Ersatz der Nutzungsentschädigung, der Mietwagenkosten und der Kosten des Prozessbevollmächtigten für eine vergebliche Geltendmachung beim „falschen“ Versicherer

Das Amtsgericht Kerpen hat durch Urteil vom 30.10.2019 – Az.: 110 C83/18 – entschieden, dass der Geschädigte, der substantiiert die fühlbare Beeinträchtigung der Nutzung darlegt, auch dann einen Ersatzanspruch in Form einer Nutzungsentschädigung hat, wenn er kein Ersatzfahrzeug mietet. Das AG Kerpen legt bei der Ermittlung der Höhe der Mietwagenkosten das arithmetische Mittel der Schwacke-und der Fraunhofer-Liste zugrunde.
Aus Gründen der Vorhersehbarkeit gerichtlicher Entscheidungen bevorzugt das AG Kerpen weiterhin die seit der Entscheidung des OLG Köln vom 30.7.2013 eingenommene Linie der Schadensschätzung, die ausreichend Raum gibt, den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung zu tragen. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der ortsüblichen Mietwagenkosten erscheint grundsätzlich, wie auch im Streitfall, nicht geboten. Im Hinblick auf die von der Beklagten vorgelegten Internet-Angebote hat das AG Kerpen Bedenken hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Tarife. Das von der Beklagten vorgelegte Angebot bezieht sich nicht auf ein bestimmtes Fahrzeugmodell. Es wird lediglich ein Beispiel für eine bestimmte Fahrzeugklasse angeboten. Auch lassen sich dem Angebot nicht die Kosten entnehmen, die sich für die von der Geschädigten in Anspruch genommenen Zusatzleistungen, wie Zusatzfahrer, Zustellung/Abholung oder geringere Selbstbeteiligung, im Schadensfall ergeben. Der Abzug für ersparte Eigenaufwendungen kann regelmäßig auf 4 % geschätzt werden. Dieser ist nicht vorzunehmen, wenn ein klassentieferes Fahrzeug angemietet wurde. Soweit die Beklagte der Ansicht ist, dass die Mietdauer allenfalls mit 19 Tagen anzusetzen sei, teilt das Gericht diese Ansicht nicht. Denn die Klägerin hat substantiiert vorgetragen, dass ihr eine frühere Finanzierung nicht möglich war. Der Geschädigte ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen oder gar einen Kredit zur Schadensbehebung aufzunehmen. Eine solche Pflicht kann ausnahmsweise dann bejaht werden, wenn der Geschädigte sich den Kredit ohne Schwierigkeiten beschaffen kann und er durch die Rückzahlung nicht über seine wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet wird. Die Beklagte muss auch die Kosten für eine vergebliche Geltendmachung bei der „falschen“ Versicherung zahlen. Denn die Geschädigte macht mit der Klage nicht Kosten für ihre Tätigkeit gegenüber der Versicherung geltend, sondern für die Tätigkeit gegenüber der Beklagten. Im Übrigen hat die Beklagte unstreitig die Kosten, die der Klägerin für das Tätigwerden ihres Prozessbevollmächtigten gegenüber der Versicherung entstanden sind, bereits vollständig beglichen. Insofern ist in dem Verhalten der Beklagten ein Anerkenntnis zu sehen. Das Risiko, dass sich der Geschädigte nicht an die Versicherung des Schädigers wendet, sondern aufgrund ihm vom Fahrer des gegnerischen Unfallfahrzeuges mitgeteilter falscher Informationen eine falsche Versicherung kontaktiert, kann nicht dem Geschädigten zugerechnet werden. Auch die Beklagte hätte sich jederzeit bei der Klägerin zur Abwicklung der Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Unfallereignis melden und so frühzeitig solche Kosten vermeiden können.