Telefonisch erteilte Reparaturfreigabe durch Mitarbeiterin der Versicherung als Festlegung der Einstandspflicht

Das Amtsgericht Dülmen hat durch Urteil vom 20.06.2013 – 3 C 377/12 – entschieden, dass die telefonisch erteilte Freigabe der Reparatur bis zu einem Betrag von 3.000 € durch die Mitarbeiterin der gegnerischen Haftpflichtversicherung unter Beachtung des Empfängerhorizonts nur dahin verstanden werden kann, dass sich die Haftpflichtversicherung bzgl. ihrer (vollen) Einstandspflicht festgelegt hat, solange die Reparaturkosten sich bei maximal 3.000 € beliefen und keine Einwendungen mehr erheben wollte.

Andernfalls hätte ein Hinweis auf die ungeklärte Haftungsfrage oder auf eine noch vorzunehmende Prüfung der Anspruchsberechtigung nahegelegen. Im Bereich der Kfz-Reparaturen entspricht es einer gängigen Übung, sich durch Erteilung einer Reparaturfreigabe zur Übernahme der Kosten zu verpflichten. Es liegt mithin ein (deklaratorisches) Schuldanerkenntnis vor, wodurch der Sache die Ungewissheit entzogen und die Verwirklichung der Forderung von möglicherweise bestehenden Einwendungen oder Einreden befreit wurde.

Das Landgericht Münster hat durch Beschluss vom 04.02.2014 die Berufung der beklagten Haftpflichtversicherung zurückgewiesen.

Erstattung von Mehrwertsteuer und Hebegebühr/1,8-Gebühr

Das LG Mannheim hat durch Urteil vom 13. Februar 2014 – Geschäftsnummer: 10 S 71/13 – entschieden, dass der Geschädigte, der auf Totalschadenbasis abrechnet und den Wiederbeschaffungsaufwand netto verlangt, die im Rahmen der Ersatzbeschaffung konkret angefallene Mehrwertsteuer verlangen darf. Im Falle eines wirtschaftlichen Totalschadens an einem Kraftfahrzeug hat der Geschädigte einen Anspruch auf Ersatz von Umsatzsteuer jedenfalls dann, wenn er eine Ersatzbeschaffung vorgenommen hat und wenn tatsächlich Umsatzsteuer angefallen ist. In diesem Fall ist der Kläger auch nicht auf den Umsatzsteuerbetrag begrenzt, der bei Durchführung der notwendigen Reparatur angefallen wäre, da dies nur den Fall betrifft, dass nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot nur ein Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten besteht.
Ein Anspruch auf Erstattung einer Hebegebühr durch den Gegner kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Zuziehung eines Rechtsanwalts bei der Empfangnahme zur Rechtsverfolgung notwendig war. Bittet der Rechtsanwalt des Geschädigten die gegnerische Haftpflichtversicherung um Zahlung des Schadensersatzbetrages unter ausdrücklichem Hinweis auf die Vorschrift der Nr. 1009 VV an sich, hat die Versicherung auch die durch die Auszahlung des Betrages entstehende Hebegebühr zu ersetzen.
Obwohl das LG Mannheim meint, dass die Forderung einer 1,8-fachen Gebühr nicht angemessen erscheint, kann der Kläger im Ergebnis den 1,8-fachen Gebührensatz verlangen. Im Hinblick auf das zögerliche Regulierungsverhalten der Beklagten waren die Bemühungen des Anwalts als leicht überdurchschnittlich anzusehen und eine 1,5-fache Gebühr als angemessen zu erachten. Bei Rahmengebühren, wie der Geschäftsgebühr, steht dem Rechtsanwalt nach überwiegender Meinung – bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen – ein Ermessenspielraum innerhalb einer Toleranzgrenze von 20 % zu. Ein 1,8-facher Gebührensatz fällt ausgehend von dem als angemessenen erachteten Gebührensatz von 1,5 in den zu tolerierenden Bereich von 20 %. 

