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Ersatz für Kosten der Reinigung und Probefahrt/Kürzung der Verbringungskosten

Das Amtsgericht Buxtehude kommt in seinem Urteil vom 7.05.2019 – 31 C 92/19 – zu dem Ergebnis, dass bei umfangreichen Reparaturarbeiten eine Reinigung des Fahrzeuges erfor-derlich ist, deren Kosten der Schädiger zu tragen hat. Ein Verstoß gegen die Schadensminde-rungspflicht seitens des Geschädigten ist nicht ersichtlich. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Kosten für die durchgeführte Probefahrt angesichts des erheblichen Umfangs der durch-geführten Reparaturarbeiten. Überführungskosten in Höhe von netto 150,00 € hält das AG Buxtehude für deutlich überhöht, da das Fahrzeug für die Lackierung in eine Lackierwerkstatt in einen Postleitzahlenbereich verbracht wurde, der sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem Postleitzahlenbereich befindet, in dem sich die Reparaturwerkstatt befindet. Da der Transport des Fahrzeugs zum Lackierer wie auch der Rücktransport einschließlich Auf- und Abladen nur einige Minuten in Anspruch genommen haben kann, hält das AG Buxtehude die vorgerichtlich gezahlten 80,00 € für die Verbringungskosten als ausreichend. Zwar trägt der Beklagte grundsätzlich das Werkstattrisiko, allerdings wäre es angesichts des Bruttobetrags von 178,50 € Sache des Geschädigten gewesen, diesen erheblichen Betrag zu hinterfragen. Es hätte sich dem Geschädigten aufdrängen müssen, dass die vom Sachverständigen für erforderlich gehaltenen und von der Reparaturwerkstatt entsprechend in Rechnung gestellten Verbringungskosten erkennbar überhöht sind.

Berufungskammer des LG Hamburg zur Verweisung auf Alternativwerkstatt (LG Hamburg Beschluss vom 23.1.2014 – 306 S 81/13 –)

Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall gab der Geschädigte ein Sachverständigengutachten in Auftrag. Aufgrund dieses Gutachtens bezifferte der Geschädigte seinen Schaden. Im Gutachten hatte der beauftragte Sachverständige die Preise einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde gelegt. Die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung regulierte jedoch nur zu Preisen einer nicht markengebundenen Alternativwerkstatt. Damit war der Geschädigte nicht einverstanden und klagte bei dem Amtsgericht Hamburg die gekürzten Stundensätze ein. Die Klage vor dem AG Hamburg hatte mit Urteil vom 24.10.2013 – 55 C 33/13 – Erfolg. Die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung legte Berufung ein. Die Berufungskammer des LG Hamburg beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kammer beabsichtigt die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Soweit die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung Einwendungen zur Schadenshöhe aufgrund der Benennung von Verweisungswerkstätten erhoben hat, hat das Amtsgericht Hamburg diese Einwendungen zutreffend als rechtlich unerheblich angesehen, weil es an einem konkreten Tatsachenvortrag zu der (streitigen) Gleichwertigkeit der Reparaturleistungen in den angegebenen Verweisungswerkstätten fehlt. Die Ansicht der Beklagten, dass der Nachweis einer lückenlosen Wartung in einer markengebundenen Fachwerkstatt zwingende Voraussetzung sei, um die Verrechnungssätze in einer markengebundenen Fachwerkstatt auch im Rahmen einer fiktiven Abrechnung beanspruchen zu können, ist rechtsirrig. Vielmehr genügt der Geschädigte nach der Rechtsprechung des BGH dem Wirtschaftlichkeitsgebot, wenn er – wie hier – der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm beauftragter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt entwickelt hat.

Es obliegt dem Schädiger die Darlegung und der Beweis, dass es eine anderweitige günstigere Reparaturmöglichkeit gibt, die nicht nur mühelos und ohne weiteres zugänglich ist, sondern gegenüber einer markengebundenen Fachwerkstatt auch technisch gleichwertig repariert. Genau dieses hat die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung jedoch nicht getan, weil sich ihr Vortrag zu den Verweisungswerkstätten überhaupt nicht mit dem hier zugrunde liegenden Schadensbild an dem Fahrzeug des Klägers, sowie der Ausstattung der Verweisungswerkstätten und deren Erfahrungen mit entsprechenden Schäden beschäftigt.

