskammern des LG Frankfurt haben ihre Rechtsprechung angepasst und in einer Reihe von Urteilen übereinstimmend entschieden, die „Frackemethode“ anzuwenden.

Das AG Tostedt kommt in seinem Urteil vom 05.04.2018 – Az.: 18 C 170/17 – zu dem Ergebnis, dass im Totalschadensfall bei Ersatzanschaffung auch die Kosten des Verbandskastens, des Warndreiecks sowie der Warnweste erstattungsfähig sind. Der Kläger war gemäß §§ 35h, 53a StVZO in Verbindung mit § 31 StVZO dazu verpflichtet, sein neues Fahrzeug mit den genannten Gegenständen auszustatten. Eine Zulassung ist ohne diese Sicherheitsartikel per Gesetz nicht möglich. Es handelt sich dabei um Kosten der Anmeldung, die nicht im Wiederbeschaffungswert berücksichtigt werden.
Der Klägervertreter durfte eine 1,8-Geschäftsgebühr gemäß §§ 2, 13 RVG in Verbindung mit Nr. 2300 VV geltend machen. Besondere Umstände, die sich gebührenerhöhend auswirken, sieht das AG Tostedt darin, dass der Versicherer bei einem klassischen Auffahrunfall über 3,5 Monate gebraucht hat, um die Haftung zu bestätigen. Die Angelegenheit war für den Kläger aufgrund des Totalschadens seines Fahrzeuges auch von besonderer Bedeutung.

Das AG Brilon hat durch ein Urteil vom 24.07.2017 – Az.: 2 C 18/17 – entschieden, dass es sich nicht um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG handelt, wenn der Kläger neben seiner Ehefrau seinen Prozessbevollmächtigten beauftragt, Ansprüche aus dem Verkehrsunfall gegen die Beklagte geltend zu machen. Der Prozessbevollmächtigte war deshalb berechtigt, beide Angelegenheiten isoliert abzurechnen. Ein Tätigwerden in derselben Angelegenheit i. S. des § 15 RVG liegt nur dann vor, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: ein Auftrag, ein Tätigkeitsrahmen sowie ein innerer Zusammenhang. Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall nicht erfüllt, da der Prozessbevollmächtigte mit zwei verschiedenen Vollmachten beauftragt wurde. Zudem bezogen sich die geltend gemachten Ansprüche auf unterschiedliche Schadenspositionen. Während es bei der Ehefrau des Klägers um Personenschäden und die Geltendmachung eines Schmerzensgeldes ging, machte der Prozessbevollmächtigte für den Kläger Schadensersatzansprüche aufgrund eines Sachschadens an dessen PKW geltend. Der Prozessbevollmächtigte führte unterschiedliche Akten für den Kläger und dessen Ehefrau und führte die Korrespondenz getrennt für den jeweiligen Ehepartner unter der Angabe eines unterschiedlichen Aktenzeichens.

Das AG Dortmund kommt in seinem Beschluss vom 05.02.2018 – Az.: 423 C 7084/17 – zu dem Ergebnis, dass eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr dann nicht vorgenommen werden darf, wenn der gerichtliche Streitgegenstand (hier: Wertminderung und gekürzte Sachverständigengebühren) bei der vorgerichtlich regulierten Geschäftsgebühr nicht gegenständlich war. Die vorgerichtlich regulierte Geschäftsgebühr bezog sich ausdrücklich nicht auf die im nachfolgenden Streitverfahren geltend gemachten Schadensbestandteile. Auch hat die klagende Partei für den gerichtlichen Streitgegenstand vorgerichtliche Anwaltskosten nicht geltend gemacht. Das Klageverfahren betraf somit nicht denselben Streitgegenstand der vorgerichtlich beklagtenseits regulierten Geschäftsgebühr. Die Anrechnung der hälftigen 0,65 Geschäftsgebühr gem. Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG auf die Verfahrensgebühr hat nicht zu erfolgen.
Das AG Dortmund folgt damit der Auffassung des Rechtspflegers, der im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 05.02.2018 festgehalten hatte, dass es gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG notwendig ist, dass Geschäftsgebühr und Rechtsstreit denselben Gegenstand betreffen, was im vorliegenden Fall nicht gegeben ist.