Verauslagung von Kosten für den Mandanten ist unzulässig

Nach dem Urteil des AnwGH München vom 17.02.2014 – BayAGH III-4-7-13 – stellt die Verauslagung von Reparatur-, Sachverständigen- bzw. Abschleppkosten durch einen Anwalt einen Verstoß gegen § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO dar. Im vorliegenden Fall hat der Anwalt seinen Mandanten als Service die Verauslagung dieser Kosten in Höhe der geschätzten Haftungsquote angeboten. Nach § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO ist die Abgabe und Entgegennahme eines Teils der Gebühren oder sonstiger Vorteile für die Vermittlung von Aufträgen, gleichviel ob im Verhältnis zu einem Rechtsanwalt oder Dritten, gleich welcher Art, unzulässig. Durch das Verbot, nicht zur Rechtsanwaltschaft zugelassene Personen für die Vermittlung von Mandanten zu honorieren, soll verhindert werden, dass Rechtsanwälte in einen Wettbewerb beim Ankauf von Mandaten treten. Verboten ist nach § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO die Gewährung jeder Art von Belohnung für die Zuführung von Aufträgen, wobei es auf die Art des gewährten Vorteils nicht ankommt. Im vorliegenden Fall erlangen die Kfz-Werkstätten einen wirtschaftlichen Vorteil dadurch, dass der Rechtsanwalt für seine Mandanten, die Kunden dieser Reparaturwerkstätten sind, eine (teilweise) Vorfinanzierung der Reparaturrechnung vornimmt und ihnen somit zu einer schnellen und risikofreien Begleichung der Rechnungen verhilft. Der Anwalt stellt als solventer Dritter eine sofortige Zahlung der Reparatur-, Sachverständigen- bzw. Abschleppkosten in Aussicht. Die Kfz-Werkstätten vermitteln Mandanten an den Anwalt im Sinne von § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO. Sie verweisen ihre Kunden aufgrund der ihnen bekannten und für sie vorteilhaften Vorgehensweise des Anwalts bei der Abwicklung von Verkehrsunfallangelegenheiten an ihn. Diesem wird es dadurch ermöglicht, diese Kunden als Mandanten zu gewinnen. Ein Vertragsverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Drittem über die Vermittlung von Mandaten ist nach § 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO nicht erforderlich. Es genügt vielmehr, dass in der vorgesehenen Weise tatsächlich zusammengearbeitet wird. § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO erfordert weiterhin eine kausale Verknüpfung von Vermittlung und gewährtem Vorteil. Auch diese Voraussetzung ist gegeben. Dass der Anwalt allen seinen Mandanten diese Verfahrensweise anbietet, unabhängig davon, ob sie durch Kfz-Werkstätten empfohlen wurden, ändert nichts daran, dass der dargestellte wirtschaftliche Vorteil gerade denjenigen Kfz-Werkstätten zugute kommt, die ihre Kunden an den Anwalt verwiesen haben und mit denen daraufhin ein Anwaltsvertrag zustande kommt. 

Nähere Einzelheiten können Sie der ausführlich begründeten Entscheidung des AnwGH München entnehmen.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. 

OLG Hamm: Grenzen des „faktischen Überholverbots“ definiert

Wer unter Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit überholt, muss sich im Falle eines Unfalls nur dann einen Verstoß gegen ein sogenanntes „faktisches Überholverbot“ vorhalten lassen, wenn sich der Unfall beim Einhalten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht ereignet hätte. Außerdem schützt ein „faktisches Überholverbot“ nur die von einem gesetzlichen Überholverbot geschützten Verkehrsteilnehmer und nicht auch den von einer Parkplatzausfahrt in die Straße einbiegenden Verkehrsteilnehmer. Das hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Hagen entschieden.

Im Mai 2013 befuhr der aus Hagen stammende, seinerzeit 28 Jahre alte Kläger mit seinem Motorrad Honda die Hälverstraße in Schalksmühle. Im Bereich der Parkplatzein- und -ausfahrt eines an der linken Straßenseite gelegenen Lebensmittelmarktes überholte der Kläger ein vor ihm mit ca. 50 km/h fahrendes Fahrzeug, wobei er die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritt. Zu diesem Zeitpunkt bog der seinerzeit 49 Jahre alte Beklagte aus Lüdenscheid mit seinem Pkw Renault vom Parkplatz des Lebensmittelmarktes nach rechts auf die Hälverstraße und kollidierte mit dem ihm entgegenkommenden, bereits überholdenden Motorrad des Klägers. Der Kläger zog sich Verletzungen an seinen linken Sprunggelenk und seiner rechten Ferse zu, sein Motorrad erlitt einen Totalschaden. Vom Beklagten hat er 100%igen Schadensersatz verlangt.