Die bloße Behauptung, dass die Verweisungsstätten sehr wohl in der Lage sind, den behaupteten klägerischen Schaden sach- und fachgerecht wie eine markengebundene Fachwerkstatt zu reparieren enthält insoweit keinerlei Substanz. Sie ersetzt einen konkreten Vortrag zu den Erfahrungen, der Ausstattung und den Fähigkeiten der Verweisungswerkstätten nicht, worauf bereits das Amtsgericht zutreffend hingewiesen hat. Wenn der Schädiger den Geschädigten auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit verweisen will, muss er darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass die von ihm benannte Alternativwerkstatt qualitativ gleichwertig repariert. Die Beweislast liegt beim Schädiger.

Fazit und Praxishinweis: Will der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 II BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen Alternativwerkstatt verweisen, so muss der Schädiger darlegen und gegebenenfalls beweisen, wenn dies vom Geschädigten bestritten wird, dass die Reparatur in der Alternativwerkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in der Markenfachwerkstatt entspricht (BGH VersR 2010, 225). Die Darlegungs- und Beweislast für die qualitative und technisch gleichwertige Reparatur in der Alternativwerkstatt im Vergleich zu der Markenfachwerkstatt trägt der Schädiger.

LG Hamburg zur Gleichwertigkeit der Referenzwerkstatt, Hinweisbeschluss vom 15.5.2013 – 302 S 8/12 –

Wie so oft bei der fiktiven Schadensabrechnung durch den Geschädigten verweisen die eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherungen auf von ihr benannte Referenzwerkstätten, die angeblich qualitätsmäßig gleichwertig reparieren, aber preiswerter. Nach der Rechtsprechung des BGH darf der Geschädigte aber nur dann auf eine preiswertere Alternativwerkstatt verwiesen werden, wenn deren günstigere Preise nicht aufgrund einer Vertragsvereinbarung mit dem Haftpflichtversicherer bestehen.

Diese Bedenken hatte die Berufungskammer des Landgerichts Hamburg in einem Berufungsrechtsstreit gegen ein Urteil des AG Hamburg. Mit Hinweisbeschluss vom 15.5.2013 wurde die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung auf die Rechtslage hinsichtlich der Unzumutbarkeit der Verweisung für den Geschädigten hingewiesen.

Die Kammer weist darauf hin, dass eine vertragliche Beziehung der Beklagten zu dem benannten Referenzbetrieb nach Auffassung der Kammer grundsätzlich geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Verweisung zu begründen, denn ein Verweis an die mit dem Ersatzpflichtigen vertraglich verbundene Reparaturwerkstatt würde die Ersetzungsbefugnis des Klägers nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB unterlaufen. Diese soll dem Gläubiger die Möglichkeit bieten, den Schaden in eigener Regie ohne Einflussmöglichkeiten des Schädigers zu beheben und ihn davon befreien, die beschädigte Sache dem Schädiger oder einer von ihm ausgewählten Person zur Reparatur anvertrauen zu müssen.

Es besteht die Gefahr, dass der Reparaturbetrieb wegen der dauerhaften vertraglichen Verbundenheit mit der Beklagten bei der Durchführung der Reparatur das ihr im Einzelfall bei der Wahl von Methode und Technik zustehende Ermessen zu Gunsten der Beklagten und zu Lasten des Klägers ausübt. Der Geschädigte muss sich nach Auffassung der Kammer auch nicht in die Hand des Schädigers begeben. Ob und inwieweit die vom Referenzbetrieb angebotenen Preise (markt-)üblich sind, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen.