Das AG Ahrensburg kommt in seinem Urteil vom 26.02.2018 – Az.: 49 bC 873/15 – zu dem Ergebnis, dass tragfähiger Anknüpfungspunkt für die Feststellung der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten die branchenübliche Vergütung der Kfz-Sachverständigen ist, wie sie dem tabellarisch zusammengefassten Ergebnis der BVSK-Honorarbefragung zu entnehmen ist, und zwar dem Honorarkorridor HB V. Auch eine Vergütung aus dem oberen Ende des Honorarkorridors HB V ist noch als üblich anzusehen, auf einen Mittelwert ist nicht abzustellen. Hält sich das vereinbarte Sachverständigenhonorar im Rahmen des Honorarkorridors HB V, so vermag nicht jede geringfügige Überschreitung des Korridors bereits einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot zu begründen, da andernfalls der Schädiger bzw. das Gericht eine Preiskontrolle durchführen würde, was ihnen im Schadensersatzprozess nicht gestattet ist. Im Rahmen der gebotenen subjektiven Schadensbetrachtung ist dem Geschädigten zwar eine Plausibilitätskontrolle abzuverlangen, aber eine Erkennbarkeit für den Geschädigten erst anzunehmen, wenn Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen. Eine Erkennbarkeit in diesem Sinne liegt erst dann vor, wenn das geltend gemachte Honorar den Honorarkorridor HB V um mehr als 30 % überschreitet, wobei auf das von dem Sachverständigen in Rechnung gestellte Gesamthonorar abzustellen ist. Die betriebsinterne Preis- und Kostenkalkulation des Sachverständigen ist nicht zu kontrollieren, sondern allein maßgeblich, dass der branchenübliche Wertkorridor nicht (deutlich) überschritten wird.

Das AG Düsseldorf hat durch Urteil vom 24.01.2018 – Az.: 50 C 208/17 – entschieden, dass der Geschädigte als Folgeschaden auch die ihm für die außergerichtliche Geltendmachung seines Schadens entstandenen Rechtsanwaltsgebühren verlangen kann, wenn die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig war. Dies war im vorliegenden Fall gegeben, da es sich um eine Schadensregulierung im Anschluss an einen Verkehrsunfall handelte. Selbst wenn der Haftungsgrund bei Verkehrsunfällen häufig eindeutig und unstreitig ist, trifft dies auf die Haftungshöhe nicht zu. Sowohl die restriktive Schadensregulierung der Haftpflichtversicherer als auch die komplexe obergerichtliche Rechtsprechung zur (Nicht-) Berechtigung von Unfallschadenspositionen führt dazu, dass es einfach gelagerte Verkehrsunfallsachverhalte nicht gibt. Eine Schadensersatzpflicht entfällt auch nicht deswegen, weil die Geschädigte über einen großen Fuhrpark verfügt und damit regelmäßig mit Verkehrsunfällen konfrontiert ist. Originäre Aufgabe der Klägerin ist es nicht, Schadensfälle abzuwickeln, sondern den Personentransport mit Bussen durchzuführen.

Das AG Hamburg vertritt in seiner Entscheidung vom 31.01.2018 – Az.: 20a C 451/17 – die Auffassung, dass es den „einfach gelagerten Verkehrsunfall“, wie ihn der BGH mit Urteil vom 08.11.1994 (NJW 1995, 446) vor gut 23 Jahren angenommen hat, heute grundsätzlich nicht mehr gibt. Selbst wenn die Haftung dem Grunde nach mal vergleichsweise einfach erscheint, ist heute die Schadensabwicklung zur Höhe in jedem Fall so vielschichtig geworden, dass die Einschaltung eines Rechtsanwalts regelmäßig erforderlich ist. Somit sind die dadurch ausgelösten Kosten vom Schädiger zu erstatten. Allenfalls bei Geschädigten, die ihrerseits über vergleichbare Kenntnisse wie ein Fachanwalt für Verkehrsrecht verfügen, erscheint die sofortige vorgerichtliche Beauftragung eines Rechtsanwalts nicht zwingend erforderlich. Derart juristisch spezialisiert war die Geschädigte, die ein Fahrzeugvermietungsgeschäft betreibt, aber im vorliegenden Fall nicht.