Die Klage hatte Erfolg. Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat dem Kläger 8.000 Euro Schmerzensgeld und ca. 11.500 Euro materiellen Schadensersatz zugesprochen. Nach dem eingeholten unfallanalytischen Sachverständigengutachten sei allein der Beklagte für den Unfall verantwortlich. Nach der Straßenverkehrsordnung habe der Beklagte bei der Einfahrt vom Parkplatz auf die Straße die Gefährdung des Klägers als Teilnehmer des fließenden Verkehrs ausschließen müssen. Diesen Anforderungen habe er nicht genügt, bereits nach einem Anfahrtsweg von 6 m sei sein Fahrzeug mit dem Motorrad des Klägers kollidiert. Den Kläger treffe demgegenüber kein Mitverschulden, das bei der Haftungsabwägung zu berücksichtigen sei.

Zu Beginn seines Überholvorganges sei das Anfahren des Beklagten für ihn nicht zu erkennen gewesen. Dass er nur unter Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h habe überholen können, sei nicht zu seinen Lasten zu berücksichtigen. Nach der Straßenverkehrsordnung begründe dies kein gesetzliches Überholverbot, es stellte lediglich einen Geschwindigkeitsverstoß dar. Dieser begründe nur dann ein „faktisches“ Überholverbot, wenn sich der Unfall beim Einhalten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht ereignet hätte. Von einem derartigen Verlauf sei aber im vorliegenden Fall nach dem eingeholten Sachverständigengutachten nicht auszugehen. Vielmehr sei der Geschwindigkeitsverstoß des Klägers für den Unfall nicht ursächlich geworden. Im Übrigen schützten die gesetzlichen Überholverbote nur den nachfolgenden und den Gegenverkehr, nicht jedoch den von einem Parkplatz auf die Straße einfahrenden Verkehrsteilnehmer. Für ein durch einen Geschwindigkeitsverstoß begründetes „faktisches“ Überholverbot könne dann nichts anderes gelten.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Urteil des OLG Hamm vom 04.02.2014, Az.: 9 U 149/13

Mietwagenkosten: Ersatz der Zustell- und Vollkaskokosten sowie Kosten der Endreinigung, Unfallaufschlag von 20 %

Das Amtsgericht Olpe kommt in seinem Urteil vom 23.04.2014 zu dem Ergebnis, dass zur Berechnung des Ersatzanspruchs von Mietwagenkosten die Schwacke-Liste von 2003 herangezogen werden kann. Mietwagenkosten sind nicht nur für die Dauer der eigentlichen Reparaturzeit, sondern auch für die Zeit bis zum Zugang des unmittelbar nach dem Unfall beauftragten Gutachtens und eine angemessene Bedenkzeit zu ersetzen. Dem Geschädigten steht auch ein Unfallaufschlag von 20 % wegen unfallbedingter Mehrleistungen zu. Zustell- und Vollkaskokosten sowie die Kosten der Endreinigung sind in voller Höhe zu berücksichtigen, da sie eine adäquate kausale Schadensfolge darstellen. Ein Abschlag wegen ersparter Eigenaufwendung ist nicht vorzunehmen, da der Geschädigte ein gruppenniedrigeres Fahrzeug angemietet hat. Die fehlende Zulassung des Mietwagens als Selbstvermietfahrzeug steht dem Anspruch des Klägers nach Überzeugung des AG Olpe nicht entgegen, da die Wirksamkeit des Mietvertrages auf den dem Geschädigten entstandenen tatsächlichen Schaden keinen Einfluss hat.

