Das Amtsgericht Hamburg-Bergedorf hat durch Urteil vom 18.02.2016 – Az.: 410 dC 146/15 – entschieden, dass ein Geschädigter nicht verpflichtet ist, im Rahmen einer Marktforschung einen möglichst günstigen Sachverständigen zu beauftragen. Wesentliches Indiz für die Erforderlichkeit der zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens zu bestimmenden Kosten bildet die von dem Sachverständigen nachträglich gestellte Rechnung. Seiner Darlegungslast genügt der Geschädigte mit Vorlage einer solchen Rechnung. Das bloße Überschreiten der üblichen Preise führt nicht dazu, dass die Rechnung keine geeignete Grundlage darstellt, den objektiv erforderlichen Betrag zu bestimmen. Für den Vergleich der Preise ist nicht auf Einzelpositionen der Rechnung, insbesondere nicht auf einzeln abgerechnete Nebenkosten, sondern auf den in Rechnung gestellten Gesamtbetrag abzustellen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichtet den Geschädigten nicht, einzelne Rechnungspositionen zu hinterfragen, sondern seinen Blick auf den Gesamtbetrag der Sachverständigenkosten zu richten. Bei einer Überschreitung des Mittelwerts der BVSK-Honorarbefragung 2015 um 16,43 % kann nicht davon ausgegangen werden, dass für den Geschädigten deutlich eine Überschreitung des marktüblichen Honorars erkennbar war.
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Das Amtsgericht Bad Neustadt a.d. Saale kommt in seinem Urteil vom 07.03.2016 – Az.: 1 C 568/15 – zu dem Ergebnis, dass der Geschädigte sich bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen damit begnügen darf, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrags zur Schadensbehebung reicht dann grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Es ist unerheblich, ob der Geschädigte den Rechnungsbetrag bezahlt oder – wie im vorliegenden Fall – unwiderruflich erfüllungshalber seine Schadensersatzansprüche auf Erstattung des Rechnungsbetrages an den Sachverständigen abgetreten hat. Die Abtretung ändert die Rechtsnatur des Anspruchs und dessen Voraussetzungen nicht, sondern beinhaltet lediglich einen Wechsel der Gläubigerstellung, so dass bei der Beurteilung der Erforderlichkeit und der Schadensminderungspflicht stets auf die Sicht des Geschädigten abzustellen ist. Die Beklagte hat weder substantiiert vorgetragen noch unter Beweis gestellt, inwiefern die Geschädigte oder die von ihr beauftragte Reparaturwerkstatt angesichts der dargelegten Vielfalt an Abrechnungsmaßstäben hätte erkennen müssen, dass die Klägerin zu überhöhten Preisen abrechnet. Die schlichte Behauptung, dass die Reparaturwerkstatt über der Klägerin zurechenbares Sonderwissen verfügt habe und deshalb die Sachverständigenkosten als überhöht hätte erkennen müssen, reicht angesichts des äußerst detaillierten Klägervortrags zu den verschiedenen praktizierten Abrechnungsmaßstäben nicht aus. Darauf, ob nach Ansicht des Beklagtenvertreters Sachverständige nach dem RVG abzurechnen hätten, kommt es nicht an. Denn tauglicher Vergleichsmaßstab für die angemessenen Sachverständigenkosten können nur die ortsüblichen Sachverständigenkosten sein. Die ortsüblichen Sachverständigen rechnen aber eben nicht nach dem RVG ab. Gleichermaßen kommt es auch nicht darauf an, ob etwa der dm-Markt oder Aldi Fotos zu günstigeren Tarifen entwickeln. Es bleibt der Beklagtenseite unbenommen, darzulegen und unter Beweis zu stellen, dass sich bei dem Sachverständigen ähnlich wie im Bereich der Mietfahrzeuge eine Art „Sondermarkt“ herausgebildet hat, dass sich also ein besonderer Tarif entwickelt hat, der nicht mehr maßgeblich von Angebot und Nachfrage bestimmt wird, sondern insbesondere durch gleichförmiges Verhalten der Anbieter. In diesem Falle wäre eine strengere Erforderlichkeitskontrolle vorzunehmen.
Das Amtsgericht Strausberg kommt in seinem Urteil vom 16.03.2015 – Az.: 10 C 274/14 – zu dem Ergebnis, dass ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht dann nicht vorliegt, wenn der Geschädigte hinsichtlich der zu erwartenden Mietwagenkosten keine Vergleichsangebote einholt, weil ihm dies nicht möglich oder zumutbar war. Im vorliegenden Fall wurde unmittelbar nach dem Verkehrsunfall ein Fahrzeug für den tatsächlichen Reparaturzeitraum angemietet, so dass es der Geschädigten nicht möglich oder zumutbar war, Vergleichsangebote einzuholen. Hinsichtlich der Höhe der Mietwagenkosten orientiert sich das AG Strausberg im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO an dem, was die Rechtsprechung im Allgemeinen zubilligt, wobei auch nicht generell eine Anmietung zu einem Unfallersatztarif ausgeschlossen ist.
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