Aber die Aufzeichnungen einer Webcam eines Dritten können als Beweismittel anerkannt werden, selbst wenn ein Unfallbeteiligter der Verwertung widerspricht. Damit soll eine „Beweisnot“ vermieden und die Haftung geklärt werden. Dies entschied das Oberlandesgericht Saarbrücken am 13. Oktober 2022 (AZ: 4 U 111/21), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

Komplizierter Verkehrsunfall im Kreisverkehr

In dem Fall waren ein BMW Cabrio und ein Ford Ka in einem engen Kreisverkehr miteinander kollidiert. In dem Verfahren ließ sich zunächst nicht klären, wann die beiden Fahrzeuge in das Rondell eingefahren waren und wie sich demzufolge die Haftung verteilt. Direkt am Kreisverkehr hatte eine Firma ihren Unternehmenssitz, deren Webcam hatte den Unfall aufgezeichnet. Das Gericht ließ den Mitschnitt in dem Verfahren zu, obwohl sich einer der Verfahrensbeteiligten dagegen wehrte.

Beweisnot: Webcam-Aufnahmen können verwertet werden

Das Gericht ließ die Aufnahmen als Beweismittel zu. Es verurteilte den Fahrer aus der weiter links liegenden Einmündung dazu, zwei Drittel des Schadens zu tragen.

Zum einen entschied das Gericht, dass die Aufzeichnungen der Webcam als Beweismittel zulässig sind. Dies gilt auch dann, wenn ein Unfallbeteiligter der Verwertung widerspricht. Dabei wurde vom Gericht auch berücksichtigt, dass die Aufnahmen zwar in die Sozialsphäre der Beteiligten eingreifen. Allerdings wären die Schnelligkeit des Verkehrs und die Beweisnot des Unfallgegners höher zu gewichten als das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Das Gericht stellte fest, dass durch die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr eine gewisse Einbuße an Privatheit hingenommen werden muss.

Bei der Auswertung der Videos durch das Gericht wurde festgestellt, dass beide Autos nahezu zeitgleich in den Kreisverkehr eingefahren waren. Es konnte aber nicht völlig eindeutig geklärt werden, welches Fahrzeug zuerst fuhr. Aufgrund dieser Umstände entschied das Gericht, dass eine Haftungsteilung von zwei Dritteln zu Lasten des von links kommenden Fahrers gerechtfertigt war. Er hatte versucht, das andere Fahrzeug mit einer unangemessenen Geschwindigkeit zu überholen und dabei die Mittelinsel des Kreisverkehrs „geschnitten“.

Das AG Gütersloh hat durch Urteil vom 02.11.2017 – Az.: 10 C 8/16 – entschieden, dass UPE-Aufschläge und die Kosten für eine Fahrzeugverbringung auch im Rahmen einer fiktiven Schadensabrechnung in Folge eines Verkehrsunfalls dann erstattungsfähig sind, wenn sie regional üblich sind. Im vorliegenden Fall fielen sowohl bei markengebundenen Vertragswerkstätten als auch bei freien Werkstätten in der Region üblicherweise, sofern eine eigene Lackiererei nicht vorhanden war, Verbringungskosten an. Auch bei den UPE-Aufschlägen war von einer Ortsüblichkeit auszugehen.

Das Amtsgericht Hamburg kommt in seinem Urteil vom 07.08.2017 – Az.: 35 aC 151/15 – zu dem Ergebnis, dass der Geschädigte auch dann Anspruch auf Ersatz der Reparaturkostenrechnung im Rahmen der „130%-Rechtsprechung“ hat, wenn sich der Wiederbeschaffungswert nachträglich als geringer erweist, als in dem vorgerichtlichen Schadengutachten ermittelt wurde und damit die „130%-Grenze“ bei ex-post-Betrachtung überschritten war. Der Geschädigte durfte darauf vertrauen, dass sich die Kosten der Reparatur noch im Rahmen des von der Rechtsprechung zugebilligten sog. Integritätszuschlags bewegen. Der Geschädigte durfte sich insoweit auf die Richtigkeit der sachverständigenseits ermittelten Werte verlassen. Das Risiko, dass sich die Einschätzung des Sachverständigen im Nachhinein nicht bestätigt, soll nicht zu Lasten des Geschädigten, sondern allein des Schädigers und seiner Haftpflichtversicherung gehen, da der Schädiger den Geschädigten in die missliche Lage gebracht hat, von Prognosen von Sachverständigen über die Reparaturwürdigkeit des Fahrzeugs abhängig zu sein. Dies gilt auch dann, wenn der Geschädigte bei der Begutachtung geringe Altschäden nicht angegeben hat und es sich bei diesen um allgemein übliche Gebrauchsspuren handelt.