LG Hamburg gewährt Nutzungsausfall bis zum Abschluss des Rechtsstreits

Das Landgericht Hamburg (LG) hat mit Urteil vom 30.03. 2012 (Az.: 302 O 265/11) über die Klage auf Nutzungsausfallentschädigung auf Grund eines Verkehrsunfalls zu entscheiden gehabt. Am 13.02.2010 wurde der Mitsubishi Carisma des Klägers beschädigt. Im Schadensgutachten wurde der Mitsubishi als fahrbereit, aber nicht als verkehrssicher beschrieben. Als Reparaturkosten wurden 5.653,93 Euro brutto und der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs auf 5.900,00 Euro brutto beziffert. Da der Schaden nicht bezahlt wurde, klagte der Kläger in einem anderen Verfahren. Dort bekam er mit Urteil vom 01.04.2011 Recht und die Beklagte wurde verurteilt, für den Schaden knapp 4.000,00 Euro zu bezahlen. Das Geld wurde Mitte Mai 2011 erstattet. Am 22.06.2011 erwarb der Kläger ein Ersatzfahrzeug zum Preis von 3.900,00 Euro. Nun klagte der Kläger auf Nutzungsausfallentschädigung für 494 Tage, nämlich für die Zeit vom 13.02.2010 bis zum 22.06.2011. Die Klageforderung belief sich auf 17.290,00 Euro (35,00 Euro pro Tag). Vor dem LG hatte die Klage teilweise Erfolg und führte zur Verurteilung der Beklagten in Höhe von über 7.000,00 Euro. Das LG stellte die Dauer der ersatzfähigen Nutzungsausfallzeit vom Tage des Unfalls an, also vom 13.02.2010 bis zum 30.05.2011 fest. Soweit die Entschädigung bis zum Tage des Kaufs des Ersatzfahrzeugs geltend gemacht wird, verwies das LG den Kläger darauf, „dass es ihm möglich und zumutbar gewesen wäre, binnen 14 Tagen nach der Kontogutschrift des vollen Schadensersatzbetrags am 16.05.2011 ein Fahrzeug anzuschaffen“. Daraus folgt ein ersatzfähiger Nutzungsausfall für immerhin noch 472 Tage. Dem Kläger ist kein Verstoß des gegen die Schadensminderungspflicht nachzuweisen. Es trifft ihn weder ein Verschulden an dem Umstand, dass der Nutzungsausfall ungewöhnlich lange angedauert hat, noch hat er es nach Ansicht des Gerichts unterlassen, die Beklagten auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen. Er konnte aus eigenen Mittel kein Ersatzfahrzeug beschaffen, die Aufnahme eines Kredits war nicht zumutbar. Dies war dem Gegner auch bekannt. Allerdings sah das LG die in Ansatz gebrachten 35,00 Euro pro Tag als überhöht an und sprach nur 14,50 Euro zu. Der Fall zeigt, dass grundsätzlich ein verkehrsrechtlich erfahrener Anwalt eingeschaltet werden sollte, um späteren Streitigkeiten besser begegnen zu können.

Kürzung der Sachverständigenrechnung unberechtigt

Nach einer Entscheidung des AG Hamburg-Altona kann sich der Schädiger eines Verkehrsunfalls nicht darauf berufen, dass die Rechnung eines Kfz-Unfallsachverständigen wegen einzelner zu hoher Nebenkostenpositionen gekürzt werden könne (Urteil vom 21.03.2013 – 316 C 391/12). Die Klägerin, die ein Kfz-Sachverständigenbüro betreibt, wurde von dem Unfallgeschädigten mit der Schadensbegutachtung des Kfz beauftragt. Dieser hat seinen Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Gutachterkosten gegen die Beklagte an die Klägerin abgetreten. Die Klägerin berechnete dem Geschädigten Gutachterkosten von € 1.079,33. Von diesem Betrag erstattete die Beklagte nur € 988,37. Den Differenzbetrag verfolgt sie klageweise. Die Beklagte ist der Ansicht, zur Kürzung diverser Nebenpositionen aus der Rechnung berechtigt zu sein. Das Amtsgericht hat entschieden, dass der Klägerin der Zahlungsanspruch zusteht gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG, 249 ff, 398 ff BGB. Den erforderlichen Aufwand hat das Gericht gemäß § 287 ZPO auf ca. € 1.080,- geschätzt. Ein Anhaltspunkt, dass der von der Klägerin berechnete Betrag von € 1.079,33 den erforderlichen Aufwand überschreitet, ist nicht gegeben. Das Amtsgericht hat die Berufung zugelassen, da das Landgericht Hamburg (Urteil vom 17.6.2011, Az.: 331 O 262/10) eine hiervon abweichende Meinung vertreten hat. Der Fall zeigt, dass Unfallgeschädigte unvollständige Schadensregulierungen nicht hinnehmen müssen und dass versierte Rechtsanwälte auch gefestigte Rechtsprechung erfolgreich angreifen können.