Die Beklagte kann auch nicht mit dem Einwand durchdringen, die vertragliche Vereinbarung betreffe nur Kaskoschäden und der Kläger müsse sich wegen der gewählten fiktiven Abrechnung nicht tatsächlich in die Hand der Werkstatt begeben. Eine mögliche Interessenkollision bei dem Reparaturbetrieb ist durch die vertragliche Vereinbarung nicht nur bei Kaskoschäden begründet, sondern auch in dem hier in Rede stehenden Fall. Auch ist es gerade Wesen der Ersetzungsbefugnis, sich nicht in die Hand des Schädigers begeben zu müssen und lediglich den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag zu verlangen. Dies bedeutet, dass der Geschädigte sich auch im Rahmen fiktiver Abrechnung nicht den Einflussmöglichkeiten des Schädigers und dessen Versicherung aussetzen muss.

Die Beklagte hat die vom Kläger behauptete vertragliche Verbindung zur Referenzwerkstatt nicht in Abrede gestellt. Der Kläger hat substantiiert vorgetragen, dass es sich bei der Beklagten quasi um eine Partnerversicherung des Reparaturbetriebs handelt, dementsprechend die Referenzwerkstatt eine Partnerwerkstatt der Versicherung ist. Der Beklagten wird aufgegeben, binnen zwei Wochen im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast näher dazu vorzutragen, ob eine vertragliche Vereinbarung mit der von ihr benannten Referenzwerkstatt besteht und welchen Inhalt diese Vereinbarung gegebenenfalls hat. Auf die prozessuale Wahrheitspflicht der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung wird hingewiesen.

Fazit und Praxishinweis: Dass im konkreten Fall eine vertragliche Beziehung zwischen Referenzwerkstatt und eintrittspflichtiger Kfz-Haftpflichtversicherung besteht, ist durch das Nichtbestreiten der beklagten Haftpflichtversicherung unstreitig geworden. Wenn die genannten geringeren Preise auf Sondervereinbarungen mit der Versicherung aufgrund der langjährigen Beziehungen beruhen, handelt es sich nicht um marktgerechte Preise, auf die sich der Geschädigte nicht verweisen lassen muss. Dies gilt insbesondere für Stundensätze bei Vertragswerkstätten der Versicherungen. Auf derartige Sonderkonditionen muss sich der Geschädigte nicht verweisen lassen. Es besteht die sekundäre Darlegungs- und Beweislast der beklagten Haftpflichtversicherung. 

Kürzung der Sachverständigenrechnung unberechtigt

Nach einer Entscheidung des AG Hamburg-Altona kann sich der Schädiger eines Verkehrsunfalls nicht darauf berufen, dass die Rechnung eines Kfz-Unfallsachverständigen wegen einzelner zu hoher Nebenkostenpositionen gekürzt werden könne (Urteil vom 21.03.2013 – 316 C 391/12). Die Klägerin, die ein Kfz-Sachverständigenbüro betreibt, wurde von dem Unfallgeschädigten mit der Schadensbegutachtung des Kfz beauftragt. Dieser hat seinen Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Gutachterkosten gegen die Beklagte an die Klägerin abgetreten. Die Klägerin berechnete dem Geschädigten Gutachterkosten von € 1.079,33. Von diesem Betrag erstattete die Beklagte nur € 988,37. Den Differenzbetrag verfolgt sie klageweise. Die Beklagte ist der Ansicht, zur Kürzung diverser Nebenpositionen aus der Rechnung berechtigt zu sein. Das Amtsgericht hat entschieden, dass der Klägerin der Zahlungsanspruch zusteht gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG, 249 ff, 398 ff BGB. Den erforderlichen Aufwand hat das Gericht gemäß § 287 ZPO auf ca. € 1.080,- geschätzt. Ein Anhaltspunkt, dass der von der Klägerin berechnete Betrag von € 1.079,33 den erforderlichen Aufwand überschreitet, ist nicht gegeben. Das Amtsgericht hat die Berufung zugelassen, da das Landgericht Hamburg (Urteil vom 17.6.2011, Az.: 331 O 262/10) eine hiervon abweichende Meinung vertreten hat. Der Fall zeigt, dass Unfallgeschädigte unvollständige Schadensregulierungen nicht hinnehmen müssen und dass versierte Rechtsanwälte auch gefestigte Rechtsprechung erfolgreich angreifen können.