Die Neuordnung des Kaufrechts ab dem 1. Januar 2022: Die Änderungen betreffen vor allem den Sachmangelbegriff, Beweislastumkehr, Verjährungsfristen, Rücktrittsgestaltung und neue Regelungen für Garantieerklärungen

Es gelten hernach für Kaufverträge und Verbrauchsgüterkaufverträge, die nach diesem Stichtag geschlossen werden, die neuen Regelungen. Es müssen Produktangebote, Vertragsmuster und AGB geprüft und modifiziert werden. Für Autokaufverträge, die bis dahin abgeschlossen werden, gelten allerdings noch die „alten“ Regelungen. Neu ist auch die „Ware mit digitalen Elementen“, wozu auch das Fahrzeug gehört.

Unabhängig wo man steht, fällt Rechtanwält:innen die Aufgabe zu, (Kfz-)Kaufverträge an dem neuen Sachmangelbegriff zu prüfen, speziell die Beschaffenheitsvereinbarungen sollten so genau wie möglich untersucht werden. Zu beachten ist ferner, dass bei abweichender vertraglicher Regelung gegenüber Verbrauchern von den Inhalten der Richtlinie eine Unwirksamkeit der Vereinbarung bestehen könnte.

Für den auf Seiten des Verbrauchers tätigen Rechtsbeistand ist bei der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen einiges leichter geworden:

1. Eine Fristsetzung ist entbehrlich, wenn die Voraussetzungen des § 475 d BGB vorliegen – also wird ab der Mitteilung des Mangels durch den Verbraucher an den Verkäufer eine (fiktive) angemessene Frist (Nr.1) in Gang gesetzt, die nach ergebnislosem Ablauf zum Rücktritt berechtigt, bspw. wenn

 der Händler die Nacherfüllung trotz (bloßen) Ablaufs einer angemessenen Frist, ab dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher ihn über den Mangel unterrichtet hat, nicht vorgenommen hat,

 trotz versuchter Nacherfüllung sich immer noch ein Mangel (einen zweiten Versuch der Nacherfüllung muss es daher nicht mehr geben) zeigt,

 der Mangel für sich genommen schon so schwerwiegend ist, dass der sofortige Rücktritt gerechtfertigt ist,

 eine ordnungsgemäße Nacherfüllung verweigert wird,

 bzw. es offensichtlich ist, dass der Unternehmer nicht ordnungsgemäß nacherfüllen wird.

Konkret bedeutet dies, dass der Verbraucher vom Händler die Nacherfüllung verlangen kann, ohne hierfür eine Frist anzugeben. Nach Abwarten einer angemessenen Zeit kann der Verbraucher dann unmittelbar den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären. Was dabei eine angemessene Zeit ist, bestimmt sich wie bislang nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles.

Im Bereich der digitalen Produkte bzw. Waren mit digitalen Elementen, wie Kfz, ist die Aktualisierungspflicht wie auch der Umfang der Informations- und Lieferpflicht zu bedenken: Es ist zwar von unterschiedlicher Dauer und Umfang der Pflichten auszugehen. Es ist anzunehmen, dass Verkäufer/Händler und Hersteller vertragliche Anpassungen vornehmen werden. Hierbei ist ebenfalls möglich, dass die Mängelhaftung konkret zwischen Verkäufer und Verbraucher verabredet wird. Daraus folgt, dass die zugrundeliegenden Verträge immer individuelle Absprachen enthalten können und damit jeweils geprüft werden sollten.

2. Für die Beweislastumkehr nach § 477 BGB ist nunmehr eine Jahresfrist implementiert worden, in der die Regelvermutung zugunsten des Verbrauchers Anwendung findet, der Mangel habe schon bei Gefahrübergang vorgelegen.

3. Die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen besteht nicht vor Ablauf von vier bzw. zwei Monaten nach erstmaligem Auftreten des Mangels. Dies führt quasi zu einer faktischen Gewährleistungszeit von 28 Monaten, weil es am letzten Tag der Gewährleistungsfrist noch einen Mangel geben kann: Wenn sich ein Mangel innerhalb der Verjährungsfrist zeigt, tritt die Verjährung nicht vor Ablauf von vier Monaten nach dem Zeitpunkt ein, zu dem sich der Mangel erstmals gezeigt hat (§ 475e Abs. 3 BGB). Dies wird entsprechend angewandt, wenn der Händler oder ein Dritter im Auftrag des Händlers die Kaufsache im Zuge der Nacherfüllung oder zur Prüfung eines Garantiefalls bei sich untersucht: Dann tritt die Verjährung der betreffenden Ansprüche nicht vor Ablauf von zwei Monaten ein, nachdem der Verbraucher die nachgebesserte (also reparierte) bzw. ersetzte Kaufsache erhalten hat.