Sturz des Fahrgastes in der Strassenbahn beim Abbremsen – Schmerzensgeld?

Wie sieht es mit Schmerzensgeld aus, wenn ein Fahrgast auf Grund abrupten Abbremsen in der Strassenbahn stürzt? Das Oberlandesgericht Dresden (7 U 1506/13) hat die bisherige Rechtssprechung zu dem Thema auf den Punkt gebracht: Ausgeschlossen ist es nicht. Aber ausgesprochen schwierig. Aus der Entscheidung: 

Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung, der der Senat folgt, muss ein Fahrgast einer Straßenbahn damit rechnen, dass – außerhalb von Fahrfehlern – bei der Fahrt ruckartige Bewegungen des Verkehrsmittels auftreten können, die seine Standsicherheit beeinträchtigen. Er ist deshalb selbst dafür verantwortlich, dass er durch typische und zu erwartende Bewegungen einer Straßenbahn oder eines Linienbusses nicht zu Fall kommt und muss sich Halt auch gegen plötzliche Bewegungen der Straßenbahn verschaffen (vgl. OLG Dresden, Urt. v. 05.04.1995 – 12 U 63/95, juris; OLG Dresden, Urt. v. 21.02.2006 – 13 U 2195/05, juris; vgl. auch LG Dresden, Urt. v. 12.05.2010 – 4 O 3263/09, NZV 2011, 202). Der Fahrgast muss in diesem Zusammenhang durchaus auch jederzeit mit einem scharfen Bremsen des Verkehrsmittels rechnen (vgl. nur KG, Urt. v. 01.03.2010 –12 U 95/09MDR 2010, 1111). Dies gilt, wie der Senat aus eigener Erfahrung weiß, vor allem an Haltestellenbereichen von Großstädten, an denen es oftmals Verstöße gegen § 25 StVO gibt, auf die der Straßenbahnfahrer dann sofort, u.U. auch mit einer Notbremsung reagieren muss. Regelmäßig kann dem der Fahrgast, der mit einem solchen Manöver rechnen muss, dadurch begegnen, dass er sich sicheren Halt verschafft, soweit er nicht ohnehin einen Sitzplatz eingenommen hat. Deshalb neigt der Senat der Auffassung zu, dass in derlei Fällen regelmäßig davon auszugehen ist, dass der Beweis des ersten Anscheins für die Annahme spricht, dass der Sturz eines Fahrgastes auf mangelnde Vorsicht zurückzuführen ist (vgl. nur KG, Urt. v. 07.05.2012 –22 U 251/11, juris; einschränkend: BGH, Urt. v. 11.05.1976 –VI ZR 170/74VersR 1976, 932). […]

Es ist nicht nachzuvollziehen, weshalb die Klägerin sich im konkreten Fall etwa veranlasst sehen musste, bereits 5 Sekunden vor Erreichen der Haltestelle ihren sicheren Sitzplatz aufzugeben ohne sich ausreichend abzusichern. Bereits nach den Feststellungen des Landgerichts, die die Berufung als solche auch nicht angreift, hat die Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt sich nicht angemessen festgehalten, um so auch auf ein plötzliches Abbremsen reagieren zu können. Vielmehr war sie kurz vor dem Unfall dem Sitz zugewandt und abgelenkt. […]

