Das Amtsgericht Papenburg vertritt in seinem Urteil vom 10.03.2016 – Az.: 20 C 322/15 – die Auffassung, dass das Fahren mit Sommerreifen im Winter nicht in jedem Fall zu einer Kürzung der Kaskoleistungen gemäß § 81 Abs. 2 VVG führt. Grobe Fahrlässigkeit liegt nicht darin, dass der Kläger mit Sommerreifen gefahren ist. Zwar schreibt § 2 Abs. 3a StVO vor, dass bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch und Eis- oder Reifglätte geeignete Reifen zu nutzen sind. Dies führt jedoch nicht zu einer generellen Winterreifenpflicht. Unter Berücksichtigung der zur Tatzeit herrschenden Wetterverhältnisse dürfte es geboten gewesen sein, mit Winterreifen zu fahren und die Geschwindigkeit entsprechend anzupassen, so dass ein objektiv verkehrswidriges Verhalten durchaus naheliegt. Allerdings fehlt in subjektiver Hinsicht ein erheblich gesteigertes Verschulden. Es musste sich dem Kläger vor dem Unfallereignis nicht zwingend aufdrängen, dass das Fahren mit Sommerreifen mit einer vor Ort grundsätzlich zulässigen Geschwindigkeit besonders gefahrenträchtig war. Deswegen kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass dem Kläger subjektiv ein erheblich gesteigertes Verschulden vorzuwerfen ist, so dass es unter Berücksichtigung der gesamten Umstände an einem grob fahrlässigen Verhalten fehlt. Im Übrigen kann auch nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass es nicht zu dem Unfall gekommen wäre, wenn der Kläger mit Winterreifen gefahren wäre. Gerade im Falle von Eisglätte kann ein Abkommen von der Straße auch mit Winterreifen keineswegs ausgeschlossen werden. Die Beklagte ist auch nicht wegen eines Verstoß des Klägers gegen die Aufklärungsobliegenheit nach Ziff. E 1.3. der zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen von der Leistungspflicht befreit. Kommt der Versicherungsnehmer, der sich nach einem Verkehrsunfall erlaubt vom Unfallort entfernt hat, seiner Pflicht zur unverzüglichen Ermöglichung nachträglicher Feststellung nicht rechtzeitig nach, informiert er jedoch stattdessen seinen Versicherer zu einem Zeitpunkt, zu dem er durch Mitteilung an den Geschädigten eine Strafbarkeit nach § 142 Abs. 2 StGB noch hätte abwehren können, so begründet allein die unterlassene Erfüllung der Pflicht nach § 142 Abs. 2 StGB keine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit.

Das Amtsgericht Kaiserslautern vertritt in seinem Urteil vom 11.12.2015 – Az.: 4 C 575/13 – die Ansicht, dass dann, wenn der Geschädigte gegenüber der Versicherung den Versicherungsfall innerhalb von zwei Tagen nach dem Unfalldatum meldet, kein schuldhaftes Zögern vorliegt. Ein Verstoß gegen § 30 Abs. 1 Satz 1 VVG somit nicht gegeben ist. Die Unverzüglichkeit der Mitteilung verlangt nicht, dass sofort, also etwa noch am Tag der Kenntniserlangung, der Schaden gemeldet wird. Vielmehr sind bei der Feststellung der Unverzüglichkeit die berechtigten Belange der Beteiligten angemessen zu berücksichtigen. Die zeitliche Obergrenze für eine (gerade noch) unverzügliche Erklärung wird deshalb von der herrschenden Rechtsprechung bei einer maximalen Zeitdauer von höchstens zwei Wochen zwischen Kenntniserlangung und Abgabe der Erklärung liegen. Das AG Kaiserslautern sieht auch deswegen kein schuldhaftes Zögern der Klägerin, da diese vorgetragen hat, sie habe direkt am Morgen nach dem Unfallgeschehen bei der Beklagten angerufen wo man ihr mitgeteilt habe, man wolle einen Gutachter schicken.

Da der Sachverständige in seinem Gutachten lediglich ausgeführt hat, dass es sich bei den „Vorschäden“ am vorderen Stoßfänger in Form von Verschrammungen um unspezifische Beschädigungen handelt, die auch durch ein späteres Überfahren oder Anfahren eines Bordsteins hervorgerufen sein können, trifft die Klägerin keine Pflicht zu weiterem Vortrag, denn der Vorschaden ist weder unstreitig noch lag er bewiesenermaßen vor.

Das OLG Frankfurt kommt in seinem Urteil vom 09.04.2015 – Az.: 6 U 110/14 – zu dem Ergebnis, dass die von der DEURAG in den Rechtsschutzversicherungsverträgen M-AKTIV verwendete Klausel, wonach die Übernahme der Kosten für eine anwaltliche Beratung von der vorherigen Durchführung eines Mediationsversuchs abhängig ist, eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers darstellt. Die DEURAG darf diese Klausel nicht mehr verwenden und sich in Altverträgen auch nicht mehr auf diese Bestimmung berufen. Das OLG Frankfurt hat es anders als das erstinstanzliche LG Frankfurt, der DEURAG nicht untersagt, die Begriffe „Mediator/Mediations(verfahren)“ für Verfahren zu verwenden, in denen nur die Rechtsschutzversicherung den Mediator auswählt. Das OLG Frankfurt/Main hat den Antrag, dass die Versicherung nicht als „Rechtsschutzversicherung“ bezeichnet werden dürfe, abgewiesen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig, da die RAK Berlin Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH eingelegt hat.

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