Es ist in erster Linie der Fahrgast, der sich selbst darüber Klarheit verschaffen muss, ob er in der Lage ist, die regelmäßig bei Straßenbahnfahrten auftretenden Kräfte zu meistern oder nicht. In besonders gelagerten Einzelfällen liegt es deshalb u.U. nahe fremde Hilfe in Anspruch zu nehmen. Davon ist aber mangels konkreten Vortrags der Klägerin zu unfallmitkausalen Beeinträchtigungen hier schon nicht auszugehen. Hinzu kommt, dass es der Klägerin dann jedenfalls erst recht zuzumuten gewesen wäre, bis zum sicheren Stillstand der Straßenbahn zu warten, bevor sie aufsteht. Dem Senat ist bekannt, dass zwischen dem sicheren Halt der Straßenbahn und dem Öffnen der Türen regelmäßig noch so viel Zeit verstreicht, dass es, von besonders gelagerten, hier aber nicht einschlägigen Situationen abgesehen, bei sachgerechter Platzwahl durchaus möglich ist, auch dann noch ohne größere Probleme auszusteigen.

Der abgeschleppte Falschparker – Wer haftet für Schäden am Fahrzeug?

Ein privates Abschleppunternehmen schleppt im Auftrag der Stadt ein verbotswidrig geparktes Fahrzeug ab. Bei demAbschleppvorgang wird das Fahrzeug beschädigt. Haftet das Abschleppunternehmen für die Schäden? Ein Urteil des BGH.

Der Sachverhalt

Im Auftrag der Stadt schleppte ein Abschleppunternehmen das vom Kläger verbotswidrig geparkte Fahrzeug ab. Das Fahrzeug wurde auf denParkplatz des Ordnungsamtes abgestellt. Der Kläger behauptet, sein Fahrzeug sei bei dem Abschleppvorgang beschädigt worden, wodurch ihm ein Schaden in Höhe von 3.356,36 € entstanden sei. Die auf Ersatz seines Schadens gerichtete Klage gegen das Abschleppunternehmen hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.

Leitsätze des Gerichts

1. Beauftragt die Straßenverkehrsbehörde zur Vollstreckung des in einem Verkehrszeichen enthaltenen Wegfahrgebots im Wege der Ersatzvornahme einen privaten Unternehmer mit dem Abschleppen eines verbotswidrig geparkten Fahrzeugs, so wird der Unternehmer bei der Durchführung des Abschleppauftrages hoheitlich tätig.

2. Durch das Abschleppen eines verbotswidrig geparkten Fahrzeugs im Wege der Ersatzvornahme wird ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis begründet, auf das die §§ 276, 278, 280 ff. BGB entsprechend anzuwenden sind.

3. Der Eigentümer des verbotswidrig geparkten Fahrzeugs ist in einer solchen Fallkonstellation nicht in den Schutzbereich des zwischen dem Verwaltungsträger und dem privaten Unternehmer geschlossenen Vertrages über das Abschleppen seines Fahrzeugs einbezogen.

Gericht:
BGH, Urteil vom 18.02.2014 – VI ZR 383/12

Erstattung der Kosten für die Reparaturbestätigung des Sachverständigen/BVSK-Honorarbefragung

Das Amtsgericht Hattingen kommt in seinem Urteil vom 10.01.2014 – Az: 6 C 116/13 – zu dem Ergebnis, dass die Kosten für die Reparaturbestätigung des Sachverständigen zu erstatten sind. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Reparaturbestätigung für eine Inanspruchnahme der gegnerischen Haftpflichtversicherung nicht benötigt wird, denn eine Reparaturbestätigung erfüllt weitere Zwecke. Sie ist erforderlich, um im Falle eines weiteren Unfalls eine Schadensabgrenzung vornehmen zu können. Außerdem wird sie bei einer Weiterveräußerung des Fahrzeugs, bei dem es sich nunmehr um ein Unfallfahrzeug handelt, benötigt. 

Zur Ermittlung der Höhe der Sachverständigenkosten hat das AG Hattingen die Honorarbefragung 2011 des BVSK als maßgebliche Schätzgrundlage gemäß § 287 ZPO herangezogen. Mangels Beteiligung der HUK-Coburg an dem vorliegenden Schadensfall war für das AG Hattingen kein Grund ersichtlich, das von der HUK-Coburg veröffentlichte Honorartableau 2012 als vorzugswürdige Schätzgrundlage, insbesondere da dies in Anlehnung an die Honorarbefragung des BVSK 2012 erstellt worden ist, anzusehen.